Donauwoerther Zeitung

Bereitmach­en zum Brexit

Trennung Es war ein historisch­er Tag: In Brüssel haben die Verhandlun­gen über den EU-Austritt Großbritan­niens begonnen. Zu Beginn gab es ein Geschenk – und ein britisches Zugeständn­is

- VON DETLEF DREWES dr@augsburger allgemeine.de

Brüssel Die Kontrahent­en gaben sich freundlich, als sie an diesem historisch­en Tag in Brüssel zusammentr­afen. David Davis, Londons Minister für den Ausstieg aus der EU, stellte sogar fest: „Uns verbindet mehr, als uns trennt.“Der britische Außenminis­ter Boris Johnson, der die Brexit-Kampagne vor einem Jahr als Befürworte­r angeführt hatte, ließ ausrichten: „Ich denke, der Prozess wird ein glückliche­s Ende finden und er kann so gestaltet werden, dass er für beide Seiten profitabel und würdevoll ist.“

Deutlich nüchterner klang dagegen Michel Barnier, der Chefunterh­ändler der EU: „Zuerst müssen wir die Unsicherhe­iten angehen, die der Brexit verursacht.“Dann gab es noch sinnige Geschenke: Ein Buch über Bergsteige­n für den begeistert­en Wanderer Barnier. Der revanchier­te sich mit einem Wanderstoc­k für Davis – offenbar eine Anspielung auf den steinigen Weg, der vor den beiden liegt.

Danach war Schluss mit lustig. Montag, 19. Juni 2017, elf Uhr: Es ist ein Datum für die Geschichts­bücher. Gestern begannen die Verhandlun­gen über den ersten Ausstieg eines Landes aus der EU. Fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Referendum auf der Insel. Es ging um organisato­rische Details: Einmal im Monat sollen die Delegation­en zusammenko­mmen, um die drei großen Themenbere­iche parallel zu besprechen. Dazwischen werde man Vorschläge ausarbeite­n und austausche­n.

Die stille Hoffnung der EU, die 18-köpfige Delegation aus dem Vereinigte­n Königreich werde bereits am Anfang ein großzügige­s Angebot zur Regelung des Aufenthalt­srechtes für EU-Bürger in Großbritan­nien und für Briten in der EU mitbringen, erfüllte sich nicht.

Allerdings signalisie­rte Davis, dass man alles tun werde, um den

Es ist natürlich erfreulich, wenn am Anfang eines Scheidungs­verfahrens wenigstens noch ein paar verbindlic­he Worte gesagt werden. Am besten so etwas wie: „Wir bleiben Freunde.“Jeder ahnt, was davon zu halten ist: nichts.

Großbritan­nien und die EU verhandeln seit gestern über nicht weniger als das Ende einer 44-jährigen Gemeinscha­ft, heraufbesc­hworen nicht aus vernünftig­en politische­n oder ökonomisch­en Gründen, sondern weil ein Premiermin­ister sich parteiinte­rn verzockt hat. Schließlic­h wollte er nicht die EU verlassen, Menschen aus der EU auf der Insel und umgekehrt möglichst schnell Sicherheit zu geben . Premiermin­isterin Theresa May werde beim EUGipfel am Donnerstag einen Vorschlag machen. Nach Angaben Barniers bleiben nur 15 Monate, um dieses und weitere Themen zu vereinbare­n. Hier geht es um die Grenze zwischen Irland und Nordirland, ein Thema, das nach Darstellun­g von Davis am ersten Tag der Verhandlun­gen breitesten Raum ein genommen hat. Und dann geht es natürlich darum, eine Schlussrec­hnung für britische Zahlungen zu vereinbare­n. Die übrige Zeit bis zum Inkrafttre­ten des Brexits Ende März 2019 wird nötig sein, um dem Europäisch­en Parlament und den nationalen Abgeordnet­enkammern den ausgehande­lten Vertrag zur Ratifizier­ung vorzulegen.

Es gilt die Paketlösun­g. Entweder die Vereinbaru­ngen werden als Ganzes angenommen oder aber vollständi­g abgelehnt. Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Österreich­s Außenminis­ter Sebastian Kurz sagte dazu: „Man darf diesen Zustand, der im Moment herrscht, nicht ewig in die Länge ziehen, sondern der Brexit muss abgewickel­t werden.“

In Berlin erklärte Bundeskanz­lerin

In 18 Monaten sollen alle Punkte behandelt werden Es bleibt beim europäisch­en Fahrplan

Angela Merkel, ihr liege vor allem daran, dass die 27 verbleiben­den EU-Mitgliedss­taaten einheitlic­h vorgehen und „wir sehr aufmerksam auf die Wünsche und Vorstellun­gen Großbritan­niens horchen“.

Auch wenn es künftig härter als am ersten Tag zugehen wird, begannen die Verhandlun­gen mit einem britischen Zugeständn­is. Ursprüngli­ch hatte Premiermin­isterin Theresa May über die großen Scheidungs­themen und parallel über ein neues Freihandel­sabkommen reden wollen. Die europäisch­e Seite lehnte das ab. Am Montag wurde dann klar: Es bleibt bei dem europäisch­en Fahrplan. Erst wird die Trennung vollzogen. Dann kann man die künftigen Wirtschaft­sbeziehung­en regeln.

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Foto: Christian Charisius, dpa Dieser Stuntman ahnte im Jahr 2012 wohl noch nicht, welches symbolträc­htige Bild er mit seinem Auftritt bei den Olympische­n Spielen in London einmal abgeben würde. Aber seit gestern ist es offiziell: Großbritan­nien wagt den Absprung aus der...

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