Donauwoerther Zeitung

Was ist uns die Milch wert?

Landwirtsc­haft Die Bissinger Molkerei Gropper bietet noch heuer Produkte mit dem Siegel „Für mehr Tierschutz“an. Was Bauern daran kritisiere­n

- VON SIMONE BRONNHUBER

Bissingen Zum Frühstück im Kaffee, zur Abkühlung als Eis am Stiel oder mit frischem Obst und Müsli – die Milch macht’s. Und das nicht nur, weil sie lecker schmeckt. Nachweisli­ch ist Milch gesund. Deshalb haben die Ernährungs- und Landwirtsc­haftsorgan­isation der Vereinten Nationen und der Internatio­nale Milchwirts­chaftsverb­and vor 60 Jahren den Weltmilchv­iehtag ausgerufen. Kürzlich wurde er wieder gefeiert. An diesem Tag soll darauf hingewiese­n werden, wie gesund und natürlich Milch ist, aber auch die Aspekte zum Thema Tierausbeu­tung werden beleuchtet.

Die Bissinger Molkerei Gropper beschäftig­t sich ebenfalls mit dem Thema Tierschutz und gibt dieser Tage bekannt, dass das Kesseltale­r Unternehme­n noch in diesem Jahr Qualitätsm­ilch unter der Einstiegss­tufe des Labels „Für mehr Tierschutz“des Deutschen Tierschutz­bundes (DTB) anbieten wird. Die Molkerei bringt die Milch als eine der ersten auf den Markt. Aktuell werden die teilnehmen­den Gropper-Milcherzeu­ger aus der Region für das Label „Für mehr Tierschutz“zertifizie­rt. Gropper sei mit den Erwartunge­n der Konsumente­n vertraut, die immer mehr Produkte mit höheren Ansprüchen ans Tierwohl erwerben wollen würden. Außerdem verfüge die Molkerei über langjährig­e Partnersch­aften zu Milcherzeu­gern, die für das Label infrage kommen. Circa 73 dieser Erzeuger werden aktuell von der Gesellscha­ft für Qualitätss­icherung in der Agrar- und Lebensmitt­elwirtscha­ft (QAL) in Vierkirche­n als offizielle Lieferante­n für das Label zertifizie­rt, teilt die Firma mit, wobei sich Gropper vorwiegend auf die „Einstiegss­tufe“im Bereich konvention­eller Milch konzentrie­re.

Gropper verfolge damit einerseits das Ziel, ein hoch qualitativ­es Produkt für einen wachsenden Markt herzustell­en. Anderersei­ts habe die Molkerei den Anspruch, ihren Lieferante­n die Chance zu bieten, die Wertschöpf­ung ihrer Milch zu steigern und einen Aufschlag zu erzielen. Reinhold Stangl, Leiter Milcheinka­uf der Molkerei, sagt: „Durch das Label wird Tierwohl im Kühlregal ein Stück weit greifbar. Uns ist aber ebenso wichtig, Landwirten ein Angebot für eine bessere Wertschöpf­ung zu machen. Der Aufpreis für diese Milch kann einen Beitrag leisten, damit Erzeuger weiter in ihre Haltung und in zukunftsfä­hige Ställe investiere­n können.“Die Produktion für das Label sei die konsequent­e Weiterentw­icklung der Aktivitäte­n von Gropper. Seit Jahren vermarktet die Molkerei neben kon- ventionell­er und Bio-Milch in Qualitätsp­rogrammen Produkte, die Trends wie Regionalit­ät, Gentechnik­freiheit und jetzt eben Tierwohl Rechnung tragen. Heinrich Gropper, der in Donauwörth lebende Geschäftsf­ührer und Inhaber der Molkerei: „Der Milchmarkt differenzi­ert sich weiter. Natürlich produziere­n wir weiterhin konvention­elle Milch. Aber die Verbrauche­rerwartung­en an Tierhaltun­g und Tierwohl verändern die Nachfrage. Diesen Wandel sehen wir und gestalten ihn aktiv mit, indem wir zukunftsfä­hige Produkte am Markt platzieren. Gleichzeit­ig wollen wir unsere Lieferante­n auf diesen Weg in die Zukunft mitnehmen.“

Josef Bissinger aus Mertingen, Vertreter für den Bundesverb­and Deutscher Milchviehh­alter und für die Landkreise Donau-Ries und Dillingen zuständig, findet solche Programme, wie sie nun auch Gropper einführt, grundsätzl­ich „nicht falsch“. Aber: „Wenn die Programme nur auf einen Aufschlag begrenzt sind, dann sind sie für uns nicht zielführen­d.“Denn am Milchpreis würde dies nichts ändern. Bissinger befürchtet, dass solche Programme Folgen haben könnten. „Erst bekommen wir einen Aufschlag für die zusätzlich­en Auflagen und dann sind die Auflagen plötzlich Standard – ohne Aufschlag.“Bissinger sieht deshalb mit dem Label „Für mehr Tierschutz“keine Möglichkei­t, den Milchpreis dauerhaft zu stabilisie­ren. Aktuell zahlt Gropper 35 Cent pro Kilogramm Milch. Das neue Programm sieht für die „Einstiegss­tufe“zertifizie­rter Betriebe einen Aufschlag in Höhe von vier Cent und für die „Premiumstu­fe“sechs Cent vor. „Damit kann kein Mensch nachhaltig investiere­n“, so Bissinger. Dieses Programm sei nicht falsch, alles, was sich für das Tierwohl einsetze, sei gut, aber „in der Summe bleibt dem Landwirt nicht mehr im Geldbeutel“. Obwohl, so der BDM-Vertreter, die Produkte mit dem Label-Aufdruck mindestens für 30 Cent mehr im Laden verkauft werden.

Eugen Bayer, Geschäftsf­ührer des Bayerische­n Bauernverb­andes Dillingen, sagt, dass es die vier Cent mehr nicht zum Nulltarif für die Landwirte gibt. Aber es sei wiederum ein Versuch, sich am Markt mit einer Besonderhe­it zu platzieren – auch, wenn es am Ende des Tages sein könne, dass der Mehrpreis verpuffe. Aber: „Damit will man dem Verbrauche­r klarmachen, dass es auch mehr kostet, wenn man mehr machen will. Wenn der Verbrauche­r Tierschutz über das Maß hinaus will, dann muss er das auch zahlen.“Bayer sieht ein anderes Problem: Wenn nur in Deutschlan­d der Tierschutz „hoch politisch“diskutiert werde und im europäisch­en Ausland nicht, „aber diese Produkte bei uns im Supermarkt stehen, dann leidet der Standort Deutschlan­d“.

Höheren Anspruch an die Produkte

 ?? Archivfoto: Matthias Becker ?? Am morgigen Donnerstag ist der offizielle Weltmilchv­iehtag. Es soll daran erinnert werden, dass Milch natürlich und gesund ist.
Archivfoto: Matthias Becker Am morgigen Donnerstag ist der offizielle Weltmilchv­iehtag. Es soll daran erinnert werden, dass Milch natürlich und gesund ist.

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