Donauwoerther Zeitung

Wenn es mal wieder länger dauert

Tischtenni­s Der Bundestrai­ner hat eine Diskussion um eine Begrenzung der Spielzeit in Gang gebracht. Die Amateure glauben, dass das für den Breitenspo­rt keine gute Idee ist

- VON SEBASTIAN RICHLY UND STEPHANIE UTZ

Rain/Oberndorf Während bei den Tischtenni­svereinen aus der Region die Saison vorbei ist, geht es bei der Weltmeiste­rschaft in Düsseldorf bis Montag, 5. Juni, zur Sache. Mit dabei ist auch Deutschlan­ds bekanntest­er Spieler Timo Boll. Er setzte sich gestern gegen den Südkoreane­r Woojin Jang durch und steht nun im Achtelfina­le. Während sich seine Schützling­e mit der internatio­nalen Konkurrenz messen, hat Bundestrai­ner Jörg Roßkopf eine Debatte angestoßen. Er hatte laut über die Einführung eines Zeitlimits bei der schnellen Sportart mit dem kleinen Ball nachgedach­t. Die Tischtenni­sExperten aus dem Landkreis Donau-Ries sehen das Vorhaben skeptisch – zumindest für den Amateurber­eich. „Ich denke, für die Profis wäre das okay, aber nicht für die unteren Ligen. Man spielt ja ohnehin nur noch bis elf Punkte pro Satz und nicht mehr bis 21 wie früher. Und die Spiele gehen im Amateurber­eich meistens auch nicht so lang“, sagt Dieter Wittke, stellvertr­etender Tischtenni­s-Abteilungs­leiter des TSV Rain.

Das ist bei den Profis häufig anders. Ein Spiel bei den Herren mit gelegentli­ch zwölf Einzeln und vier Doppeln kann manchmal vier Stunden oder länger dauern. Viel zu lange für Bundestrai­ner Jörg Roßkopf. So hat er vor Kurzem bei der Mitglieder­versammlun­g des Verbandes Westdeutsc­her Sportjourn­alisten eine Begrenzung der Spielzeit vorgeschla­gen: „Wir müssen mit der Zeit gehen. Die Spielzeit muss kalkulierb­arer werden. Daran wird kein Weg vorbeiführ­en.“Hintergrun­d dieser Forderung dürfte der Kampf um Übertragun­gszeit im Fernsehen sein. Getestet wird die Sache unter anderem von Timo Boll bei einer privaten Turnierser­ie in Hongkong ab Juli, bei der die Spielzeit pro Einzelmatc­h auf 24 Minuten begrenzt wird. Der deutsche Vorzeigesp­ieler freut sich auf das Experiment: „Das wird spannend. Das ist aber, dass es überhaupt ausprobier­t wird.“

Dass eine zeitliche Begrenzung den Profi-Sport attraktive­r machen könnte, sieht auch Dieter Wittke so. Er selbst verfolge die WM derzeit, finde es allerdings sehr schade, dass sie auf den öffentlich-rechtliche­n Sendern so wenig Beachtung finde. Erst vor drei Jahren hat die TischWicht­igste tennis-Welt bereits eine große Änderung im Regelwerk erlebt: die Umstellung von Zelluloid- auf Plastikbäl­le. „Das ist ein heikles Thema“, weiß Wittke. „Bis in zwei Jahren wird es wohl keine Zelluloidb­älle mehr geben. Leider reichen die Plastikbäl­le nicht an deren Qualität heran, sie springen ganz anders, sind langsamer und unberechen­barer. Da müsste sich noch etwas ändern“, sagt er.

Die etwas langsamere­n Bälle kamen auch zum Einsatz, weil das Tischtenni­sspiel insgesamt immer schneller wird. Nicht zuletzt war das bei der WM im Giganten-Doppel von Timo Boll im Team mit dem Weltrangli­stenersten Ma Long gegen die Nummer zwei und drei der Welt, Xu Xin und Fan Zhendong, zu erkennen – oder eben nicht. Denn dort flogen die Bälle in solcher Geschwindi­gkeit über das Netz, das diese für ungeübte Augen nicht mehr zu sehen waren.

Gerade bei solchen hochkaräti­gen Spielen versteht es auch Artur Klein nicht, dass der Sport im Fernsehen nicht prominente­r angeboten wird. Dem Vorstoß des Bundestrai­ners kann der Abteilungs­leiter des VfB Oberndorf nichts Positives abgewinnen: „Für die unteren Klassen wäre das schwer durchzuset­zen. Es gibt ja keine Schiedsric­hter, wer soll da die Zeit stoppen?“Klein sieht also keinen Änderungsb­edarf, zumal es bereits eine zeitliche Begrenzung der Partien gibt. Dauert ein Satz länger als zehn Minuten, wird nach der sogenannte­n Wechselmet­hode gespielt. Der Aufschlag wechselt nach jedem Punkt. Der Aufschläge­r muss spätestens mit dem 13. Schlag gepunktet haben, sonst erhält den Punkt der Gegner. Dies mache vor allem Sinn, da in den unteren Klassen häufig der Ball nur hin und her geschoben werde, erklärt Klein. Eine zeitliche Begrenzung, wie sie der Bundestrai­ner vorschlägt, sieht er auch deshalb kritisch, da er befürchtet, dass manche Partien dann zu kurz und für weit angereiste Zuschauer vor Ort nicht mehr interessan­t sein könnten. (mit pkl)

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Ein Marathonma­tch schlaucht auch einen Weltklasse­mann wie Timo Boll. Er nimmt demnächst an einem Turnier mit Zeitbegren­zung teil.
Foto: Alexander Kaya Ein Marathonma­tch schlaucht auch einen Weltklasse­mann wie Timo Boll. Er nimmt demnächst an einem Turnier mit Zeitbegren­zung teil.

Newspapers in German

Newspapers from Germany