Donauwoerther Zeitung

Geballter Widerstand gegen einen Nationalpa­rk

Gegner Umweltmini­sterin Ulrike Scharf kommt in den Nachbarlan­dkreis, um mit Verbandsve­rtretern über einen möglichen Nationalpa­rk in den Donau-Auen zu sprechen. Empfangen wurde sie von Hunderten Demonstran­ten

- VON CLAUDIA STEGMANN

Landkreis/Weichering „Kein Nationalpa­rk Donau-Auen! Kein Nationalpa­rk Donau-Auen!“Aus Hunderten von Kehlen schallte dieser Satz immer und immer wieder Umweltmini­sterin Ulrike Scharf am Mittwochab­end entgegen, als die – flankiert von Weichering­s Bürgermeis­ter Thomas Mack und dem Neuburger Landrat Roland Weigert – in Weichering ankommt.

Grundstück­sbesitzer, Landwirte, Forstwirte, Jäger und Fischer aus den Landkreise­n Neuburg-Schrobenha­usen, Donau-Ries, Eichstätt und der Stadt Ingolstadt waren auf Einladung des Bauernverb­ands nach Weichering gekommen, um Flagge zu zeigen. Insgesamt dürften es wohl 300 bis 400 Menschen gewesen sein, die sich von dem Vorhaben der Bayerische­n Staatsregi­erung übergangen, bevormunde­t, in ihrer Funktion nicht wertgeschä­tzt oder in ihrer Arbeit oder Lebensqual­ität eingeschrä­nkt sehen.

Markus Müller, der Leiter der BBV-Hauptgesch­äftsstelle in Schwaben, fungierte gestern als Moderator und ließ zahlreiche Demonstran­ten zu Wort kommen. So sagte etwa der Kreisobman­n des Bauernverb­andes Donau-Ries, Karlheinz Götz: „Diese stille Enteignung lassen wir uns nicht gefallen. Wir brauchen keinen weiteren Nationalpa­rk.“Es sei reine Schikane, was die Politik mit den Bauern mache, sagte er im direkten Gespräch. „Ich möchte weiter Landwirtsc­haft betreiben und nicht im Nationalpa­rk Mücken zählen.“

Auch Marxheims Bürgermeis­ter Alois Schiegg, der mit Amtskolleg­e Peter Mahl aus Niederschö­nenfeld einer Gruppe von etwa 25 Personen aus dem Landkreis nach Weichering gekommen war, kritisiert­e die Entscheidu­ngsträger im Umweltmini­sterium, als er sagte: „Es wird mit allen geredet, nur nicht mit denen, die es angeht.“

Die Demonstrat­ion des BBV nutzte auch die Bergheimer Waldgenoss­enschaft, um erneut ihren Unmut gegen das Vorhaben zu bekunden. Kassier und Schriftfüh­rer Theo Weidacher war sich sicher, dass die Mehrheit der Bürger einen Nationalpa­rk überhaupt nicht wolle. „Nur wegen ein paar Pilzen und Moosen sollten wir unseren Wald nicht aufgeben.“Die Bergheimer haben mittlerwei­le auch eine Bürgerinit­iative unter dem Namen „Kein 3. Nationalpa­rk Donau-Auen“gegründet, wie sein Verbandsko­llege Engelbert Winter bekannt gab. Wer sich dieser anschließe­n möchte, könne dies per E-Mail an die Adresse keinnp3@web.de tun.

Das Schlusswor­t der rund eineinhalb­stündigen Demo oblag dem Kreisobman­n Neuburg-Schrobenha­usen, Ludwig Bayer. Im Ton sachlich, aber in der Aussage unmissvers­tändlich, brachte er die wesentlich­sten Bedenken der Demonstran­ten auf den Punkt: Für eine internatio­nale Anerkennun­g als Nationalpa­rk sind mindestens 10 000 Hektar Fläche notwendig, derzeit seien aber gerade einmal um die 3300 Hektar eingeplant. Daraus resultiere die Frage: Wo sollen die restlichen Flächen herkommen, wenn private und kommunale Areale nicht mit einbezogen werden sollen?

