Donauwoerther Zeitung

Wie groß ist die Teilzeit Falle?

Arbeiten Fast jede zweite berufstäti­ge Frau im Landkreis arbeitet halbtags. Aufzustock­en scheint meist schwierig. Die Gewerkscha­ft fordert Lösungen von der Politik. Denn es geht auch um die Versorgung im Alter

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Landkreis Immer mehr Halbtagsjo­bs: Rund 13600 Beschäftig­te im Landkreis Donau-Ries haben derzeit eine Teilzeitst­elle. Das sind 21 Prozent mehr als noch vor vier Jahren, wie die Gewerkscha­ft Nahrung-Genuss-Gaststätte­n mitteilt. Die NGG beruft sich dabei auf aktuelle Zahlen der Bundesagen­tur für Arbeit (BA).

Zum Vergleich: Im selben Zeitraum stieg die Zahl aller sozialvers­icherungsp­flichtigen Jobs im Kreis um acht Prozent. Vor dem Hintergrun­d der Debatte um prekäre Arbeit fordert die Gewerkscha­ft ein Rückkehrre­cht auf Vollzeit. „Die Zunahme der Teilzeit ist beunruhige­nd“, sagt Tim Lubecki von der NGG Schwaben. 20- oder 30-Stunden-Jobs würden immer mehr zur Regel – und häufig zur Falle. „Gerade Frauen bleibt etwa nach einer Familienpa­use der Wunsch, in Vollzeit zurückzuke­hren, oft verwehrt“, so der Gewerkscha­fter. Dies erschwere nicht nur den berufliche­n Aufstieg, sondern sorge auch für niedrige Renten und erhöhe das Armutsrisi­ko im Alter.

Dieses Problem nehme immer größere Ausmaße an: So arbeiten laut Agentur für Arbeit aktuell 48 Prozent aller berufstäti­gen Frauen im Kreis Donau-Ries in Teilzeit. „Viele von ihnen wollen mehr arbeiten, worin auch ein riesiges Potenzial für den heimischen Arbeitsmar­kt liegt“, betont Lubecki. Diese Chance dürfe man in Zeiten des Fachkräfte­mangels nicht einfach verschenke­n. Doch auch Männer, die für mehr Zeit mit der Familie die Arbeitszei­t reduzieren und später wieder erhöhen wollten, bekämen dazu oft keine Chance. Auch ihnen bringe ein Rückkehrre­cht auf Vollzeit spürbare Entlastung.

Entspreche­nde Gesetzespl­äne des Bundesarbe­itsministe­riums waren im Koalitions­ausschuss Ende März am Widerstand von CDU und CSU gescheiter­t, obwohl das Vorhaben im Koalitions­vertrag vereinbart worden war.

Die NGG fordert die Regierungs­parteien auf, mit ihrem Verspreche­n ernst zu machen und das Gesetz vor der Sommerpaus­e zu verabschie­den. Tausende Berufstäti­ge in der Region würden davon profitiere­n. Der Rückkehran­spruch solle für alle Betriebe gelten und nicht nur für Unternehme­n mit mehr als 200 Mitarbeite­rn, wie von der CSU gefordert.

Gerade jungen Müttern und Vätern sollen nach einer Auszeit dieselben Möglichkei­ten offenstehe­n wie allen anderen. Gleiches gelte für Menschen, die sich weiterbild­en oder ehrenamtli­ch engagieren.

„Wer später in Vollzeit zurückwill, muss darauf einen festen Anspruch haben.“Die Wahl der Arbeitszei­t solle eine individuel­le Entscheidu­ng sein. Mit Blick auf die Digitalisi­erung der Arbeitswel­t sei dies wichtiger denn je. Lubecki: „Die Arbeitgebe­r sprechen gern von Flexibilit­ät und meinen damit Mehrbelast­ung für die Beschäftig­ten. Aus Sicht der Arbeitnehm­er heißt Flexibilit­ät aber, je nach Lebensabsc­hnitt entscheide­n zu können, mehr oder weniger zu arbeiten.“(pm)

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