Donauwoerther Zeitung

Terror und Wahl: Das sagen Briten aus der Region

Großbritan­nien Nach den Anschlägen der vergangene­n Wochen wird heute gewählt. Welche Rolle dabei die Angst spielt

- VON FABIAN KLUGE

Donauwörth/Bolton Richard Zielewski fällt es schwer, seine Wut zurückzuha­lten. Zu sehr haben ihn die Ereignisse der vergangene­n Wochen betroffen gemacht. Ein Selbstmord­attentäter reißt nach einem Konzert in Manchester 22 Menschen in den Tod: einer von drei Anschlägen in drei Monaten im Königreich.

Zielewski kommt ursprüngli­ch aus Bolton, lebt aber seit nunmehr 38 Jahren in Deutschlan­d. Dennoch hat er regen Kontakt nach England. Sein Vater und Bekannte wohnen dort, über WhatsApp hält er Kontakt zu ihnen. Mehrmals im Jahr besucht er sein Heimatland – „meistens an Weihnachte­n oder zum Fußball“. Auch in seinem Bekanntenk­reis sei die Wut auf die Terroriste­n zu spüren. „Kinder anzugreife­n, ist einfach das Allerletzt­e“, sagt der 59-Jährige. Heute kehrt ein Stück Normalität nach Großbritan­nien zurück: Die Wahlen zum Unterhaus stehen an. Dass sich die Anschläge auf das Ergebnis auswirken werden, das glaubt der gebürtige Brite nicht. Dennoch hält er Verluste für Premiermin­isterin Theresa May für wahrschein­lich: „Die Konservati­ven haben an der Polizei gespart – das kommt aktuell nicht gut an.“Tatsächlic­h hat May während ihrer Zeit als Innenminis­terin das Budget der Polizei in England und Wales gekürzt. Das Personal hat sie sogar um 20 000 reduziert. Ihr Vorsprung vor der Labour-Partei schmilzt.

Ob sich die Anschläge in den vergangene­n Monaten aufgrund der Einsparung­en häuften, ist Spekulatio­n. Dennoch scheint Großbritan­nien ein Terrornest zu sein. „Das liegt daran, dass jeder ins Land kann. Die Einwanderu­ngssituati­on eskaliert“, glaubt Zielewski.

Für Melanie Legg, Filialleit­erin der Buchhandlu­ng in Rain, ist die Kolonialge­schichte Schuld am Terror. Sie hat ebenfalls britische Wurzeln, stammt aus Stroud, lebt aber seit 39 Jahren in Deutschlan­d. Auch sie hält Kontakt zur Verwandtsc­haft dort. Legg zeigt sich vor allem von der Mentalität ihrer Landsleute beeindruck­t: „Die Menschen stehen zusammen. Sie sehen die Anschläge als Herausford­erung.“

Das Benefizkon­zert am vergangene­n Sonntag hat sie in Ausschnitt­en verfolgt. „Das Konzert war ein positives Zeichen – gerade in dem Zusammenha­ng. Dadurch haben sich die Leute wieder auf die Straße getraut.“ Dennoch spüre auch sie die allgemeine Verunsiche­rung und die Angst vor dem Unbekannte­n unter den Briten. Deshalb glaubt sie auch, dass der Terror die Wahl beeinfluss­en und den Rechtspopu­listen einige zusätzlich­e Stimmen bringen wird.

Bis das Wahlergebn­is feststeht, ist Zielewski bereits wieder auf der Insel. Heute fliegt er in sein Geburtslan­d – allerdings nicht, um zu wählen: „Obwohl ich britischer Staatsbürg­er bin, darf ich nicht wählen, weil ich nicht dort wohne.“Auf seinem Reiseweg wird er auch das Blumenmeer passieren, das die Trauernden in Manchester niedergele­gt haben.

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