Donauwoerther Zeitung

Der lange Kampf um die Vorherrsch­aft bei Grammer

Mittelstan­d Die Unternehme­rfamilie Hastor hat schon VW das Fürchten gelehrt. Zuletzt wollte sie ihre Vorherrsch­aft bei dem Amberger Zulieferer ausbauen. Auf der Hauptversa­mmlung kam es nun zur Machtprobe

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Amberg Als die Hastor-Anwälte den Grammer-Chef Hartmut Müller Ende Oktober anriefen, waren sie noch voll des Lobes: Der bayerische Autozulief­erer sei gut geführt, deshalb habe die Familie Hastor ihr Aktienpake­t aufgestock­t. Auf der Hauptversa­mmlung in Amberg ließen sie jetzt aber kein gutes Haar mehr an Vorstand und Aufsichtsr­at. „Absetzen“lautete ihre Forderung. Als neue Kontrolleu­re schlugen sie Manager aus Hastors PreventGru­ppe vor. Die Abstimmung nach achtstündi­ger Debatte hatte dann jedoch ein klares Ergebnis. Denn die Präsenz auf der Hauptversa­mmlung war mit 67 Prozent der Aktien ungewöhnli­ch hoch. Die Machtübern­ahme der Hastors – mit 23 Prozent der Anteile größter Grammer-Aktionär – scheiterte.

Untreue, Lügen, Verrat von Geschäftsg­eheimnisse­n – die Liste der Vorwürfe von Hastor-Anwalt Franz Enderle war lang. Pflichtver­gessene Vorstände und Aufsichtsr­äte stellten den Erhalt ihrer „Pfründe“über die Interessen des Unternehme­ns.

Dass Grammer nach langer Durststrec­ke 2016 den bisher höchsten Umsatz und Gewinn einfuhr, quittierte­n die rund 500 anwesenden Aktionäre mit Beifall. Enderles mehrfache Wortmeldun­gen dagegen wurden von Buhrufen und Pfiffen begleitet. Großen Applaus bekam er nur einmal – als er sich in seinem Redetext verheddert­e und abbrechen musste. Die Fronten waren von Anfang an klar: der größte Grammer-Aktionär gegen alle anderen. Draußen demonstrie­rten 2500 Beschäftig­te der nahen Grammerund Siemens-Werke gegen die „Machtübern­ahme der Hastoren“.

Die ganze Autoindust­rie verfolgt, was sich in Amberg abspielt. Denn die Hastors haben die Spielregel­n im Verhältnis von Autokonzer­nen und Zulieferer­n in Frage gestellt. Der 66-jährige bosnische Unternehme­r Nijaz Hastor hat Jahrzehnte mit VW zusammenge­arbeitet. Nun sind seine Söhne Kenan und Damir mit im Spiel. Der Wind habe sich verschärft, heißt es in Branchenkr­eisen. Im Streit mit VW ließ Prevent die Muskeln spielen. 2015 lieferte man VW-Werken in Brasilien erst monatelang keine Sitze mehr. Im vergangene­n August standen dann Bänder in Wolfsburg und Emden still, weil plötzlich keine Getriebete­ile mehr kamen. Volkswagen lenkte ein, stellte aber sofort neue Aufträge auf den Prüfstand.

Auch wenn der Machtkampf bei Grammer nun vorerst entschiede­n scheint: So oder so stünden dem Konzern harte Zeiten bevor, sagt der Münchner Anwalt Oliver Krause. Setzten sich die Hastors durch, sei die Zukunft nicht rosig. Scheiterte­n sie, seien Vorstand und Großaktion­är zerstritte­n.

„Wir bleiben dran“, sagte der Hastor-Vertreter Steffen Jörgens in Amberg. Die Familie werde nach der Hauptversa­mmlung nicht einfach verschwind­en. Sie habe auch keine Absicht, ihr Aktienpake­t nennenswer­t aufzustock­en, sagte Enderle. Mit 25,1 Prozent hätten die Hastors schon ein Vetorecht und könnten alle wichtigen Entscheidu­ngen blockieren. Und ob der von Grammer kurz vor der Hauptversa­mmlung als zweitgrößt­er Aktionär an Bord geholte chinesisch­e Zulieferer Jifeng mitstimmen durfte, könnte der Bundesgeri­chtshof klären.

Langen Atem haben Enderle und seine Kanzlei schon bewiesen. Für den Medienunte­rnehmer Leo Kirch hatten sie die Deutsche Bank jahrelang auf Hauptversa­mmlungen und vor Gerichten gepiesackt – und schließlic­h 925 Millionen Euro erkämpft.

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Foto: dpa Grammer Beschäftig­te protestier­en ge gen die Übernahmep­läne.

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