Eine Krönung mit großen Emotionen
Brauchtum Verena Brandl ist die neue bayerische Maikönigin und hat viel vor sich. Ihre Vorgängerin Angelika Gawlitza aus Staudheim erklärt, welche Aufgabe sie hat
Sinning/Rain Staudheim Es ist ein Moment, den diese junge Frau nie vergessen wird: 250 Gäste erheben sich in Sinning (Kreis NeuburgSchrobenhausen) von den Stühlen, singen die Bayernhymne und applaudieren stehend. Anschließend umarmen 30 Königinnen, die aus ganz Bayern angereist sind, die neue bayerische Maikönigin und überreichen Geschenke. Die Frau, die das am Samstagabend erlebt hat, heißt Verena Brandl und ist 24 Jahre alt. Überrascht von den großen Emotionen, die bei dieser Zeremonie geweckt wurden, lächelte sie fast etwas schüchtern und erklärte ihr Motiv für die Aufgabe, die sie erfüllen wird: „Ich will mein Dorf über die Region hinaus repräsentieren.“Viel wird Brandl dabei erleben, die doch ganz anders ist, als die anderen königlichen Hoheiten.
Bodenständig sei sie und fest in Sinning verwurzelt. Hier drinnen in der Schlosswirtschaft sei ein Teil ihrer Heimat, sagt sie und zeigte auf die Menschen, die ihr zu Ehren gekommen sind. In dieser ländlichen Idylle geht sie regelmäßig mit ihrem Hund spazieren und widmet sich intensiv ihrem Hobby Reiten. Wenn sie als kleines Mädchen Märchen schaute, „faszinierten mich vor allem die Pferde“, beteuerte sie. Und genau das ist es, was sie von den meisten anderen Königinnen unterscheidet.
„Sie werden kaum eine unter uns finden, die nicht davon träumte, eines Tages eine Krone zu tragen“, sagte eine junge Frau, die wie alle anderen in Dirndl gekleidet war. Brandl dagegen versicherte bescheiden: „Eigentlich brauche ich diese festliche Zeremonie gar nicht.“Freilich sei dieser Augenblick etwas besonders Schönes und sie genieße es auch. Aber gewartet habe sie nie darauf. Quasi sei das Amt ihr zugeflogen. Gefragt hat sie Egbert Wagner, der als Vorsitzender für die Maibaumfreunde Neuburg-Schrobenhausen mit Lechgebiet verantwortlich ist. Doch was macht eigentlich eine Maikönigin? Deren breites Aufgabenspektrum erklärte die Frau, die nun alles darüber weiß.
363 Tage war Angelika Gawlitza im Amt und schwärmte: „Noch nie habe ich so viel erlebt, wie im vergangenen Jahr.“Nie wieder werde sie diese Zeit vergessen. Dafür sorge schon das Queenie-Buch, wo sie all ihre Abenteuer aufgelistet hat. 54 Auftritte hatte sie, die sie weit über den Rainer Ortsteil Staudheim hinaus führten, wo sie wohnt. Unter anderem war sie in Berlin, Lauscha und in Südtirol. Dabei lernte sie einige Prominente kennen wie zum Beispiel: Horst Seehofer, Alfons Schuhbeck und Richter Alexander Holt. Hätte sie nur ein Wort zur Verfügung, das alles zu beschreiben, würde sie so laut ausrufen, wie sie könnte: „Wow!“Doch so wunderschön es auch gewesen sei, hatte das Ganze doch einen Haken.
Wenn sie an alle Dinge denkt, die sie für ihre Termine gebraucht hat, füllt sich eine Liste: 23 Strumpfhosen, zwölf Blumensträuße, zwei Paar Schuhe, die inzwischen kaputt sind, vier Dirndl, eine Lederhose, drei Trachtenjacken, fünf Blusen und drei Kronen. „Das ist aber noch nicht alles“, zählte sie auf und schmunzelte. Knapp 7000 Kilometer sei sie insgesamt gefahren. Wie teuer das Ganze sei, erkläre sich fast von selbst. Mehrere tausend Euro haben sich addiert und ohne ihre Sponsoren und vor allem auch ihren Eltern „hätte ich das finanziell nie geschafft“, sagte sie – und dann passierte es.
Während sie sich bei ihrem Freund bedankte, der so viel Verständnis habe und ihre Mutter umarmte, die überall dabei war, brach ihre Stimme und Gawlitza konnte ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Es seien in dieser relativ kurzen Zeit einfach zu viele Emotionen erwacht, rechtfertigte sie sich.
All das wird auch Brandl erleben und sie definierte noch einmal ihr Ziel. Die anderen Königinnen repräsentieren jeweils ein Produkt wie Kartoffel, Spargel, Rose, Traube, Kraut und so weiter. Brandl dagegen exportiert das Brauchtum Mai, weit hinaus über die Grenzen Sinnings hinweg. Und auch wenn sie vom Wesen her doch gar keine Königin sei, wie sie beteuerte, so verkörpert doch gerade Brandl, was den Mai ausmacht – das bayerische Brauchtum, den Duft der Blumen und die Natur, die im Wonnemonat erwacht.