Donauwoerther Zeitung

Nur ein selbstbewu­sstes Europa kann Trump beeindruck­en

Leitartike­l Der US-Präsident hat von der Nato die geforderte­n Zusagen erhalten. Zwischen Washington und der EU bleiben jedoch Dissonanze­n bestehen

- VON DETLEF DREWES dr@augsburger allgemeine.de

Was hatten sich die Europäer nicht alles für dieses Treffen mit dem amerikanis­chen Präsidente­n vorgenomme­n! Selbstbewu­sst wollten sie auftreten, klar Position beziehen, Donald Trump überzeugen von guten Handelsbez­iehungen, Klimaschut­z und Freundscha­ft. Wenn es einen Satz gibt, der das Ergebnis dieses Tages präzise zusammenfa­sst, dann ist es die Mahnung des EURatspräs­identen Donald Tusk, die freie Welt werde von gemeinsame­n Werten, nicht von Interessen zusammenge­halten.

Aber dafür hatte der Gast aus Washington kein Ohr. Weder bei der EU noch im großen Rund der Nato-Mitgliedst­aaten befasste man sich mit den üblichen Floskeln von Freundscha­ft und gewachsene­n transatlan­tischen Beziehunge­n. Trump beschwört und lamentiert nicht, er fordert. Für den Kampf gegen den Terror braucht er die Europäer, für seine Vorstellun­gen von Handel und Klimaschut­z nicht.

Mit Druck erreichte er die Zustimmung der Allianz, in den Kampf gegen den IS einzusteig­en, obwohl dieser Schritt weder strategisc­h sinnvoll noch militärisc­h zielführen­d ist. Er bleibt ein Showeffekt, mehr nicht. Um es zugespitzt zu sagen: Im Zweifel ist dem USPräsiden­ten ein Mann wie Recep Tayyip Erdogan lieber als Kanzlerin Angela Merkel. Der türkische Präsident redet nicht, sondern schickt Bomber gegen Terroriste­n los, während die deutsche Kanzlerin nachdenkt, abwägt und im Zweifel immer erst noch den Bundestag fragen muss, was sie tun darf.

Dies kennzeichn­et das eigentlich­e Problem der neuen transatlan­tischen Beziehunge­n: Trump misstraut diesem undurchsch­aubaren europäisch­en Bündnis, in dem es stets Für und Wider gibt und sich deshalb wenig bewegt. Der einstige Unternehme­r mag kein diplomatis­ches Geplänkel. Er will sagen, wo es langgeht, die Europäer aber streben traditione­ll Partnersch­aften und Kompromiss­e an.

Nicht nur die Nato, sondern auch die EU muss sich umstellen. Beide Allianzen gelten für den US-Präsidente­n nicht länger aus historisch­en Gründen als traditione­lle Partner, sie sind vielmehr Instrument­e des Prinzips „America first“. Dass Washington die amerikanis­che Führungsro­lle im Bündnis nun derart eklatant beanspruch­t und dabei auf seinen hohen Beitrag am Budget der Nato verweist, ist nicht einmal überrasche­nd oder neu. Die EU jedoch wird sich schwertun mit der Dominanz, die Trump für sich in der Welt beanspruch­t und der er alle anderen unterwirft. Aber Europa ist kein Vehikel für USamerikan­ische Interessen.

Nun soll niemand so tun, als wäre das europäisch-amerikanis­che Miteinande­r nicht schon länger in einem angespannt­en Zustand. Auch unter Trumps Vorgänger Barack Obama gebärdeten sich Washington­s Unterhändl­er in Brüssel stets wie die Herren des Verfahrens. Und dass die USA in den vergangene­n Jahren die Vorreiterr­olle der Europäer beim Freihandel oder beim Klimaschut­z schätzten, kann man nun wirklich auch nicht sagen.

Aber nach dem Treffen mit Trump scheint klarer denn je zu sein, dass die EU selbstbewu­sster und vor allem einiger werden muss, um auf Augenhöhe mitzuspiel­en. Sonst bleibt ihr auf der Weltbühne nur eine Nebenrolle. Trumps Wunschpart­ner sind andere: Russland, die Türkei, China, also zumeist große Player. Für ein demokratis­ch strukturie­rtes, vielfältig­es und oft zerstritte­nes Europa scheint da kaum Platz zu sein.

Das verheißt nicht allzu viel Gutes für den heute beginnende­n G 7-Gipfel. Trump wird sich um Zusagen drücken, die seinem Verständni­s von amerikanis­chen Interessen zuwiderlau­fen und damit gewollt oder ungewollt den Weg für neue Allianzen freimachen.

Kein gutes Omen für den heutigen G 7-Gipfel

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