„Jugendamt war nicht untätig“
Landkreis Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Prozess um die Tötung einer Frau aus Donauwörth, der mit der Verurteilung des Sohnes zu einer mehrjährigen Haftstrafe endete, ist auch ein Leserbrief veröffentlicht worden, in dem die Verfasserin das Jugendamt kritisiert. Sie warf die Frage auf, warum dem jungen Mann niemand geholfen beziehungsweise das Jugendamt nicht eingegriffen habe.
Diesen Hinweis auf die Untätigkeit des Jugendamtes wollte Landrat Stefan Rößle nicht im Raum stehen lassen. Er bat die zuständige Abteilungsleiterin im Landratsamt, den Vorgang zu prüfen. Das teilt die Behörde nun in einer Stellungnahme mit. Die Überprüfung habe ergeben, dass versichert werden kann, dass das Jugendamt seinen Verpflichtungen nachgekommen ist. Außerdem weist das Landratsamt darauf hin, dass die gesetzliche Zuständigkeit des Jugendamtes für den Schutz von Kindern und Jugendlichen mit dem 18. Lebensjahr endet – der junge Mann war zur Tatzeit bereits 22 Jahre alt.
In diesem Zusammenhang möchte Landrat Rößle darauf aufmerksam machen, dass das Thema „Psyche von Kindern“in den vergangenen Jahren immer stärker in den Fokus rücke. Auch der Landkreis sei diesem Thema bereits offensiv begegnet, habe mehrere Veranstaltungen initiiert und intensiv die Situation diskutiert. Bei der Kindersprechstunde im Oktober 2016 wurden alarmierende Zahlen präsentiert. Von den insgesamt rund 1,7 Millionen Kindern unter 15 Jahren, die in Bayern leben, wachsen schätzungsweise 450 000 bis 500 000 Kinder mit einem psychisch erkrankten Elternteil auf – wobei davon auszugehen ist, dass die Dunkelziffer viel höher liegt, da diese Kinder in der Regel nicht auffällig sind und sich eher ruhig und angepasst verhalten.
Aufgrund der bayernweiten Zahlen und der Tatsache, dass im Landkreis Donau-Ries etwa ein Prozent der bayerischen Bevölkerung lebt, müsse, auf unseren Landkreis heruntergerechnet, von mehreren Tausend Kindern ausgegangen werden, die betroffen seien. „Diese Kinder brauchen Unterstützung von außen“, heißt es in der behördlichen Stellungnahme. Wichtig sei es für die Verantwortlichen von Jugendämtern, von Lehrern und Erziehern, die Situation dieser Kinder zunächst zu erkennen, um dann entsprechend eingreifen zu können. Am 14. März sei dieses Thema daher in der Kinderschutzkonferenz aufgegriffen worden. Am 11. Oktober sei die nächste Großveranstaltung mit dem Thema „Darüber will ich nicht sprechen – psychische Belastungen von Kindern im Alltag“geplant, um aktiv vorzugehen und alle, die unsere Kinder beim Erwachsenwerden begleiten, für dieses Thema zu sensibilisieren. (pm)