Wenn es mal wieder länger dauert
Tischtennis Der Bundestrainer hat eine Diskussion um eine Begrenzung der Spielzeit in Gang gebracht. Die Amateure glauben, dass das für den Breitensport keine gute Idee ist
Rain/Oberndorf Während bei den Tischtennisvereinen aus der Region die Saison vorbei ist, geht es bei der Weltmeisterschaft in Düsseldorf bis Montag, 5. Juni, zur Sache. Mit dabei ist auch Deutschlands bekanntester Spieler Timo Boll. Er setzte sich gestern gegen den Südkoreaner Woojin Jang durch und steht nun im Achtelfinale. Während sich seine Schützlinge mit der internationalen Konkurrenz messen, hat Bundestrainer Jörg Roßkopf eine Debatte angestoßen. Er hatte laut über die Einführung eines Zeitlimits bei der schnellen Sportart mit dem kleinen Ball nachgedacht. Die TischtennisExperten aus dem Landkreis Donau-Ries sehen das Vorhaben skeptisch – zumindest für den Amateurbereich. „Ich denke, für die Profis wäre das okay, aber nicht für die unteren Ligen. Man spielt ja ohnehin nur noch bis elf Punkte pro Satz und nicht mehr bis 21 wie früher. Und die Spiele gehen im Amateurbereich meistens auch nicht so lang“, sagt Dieter Wittke, stellvertretender Tischtennis-Abteilungsleiter des TSV Rain.
Das ist bei den Profis häufig anders. Ein Spiel bei den Herren mit gelegentlich zwölf Einzeln und vier Doppeln kann manchmal vier Stunden oder länger dauern. Viel zu lange für Bundestrainer Jörg Roßkopf. So hat er vor Kurzem bei der Mitgliederversammlung des Verbandes Westdeutscher Sportjournalisten eine Begrenzung der Spielzeit vorgeschlagen: „Wir müssen mit der Zeit gehen. Die Spielzeit muss kalkulierbarer werden. Daran wird kein Weg vorbeiführen.“Hintergrund dieser Forderung dürfte der Kampf um Übertragungszeit im Fernsehen sein. Getestet wird die Sache unter anderem von Timo Boll bei einer privaten Turnierserie in Hongkong ab Juli, bei der die Spielzeit pro Einzelmatch auf 24 Minuten begrenzt wird. Der deutsche Vorzeigespieler freut sich auf das Experiment: „Das wird spannend. Das ist aber, dass es überhaupt ausprobiert wird.“
Dass eine zeitliche Begrenzung den Profi-Sport attraktiver machen könnte, sieht auch Dieter Wittke so. Er selbst verfolge die WM derzeit, finde es allerdings sehr schade, dass sie auf den öffentlich-rechtlichen Sendern so wenig Beachtung finde. Erst vor drei Jahren hat die TischWichtigste tennis-Welt bereits eine große Änderung im Regelwerk erlebt: die Umstellung von Zelluloid- auf Plastikbälle. „Das ist ein heikles Thema“, weiß Wittke. „Bis in zwei Jahren wird es wohl keine Zelluloidbälle mehr geben. Leider reichen die Plastikbälle nicht an deren Qualität heran, sie springen ganz anders, sind langsamer und unberechenbarer. Da müsste sich noch etwas ändern“, sagt er.
Die etwas langsameren Bälle kamen auch zum Einsatz, weil das Tischtennisspiel insgesamt immer schneller wird. Nicht zuletzt war das bei der WM im Giganten-Doppel von Timo Boll im Team mit dem Weltranglistenersten Ma Long gegen die Nummer zwei und drei der Welt, Xu Xin und Fan Zhendong, zu erkennen – oder eben nicht. Denn dort flogen die Bälle in solcher Geschwindigkeit über das Netz, das diese für ungeübte Augen nicht mehr zu sehen waren.
Gerade bei solchen hochkarätigen Spielen versteht es auch Artur Klein nicht, dass der Sport im Fernsehen nicht prominenter angeboten wird. Dem Vorstoß des Bundestrainers kann der Abteilungsleiter des VfB Oberndorf nichts Positives abgewinnen: „Für die unteren Klassen wäre das schwer durchzusetzen. Es gibt ja keine Schiedsrichter, wer soll da die Zeit stoppen?“Klein sieht also keinen Änderungsbedarf, zumal es bereits eine zeitliche Begrenzung der Partien gibt. Dauert ein Satz länger als zehn Minuten, wird nach der sogenannten Wechselmethode gespielt. Der Aufschlag wechselt nach jedem Punkt. Der Aufschläger muss spätestens mit dem 13. Schlag gepunktet haben, sonst erhält den Punkt der Gegner. Dies mache vor allem Sinn, da in den unteren Klassen häufig der Ball nur hin und her geschoben werde, erklärt Klein. Eine zeitliche Begrenzung, wie sie der Bundestrainer vorschlägt, sieht er auch deshalb kritisch, da er befürchtet, dass manche Partien dann zu kurz und für weit angereiste Zuschauer vor Ort nicht mehr interessant sein könnten. (mit pkl)