Geballter Widerstand gegen einen Nationalpark
Gegner Umweltministerin Ulrike Scharf kommt in den Nachbarlandkreis, um mit Verbandsvertretern über einen möglichen Nationalpark in den Donau-Auen zu sprechen. Empfangen wurde sie von Hunderten Demonstranten
Landkreis/Weichering „Kein Nationalpark Donau-Auen! Kein Nationalpark Donau-Auen!“Aus Hunderten von Kehlen schallte dieser Satz immer und immer wieder Umweltministerin Ulrike Scharf am Mittwochabend entgegen, als die – flankiert von Weicherings Bürgermeister Thomas Mack und dem Neuburger Landrat Roland Weigert – in Weichering ankommt.
Grundstücksbesitzer, Landwirte, Forstwirte, Jäger und Fischer aus den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen, Donau-Ries, Eichstätt und der Stadt Ingolstadt waren auf Einladung des Bauernverbands nach Weichering gekommen, um Flagge zu zeigen. Insgesamt dürften es wohl 300 bis 400 Menschen gewesen sein, die sich von dem Vorhaben der Bayerischen Staatsregierung übergangen, bevormundet, in ihrer Funktion nicht wertgeschätzt oder in ihrer Arbeit oder Lebensqualität eingeschränkt sehen.
Markus Müller, der Leiter der BBV-Hauptgeschäftsstelle in Schwaben, fungierte gestern als Moderator und ließ zahlreiche Demonstranten zu Wort kommen. So sagte etwa der Kreisobmann des Bauernverbandes Donau-Ries, Karlheinz Götz: „Diese stille Enteignung lassen wir uns nicht gefallen. Wir brauchen keinen weiteren Nationalpark.“Es sei reine Schikane, was die Politik mit den Bauern mache, sagte er im direkten Gespräch. „Ich möchte weiter Landwirtschaft betreiben und nicht im Nationalpark Mücken zählen.“
Auch Marxheims Bürgermeister Alois Schiegg, der mit Amtskollege Peter Mahl aus Niederschönenfeld einer Gruppe von etwa 25 Personen aus dem Landkreis nach Weichering gekommen war, kritisierte die Entscheidungsträger im Umweltministerium, als er sagte: „Es wird mit allen geredet, nur nicht mit denen, die es angeht.“
Die Demonstration des BBV nutzte auch die Bergheimer Waldgenossenschaft, um erneut ihren Unmut gegen das Vorhaben zu bekunden. Kassier und Schriftführer Theo Weidacher war sich sicher, dass die Mehrheit der Bürger einen Nationalpark überhaupt nicht wolle. „Nur wegen ein paar Pilzen und Moosen sollten wir unseren Wald nicht aufgeben.“Die Bergheimer haben mittlerweile auch eine Bürgerinitiative unter dem Namen „Kein 3. Nationalpark Donau-Auen“gegründet, wie sein Verbandskollege Engelbert Winter bekannt gab. Wer sich dieser anschließen möchte, könne dies per E-Mail an die Adresse keinnp3@web.de tun.
Das Schlusswort der rund eineinhalbstündigen Demo oblag dem Kreisobmann Neuburg-Schrobenhausen, Ludwig Bayer. Im Ton sachlich, aber in der Aussage unmissverständlich, brachte er die wesentlichsten Bedenken der Demonstranten auf den Punkt: Für eine internationale Anerkennung als Nationalpark sind mindestens 10 000 Hektar Fläche notwendig, derzeit seien aber gerade einmal um die 3300 Hektar eingeplant. Daraus resultiere die Frage: Wo sollen die restlichen Flächen herkommen, wenn private und kommunale Areale nicht mit einbezogen werden sollen?
Auch als die Umweltministerin neben Bayer auf dem Podium stand und er seine Argumente direkt an sie richten konnte, blieb der Kreisund obmann fair und sachlich. Bei ihrem letzten Besuch im April hätte sie einen Wald „ohne Geschwirr“erlebt. Doch so lauschig sei es dort nicht immer, weshalb Bayer die Ministerin – auf recht charmante Weise in Form eines Reims – zu einem Besuch in den Sommermonaten einlud. „Kommen Sie im Sommerkleid / die Stechmücken sind zum Empfang bereit / Sie werden erleben Sommerauen-Landschaft pur / plus kostenfreie, biologische Akupunktur.“Welche Spaziergänger und Radfahrer würden unter diesen Bedingungen dort Erholung suchen wollen, fragte er in Richtung Ulrike Scharf. „Ich verrate es Ihnen: Kein Schwein will hier in den Auwald, höchstens Schwarzwild.“Im Auwald würde seltene Fauna und Flora bereits jetzt nach europäischem Recht strengstens geschützt werden, was der Verdienst von Bauern, Forstwirtschaftlern, Jägern und Fischern durch deren verantwortungsvolles Handeln sei. „Und das können wir auch weiterhin, dazu brauchen wir keinen Nationalpark.“
Als Ulrike Scharf ans Mikrofon trat, ließen die Besucher sie durch ein Pfeifkonzert wissen, was sie von ihr halten. Pfiffe und Buh-Rufe gab es auch, als sie davon sprach, dass die Staatsregierung von Anfang an den Dialog gesucht habe – so wie an diesem Tag.
Mehrfach betonte sie, dass die Donau-Auen einer von vier Nationalparks sei, die sich naturschutzfachlich eignen würden. Derzeit sei noch nichts entschieden. Die Regierung werde niemandem etwas überstülpen, niemanden enteignen und schon gar keine privaten Flächen überplanen. „Es geht ausschließlich um Staatsflächen. Sie können sich darauf verlassen.“