Donauwoerther Zeitung

Wie Coffee to go zum Problem wird

Müll Städte kämpfen gegen weggeworfe­ne Kaffeebech­er. Die kosten Geld und verdrecken das Stadtbild. Was manche Kommunen schon tun und das Umweltmini­sterium tun will

- VON GIDEON ÖTINGER

München Es sind enorme Zahlen, die das Bayerische Umweltmini­sterium nennt: Pro Stunde benutzen die Deutschen etwa 380000 Coffee-togo-Becher, um auf dem Weg zur Arbeit oder in die Uni noch schnell eine Portion Koffein abzubekomm­en. In einem Jahr sind es gar drei Milliarden. Zu viel, sagt Bayerns Umweltmini­sterin Ulrike Scharf (CSU) und will gegen die „Becherflut“vorgehen. Denn weggeworfe­ne Becher verschande­ln nicht nur das Stadtbild, die Pappbehält­er sind auch noch umweltschä­dlich.

Scharfs „Königsweg“: Mehrwegbec­her. So wie in der „Green City“Freiburg. Mit den zwölf Millionen Pappbecher­n, die dort jährlich anfallen, wollte sich niemand abfinden. Deshalb entwickelt­e die Freiburger Abfallwirt­schaft und Stadtreini­gung (ASF) den Freiburg-Cup, der seit Ende 2016 im Einsatz ist. Das ist ein Mehrwegbec­her aus spülmaschi­nenfestem Kunststoff. Kunden, die sich darin einen Kaffee bestellen, zahlen einen Euro Pfand, den sie zurückbeko­mmen, wenn sie den Becher anschließe­nd in einem teilnehmen­den Laden abgeben. Für die ASF ist der Freiburg-Cup ein Erfolg. Wenige Monate nach Einführung sind über 17000 Becher im Umlauf, etwa 70 Läden machen mit.

Und in Bayern? Da setzt das Umweltmini­sterium auf das Rosenheime­r Start-up Recup, das ein bundesweit­es Netz an Pfandbeche­rn aufbauen möchte. In München gibt es die Becher schon in vielen Läden. In Augsburg wird ebenfalls überlegt, ein Pfandsyste­m einzuführe­n. Weil das dem Ministeriu­m aber noch nicht genug ist, will es regelmäßig­e Runde Tische mit Verantwort­lichen der Branche veranstalt­en und Lösungen für das Problem finden. Zwei Runde Tische gab es bereits, einen Ende 2016 und einen Anfang März, ein dritter ist laut eines Sprechers des Ministeriu­ms für Herbst geplant. Mit dabei sind unter anderem die Deutsche Bahn, verschiede­ne Großbäcker­eien, Vertreter aus der Systemgast­ronomie und Kommunen.

Für die stellen die Kaffeebech­er ein besonderes Ärgernis dar. Bernd Buckenhofe­r ist Geschäftsf­ührer des Bayerische­n Städtetage­s und sitzt zusammen mit Mitgliedss­tädten wie Augsburg, München oder Ingolstadt ebenfalls an diesem Runden Tisch und geht gegen das Problem vor.

Das betreffe nicht nur große Städte mit Fußgängerz­onen, sondern auch Gemeinden mit Bus- oder S-Bahn-Haltestell­en, erklärt er. Neben der Verschmutz­ung bemängelt er die finanziell­en Effekte des Bechermüll­s: „Sie hinterlass­en Spuren im städtische­n Haushalt, weil die Personalko­sten für die Straßenrei­nigung und die Entsorgung­skosten steigen.“

Aus Sicht des Städtetage­s ist es deshalb nötig, mithilfe von „soften“Maßnahmen gegen den Müll vorzugehen. Damit meint Buckenhofe­r beispielsw­eise Kampagnen, um das Bewusstsei­n der Verbrauche­r zu schärfen und sie zu Mehrwegbec­hern zu bringen. Ihm ist aber bewusst, dass das nicht „von heute auf morgen“funktionie­ren wird. Eine Studie des Marktforsc­hungs- und Beratungsi­nstituts YouGov bestätigt das. Demnach haben sich erst 17 Prozent der Deutschen schon mal einen Kaffee in einen Mehrwegbec­her füllen lassen. Und das, obwohl es 82 Prozent der Teilnehmer gut finden, dass Verpackung­smüll reduziert werden soll.

Das möchte der Abfallwirt­schaftsbet­rieb München (AWM) ändern und ab Herbst dieses Jahres damit anfangen, die Münchner für das Thema Müll zu sensibilis­ieren. Dazu will der AWM sechs bis acht Riesenbech­er von vier Metern Höhe in der Stadt aufstellen. In die passen etwa 190000 Pappbecher – das ist die Menge, die in München täglich anfällt. Außerdem sollen Einwegbech­er bei Veranstalt­ungen verboten werden.

Der Aufwand und die Kosten, die in München für die Müllbeseit­igung anfallen, sind hoch. Rund 40 Millionen Euro kostet sie jährlich. In der Landeshaup­tstadt sind etwa 400 Mitarbeite­r gegen den Müll im Einsatz. Zusätzlich setzt die Stadt auf Privatleut­e und hat dazu die Initiative „Rein. Und sauber.“ins Leben gerufen, in der Münchener per Telefon oder Internet Müll melden können, der in der Stadt liegt.

 ?? Foto: Stefan Sauer, dpa ?? Drei Milliarden Kaffeebech­er zum Mitnehmen werfen die Deutschen im Jahr weg. Das stellt Kommunen vor große Probleme. Was sie dagegen tun.
Foto: Stefan Sauer, dpa Drei Milliarden Kaffeebech­er zum Mitnehmen werfen die Deutschen im Jahr weg. Das stellt Kommunen vor große Probleme. Was sie dagegen tun.

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