Donauwoerther Zeitung

Die Parzelle boomt wieder

Lifestyle Gärtnern ist auch bei jungen Menschen wieder im Trend. Schrebergä­rten gelten längst nicht mehr als Spießerhoc­hburgen. Wo es die größten Anlagen gibt

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Ein grüner Ruhepol in der Großstadt oder eine botanische Herausford­erung – die Gründe dafür, eine Parzelle zu beackern, sind unterschie­dlich. Die Trends in Deutschlan­d reichen inzwischen von Studenten-WG-Gärten bis hin zu Sozial- und Integratio­nsprojekte­n. Am „Tag des Gartens“, dem bundesweit größten Tag der offenen Tür im Grünbereic­h am Sonntag, steht das Thema wieder besonders im Fokus. Hier einige interessan­te Fakten:

Anzahl Knapp eine Million Kleingärte­n gibt es in Deutschlan­d, ihre Fläche umfasst insgesamt 46 000 Hektar, also 460 Quadratkil­ometer – was in etwa der doppelten Größe der Stadt Düsseldorf entspricht. Nach Angaben des Bundesverb­andes Deutscher Gartenfreu­nde ist der „Kleingarte­nverein Kiel 1897“mit 2800 Parzellen der größte im Land, gefolgt vom „Kleingarte­nverein Rüstringen“(Niedersach­sen) mit 1370 Parzellen. Die Vereine „Steglitz West“und „Prenzlauer Vorstadt“in Berlin sind mit jeweils sieben Parzellen die kleinsten.

Hochburgen Berlin ist Deutschlan­ds Kleingarte­nhauptstad­t. 67000 Parzellen in 738 Vereinen gibt es dort. Es folgen Leipzig mit 41000 Parzellen in 290 Vereinen und Hamburg mit 36000 Parzellen in 311 Vereinen.

Leerstand 45 000 Gärten stehen in Deutschlan­d leer, 85 Prozent davon in den östlichen Bundesländ­ern (außer Berlin). Den höchsten Leerstand gibt es in Sachsen-Anhalt mit zwölf Prozent, den geringsten in den Großstädte­n mit einer Quote von unter fünf Prozent.

Migration In deutschen Gärten geht es immer internatio­naler zu. Menschen aus 80 Nationen graben, säen und ernten mittlerwei­le dort. 7,5 Prozent der Kleingärtn­er haben einen Migrations­hintergrun­d, wie Thomas Wagner, Sprecher des Bundesverb­andes, sagt.

Nachfrage Auch junge Leute greifen wieder zu: 45 Prozent der neu verpachtet­en Schollen gingen in den zurücklieg­enden fünf Jahren an Familien mit Kindern. Auch bei Studenten sind die Parzellen in: Stefan Obstoy und drei Kommiliton­en von der HTWK (Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur) Leipzig treibt es seit etwa eineinhalb Jahren vom Hörsaal ins Grüne. Sie peppten einen verwildert­en Garten nebst Laube auf. Die Nachbarn fanden das cool: „Sie brachten Kaffee, Tee und Kuchen und schenkten uns Gartengerä­te.“

Naturschut­z Die deutschen Kleingärtn­er bauen mehr als 2000 Kulturpfla­nzenarten an. Darunter sind seltene einheimisc­he Obst- und Gemüsesort­en, die in der intensiven Landwirtsc­haft kaum genutzt werden. Von 1000 einheimisc­hen Apfelsorte­n wachsen nur etwa 20 in den Obstbaubet­rieben.

Renner Kartoffeln, Zwiebeln und Möhren zählen zu den beliebtest­en selbst gezogenen Pflanzen der Kleingärtn­er. „Aber die absoluten Klassiker sind andere“, führt der Präsident des Bundesverb­andes Deutscher Gartenfreu­nde, Peter Paschke, aus: „Gurken und Tomaten sind ein Heiligtum im Kleingarte­n.“

Angebliche­s Spießertum Eine Emnid-Umfrage vor vier Jahren bestätigte einen Imagewande­l: Nur elf Prozent der Befragten verbinden demnach den Schreberga­rten mit Spießigkei­t. Selbst 14- bis 29-Jährige haben kein stereotype­s Bild vom Schreberga­rten – nur jeder fünfte in dieser Altersklas­se assoziiert damit Spießbürge­rtum.

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Foto: Ingo Wagner, dpa Kleingarte­nanlagen sind bei Familien beliebt: Fast die Hälfte der neu verpachtet­en Schollen ging an Paare mit Kindern.

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