Was ist uns die Milch wert?
Landwirtschaft Die Bissinger Molkerei Gropper bietet noch heuer Produkte mit dem Siegel „Für mehr Tierschutz“an. Was Bauern daran kritisieren
Bissingen Zum Frühstück im Kaffee, zur Abkühlung als Eis am Stiel oder mit frischem Obst und Müsli – die Milch macht’s. Und das nicht nur, weil sie lecker schmeckt. Nachweislich ist Milch gesund. Deshalb haben die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und der Internationale Milchwirtschaftsverband vor 60 Jahren den Weltmilchviehtag ausgerufen. Kürzlich wurde er wieder gefeiert. An diesem Tag soll darauf hingewiesen werden, wie gesund und natürlich Milch ist, aber auch die Aspekte zum Thema Tierausbeutung werden beleuchtet.
Die Bissinger Molkerei Gropper beschäftigt sich ebenfalls mit dem Thema Tierschutz und gibt dieser Tage bekannt, dass das Kesseltaler Unternehmen noch in diesem Jahr Qualitätsmilch unter der Einstiegsstufe des Labels „Für mehr Tierschutz“des Deutschen Tierschutzbundes (DTB) anbieten wird. Die Molkerei bringt die Milch als eine der ersten auf den Markt. Aktuell werden die teilnehmenden Gropper-Milcherzeuger aus der Region für das Label „Für mehr Tierschutz“zertifiziert. Gropper sei mit den Erwartungen der Konsumenten vertraut, die immer mehr Produkte mit höheren Ansprüchen ans Tierwohl erwerben wollen würden. Außerdem verfüge die Molkerei über langjährige Partnerschaften zu Milcherzeugern, die für das Label infrage kommen. Circa 73 dieser Erzeuger werden aktuell von der Gesellschaft für Qualitätssicherung in der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft (QAL) in Vierkirchen als offizielle Lieferanten für das Label zertifiziert, teilt die Firma mit, wobei sich Gropper vorwiegend auf die „Einstiegsstufe“im Bereich konventioneller Milch konzentriere.
Gropper verfolge damit einerseits das Ziel, ein hoch qualitatives Produkt für einen wachsenden Markt herzustellen. Andererseits habe die Molkerei den Anspruch, ihren Lieferanten die Chance zu bieten, die Wertschöpfung ihrer Milch zu steigern und einen Aufschlag zu erzielen. Reinhold Stangl, Leiter Milcheinkauf der Molkerei, sagt: „Durch das Label wird Tierwohl im Kühlregal ein Stück weit greifbar. Uns ist aber ebenso wichtig, Landwirten ein Angebot für eine bessere Wertschöpfung zu machen. Der Aufpreis für diese Milch kann einen Beitrag leisten, damit Erzeuger weiter in ihre Haltung und in zukunftsfähige Ställe investieren können.“Die Produktion für das Label sei die konsequente Weiterentwicklung der Aktivitäten von Gropper. Seit Jahren vermarktet die Molkerei neben kon- ventioneller und Bio-Milch in Qualitätsprogrammen Produkte, die Trends wie Regionalität, Gentechnikfreiheit und jetzt eben Tierwohl Rechnung tragen. Heinrich Gropper, der in Donauwörth lebende Geschäftsführer und Inhaber der Molkerei: „Der Milchmarkt differenziert sich weiter. Natürlich produzieren wir weiterhin konventionelle Milch. Aber die Verbrauchererwartungen an Tierhaltung und Tierwohl verändern die Nachfrage. Diesen Wandel sehen wir und gestalten ihn aktiv mit, indem wir zukunftsfähige Produkte am Markt platzieren. Gleichzeitig wollen wir unsere Lieferanten auf diesen Weg in die Zukunft mitnehmen.“
Josef Bissinger aus Mertingen, Vertreter für den Bundesverband Deutscher Milchviehhalter und für die Landkreise Donau-Ries und Dillingen zuständig, findet solche Programme, wie sie nun auch Gropper einführt, grundsätzlich „nicht falsch“. Aber: „Wenn die Programme nur auf einen Aufschlag begrenzt sind, dann sind sie für uns nicht zielführend.“Denn am Milchpreis würde dies nichts ändern. Bissinger befürchtet, dass solche Programme Folgen haben könnten. „Erst bekommen wir einen Aufschlag für die zusätzlichen Auflagen und dann sind die Auflagen plötzlich Standard – ohne Aufschlag.“Bissinger sieht deshalb mit dem Label „Für mehr Tierschutz“keine Möglichkeit, den Milchpreis dauerhaft zu stabilisieren. Aktuell zahlt Gropper 35 Cent pro Kilogramm Milch. Das neue Programm sieht für die „Einstiegsstufe“zertifizierter Betriebe einen Aufschlag in Höhe von vier Cent und für die „Premiumstufe“sechs Cent vor. „Damit kann kein Mensch nachhaltig investieren“, so Bissinger. Dieses Programm sei nicht falsch, alles, was sich für das Tierwohl einsetze, sei gut, aber „in der Summe bleibt dem Landwirt nicht mehr im Geldbeutel“. Obwohl, so der BDM-Vertreter, die Produkte mit dem Label-Aufdruck mindestens für 30 Cent mehr im Laden verkauft werden.
Eugen Bayer, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes Dillingen, sagt, dass es die vier Cent mehr nicht zum Nulltarif für die Landwirte gibt. Aber es sei wiederum ein Versuch, sich am Markt mit einer Besonderheit zu platzieren – auch, wenn es am Ende des Tages sein könne, dass der Mehrpreis verpuffe. Aber: „Damit will man dem Verbraucher klarmachen, dass es auch mehr kostet, wenn man mehr machen will. Wenn der Verbraucher Tierschutz über das Maß hinaus will, dann muss er das auch zahlen.“Bayer sieht ein anderes Problem: Wenn nur in Deutschland der Tierschutz „hoch politisch“diskutiert werde und im europäischen Ausland nicht, „aber diese Produkte bei uns im Supermarkt stehen, dann leidet der Standort Deutschland“.
Höheren Anspruch an die Produkte