Donauwoerther Zeitung

Männermund

- VON GISELA BIRNSTIEL redaktion@donauwoert­her zeitung.de

Reden ist manchmal wichtig, Schweigen kann oft belastend, aber auch wohltuend sein. Und angeblich sind Frauen diejenigen, die sich gerne stundenlan­g über Kochrezept­e, den letzten Zumbaabend oder die Geheimniss­e der Rosendüngu­ng mitteilen. Weit gefehlt!

Da sitzt man müde in einem Regionalzu­g wegen Platzmange­ls im Abteil für sportliche Radler. Gegenüber zwei Herren mittleren Alters, gekleidet in wurstartig­es Outfit mit entspreche­nden Schriftzüg­en der Sponsoren. Eine Dame ist auch dabei, die hat den beiden und sich gerade ein Eis spendiert und darf jetzt zuhören. Die Rede beginnt: Es geht um die vorletzte Tour in den Bergen, eine Meisterlei­stung des Durchhalte­vermögens bei Sauwetter und steiler Abfahrt, aber dank der guten Stimmung ein beeindruck­endes Erlebnis. Die nächste Tour ist in Planung, Frauen werden gerne mitgenomme­n, weil sie als zäh und und kameradsch­aftlich gelten und nicht nur ein Eis, sondern auch mal Bier oder Tee spendieren. Es geht um den Gruppengei­st insgesamt, um den Ismael, der jetzt flott mit radelt und sich ansonsten als Hausmeiste­r in einem größeren Wohnblock bewährt, um den Hausbesitz­er, der den Mietern das Streichen des Treppenhau­ses aufs Auge drücken will – und so weiter und so fort. Das pralle Leben zieht an mir vorbei, und ich wollte doch nur in die Landschaft schauen...

Die Radlerdame schweigt wie ich – überwältig­t von so viel Text aus Männermund.

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