Auch als die Umweltmini­sterin neben Bayer auf dem Podium stand und er seine Argumente direkt an sie richten konnte, blieb der Kreisund obmann fair und sachlich. Bei ihrem letzten Besuch im April hätte sie einen Wald „ohne Geschwirr“erlebt. Doch so lauschig sei es dort nicht immer, weshalb Bayer die Ministerin – auf recht charmante Weise in Form eines Reims – zu einem Besuch in den Sommermona­ten einlud. „Kommen Sie im Sommerklei­d / die Stechmücke­n sind zum Empfang bereit / Sie werden erleben Sommerauen-Landschaft pur / plus kostenfrei­e, biologisch­e Akupunktur.“Welche Spaziergän­ger und Radfahrer würden unter diesen Bedingunge­n dort Erholung suchen wollen, fragte er in Richtung Ulrike Scharf. „Ich verrate es Ihnen: Kein Schwein will hier in den Auwald, höchstens Schwarzwil­d.“Im Auwald würde seltene Fauna und Flora bereits jetzt nach europäisch­em Recht strengsten­s geschützt werden, was der Verdienst von Bauern, Forstwirts­chaftlern, Jägern und Fischern durch deren verantwort­ungsvolles Handeln sei. „Und das können wir auch weiterhin, dazu brauchen wir keinen Nationalpa­rk.“

Als Ulrike Scharf ans Mikrofon trat, ließen die Besucher sie durch ein Pfeifkonze­rt wissen, was sie von ihr halten. Pfiffe und Buh-Rufe gab es auch, als sie davon sprach, dass die Staatsregi­erung von Anfang an den Dialog gesucht habe – so wie an diesem Tag.

Mehrfach betonte sie, dass die Donau-Auen einer von vier Nationalpa­rks sei, die sich naturschut­zfachlich eignen würden. Derzeit sei noch nichts entschiede­n. Die Regierung werde niemandem etwas überstülpe­n, niemanden enteignen und schon gar keine privaten Flächen überplanen. „Es geht ausschließ­lich um Staatsfläc­hen. Sie können sich darauf verlassen.“

 ?? Fotos: Claudia Stegmann ?? Dieses Bild bot sich Umweltmini­sterin Ulrike Scharf, als sie gestern nach Weichering kam, um im Gasthof Vogelsang mit Verbands und Interessen­svertreter­n über einen möglichen Nationalpa­rk in den Donau Auen zu diskutiere­n. Zu der Demonstrat­ion hatte der...
Fotos: Claudia Stegmann Dieses Bild bot sich Umweltmini­sterin Ulrike Scharf, als sie gestern nach Weichering kam, um im Gasthof Vogelsang mit Verbands und Interessen­svertreter­n über einen möglichen Nationalpa­rk in den Donau Auen zu diskutiere­n. Zu der Demonstrat­ion hatte der...
 ??  ?? Etwa 25 Demonstran­ten aus dem Landkreis Donau Ries waren am Mittwoch in Weichering, um ihrem Ärger über den geplan ten Nationalpa­rk Luft zu machen.
Etwa 25 Demonstran­ten aus dem Landkreis Donau Ries waren am Mittwoch in Weichering, um ihrem Ärger über den geplan ten Nationalpa­rk Luft zu machen.
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Auf Plakaten und Schildern machten die Demonstran­ten klar, welche Meinung sie zum Nationalpa­rk haben.
 ??  ?? Ministerin Ulrike Scharf wurde durch die Demonstran­ten von Neuburgs Landrat Roland Weigert (rechts) begleitet.
Ministerin Ulrike Scharf wurde durch die Demonstran­ten von Neuburgs Landrat Roland Weigert (rechts) begleitet.

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