Dieser Rennwagen fährt ohne Fahrer
Technik Normale Autofahrer warten noch auf autonome Fahrzeuge auf der Straße. Die Hochschule Augsburg schickt schon ihren ersten „Driverless“-Flitzer an den Start
Viele Autofahrer warten darauf: Auf Fahrzeuge, in die man nur noch einsteigen muss und die dann weitgehend selbstständig auf der Straße unterwegs sind. Die Automobilindustrie testet solche Autos für autonomes Fahren. Die Hochschule Augsburg geht noch einen Schritt weiter: Studenten haben einen Rennwagen entwickelt, der ohne Fahrer Rennen fährt.
Rennsport hat an der Hochschule Tradition: Sie hat einen eigenen Rennstall. Er wird vom Verein „Starkstrom Augsburg“betreut. Studenten entwickeln jedes Jahr ein neues Rennauto mit Elektroantrieb, das anschließend bei Wettbewerben gefahren wird. Beispielsweise sind die Flitzer bei der „Formula Student Germany“am Hockenheimring in Baden-Württemberg am Start. Und nicht nur das. „Auch im Bereich Driverless ist die Hochschule schon länger aktiv“, sagt Student Michael Brandl. Er ist einer der Verantwortlichen, die nun das erste Augsburger Driverless-Modell ins Rennen schicken. Das Augsburger Team ist bei dieser innovativen Technik vorne mit dabei. Es ist eines von international nur 15 Teams, das die Registrierung für den neuen Studentenwettbewerb in dieser Kategorie am Hockenheimring geschafft hat.
Autonomes Fahren? Gängigerweise verbindet man damit Fahrzeuge, die sich ähnlich wie Flugzeuge im Autopilotmodus verhalten. Das bedeutet, sie sollen Lenk-, Beschleunigungsund Bremsmanöver längsund quer der Fahrspur ohne menschliches Eingreifen durchfüh- ren. „Solche Entwicklungen sind kompliziert“, sagt Michael Brandl. Auf einer separaten Rennstrecke sei die Umgebung zum Glück weniger komplex als im Straßenverkehr. Der Studentenflitzer ist jedoch mit den gleichen Sensoren ausgestattet, die Automobilhersteller einbauen.
Mitte August ist es so weit. Dann soll der Driverless-Renner der Hochschule mit dem Namen „Silencio“eigenständig seine Runden am Hockenheimring drehen. Er bekommt dann nur noch zwei Signale, die von Menschen ausgelöst werden: Eines sei für den Start, das andere sei ein Signal für einen Stopp in Notfällen, sagt Brandl. Der Rennwagen ohne Fahrer soll sich in insgesamt drei Disziplinen bewähren: Er muss einen 75-Meter-Sprint hinlegen. Er muss durch einen Parcours mit Hütchen kurven, die in Form einer liegenden Acht aufgestellt sind. Und er muss zehn Runden auf der abgesteckten Rennstrecke schaffen.
Allerdings: Mit der Geschwindigkeit ist es bei diesem Rennen so eine Sache. Zwar kann der Augsburger „Silencio“grundsätzlich bis zu Tempo 130 fahren. Auf dem Kurs am Ho- ckenheimring wird er meist mit Ortsdurchfahrtsgeschwindigkeit unterwegs sein – also mit Tempo 50. „Das liegt an der Schwierigkeit der Hindernisse“, erklärt Michael Brandl. Insbesondere der HütchenParcours sei sehr schwer zu bewältigen. Brandl wagt aber schon eine Vorhersage zum Ergebnis: Die Driverless-Fahrzeuge werden die liegende Acht voraussichtlich etwas schneller durchqueren als ein menschlicher Rennfahrer, der dieselben Hütchen umrunden muss.
„Silencio“ist aber nicht der einzige neue Elektro-Rennwagen aus Augsburg, der in dieser Saison an den Start geht. Über 50 Studenten aus verschiedenen Fachbereichen der Hochschule haben über acht Monate lang auch an einem zweiten Modell gearbeitet: dem „Fenja“. Dieser Allrad-Flitzer kann schneller beschleunigen als das Vorgängermodell, er ist deutlich leichter und hat bessere aerodynamische Eigenschaften. Die Rennsaison für „Fenja“wird gegen Ende des Sommersemesters beginnen. Mitte Juli startet er bei einem Studentenwettbewerb in Assen/Niederlande. Anfang August ist er für ein weiteres Rennen in Spielberg/Österreich gemeldet. Ob auch der Termin Mitte August auf dem Hockenheimring klappt, ist noch offen. Dort steht das Augsburger Team auf der Warteliste. In diesem Jahr war es für die Hochschule schwerer als sonst, in die Qualifikation zu kommen. „Wir hatten noch nie so einen großen Bruch in unserem Team“, sagt Franziska Müller von Starkstrom-Vorstand. Denn diesmal seien alle Studenten der bisherigen Mannschaft ausgeschieden. Entweder sind sie fertig mit dem Studium, im Praxissemester oder anderweitig unterwegs. Die Weitergabe von Wissen sei deshalb sehr schwierig gewesen, sagt Müller. Ein Ziel hat sich das Rennteam aber doch gesteckt: „Wir wollen wieder in die Top Ten.“2015 ist das gelungen. »Meinung