Wie ein Handy ein Beziehungsdrama eskalieren lässt
Justiz Eine 42-Jährige aus Donauwörth ist wegen vier Delikten angeklagt. Welche Rolle dabei ihre Kinder spielen
Donauwörth Beziehungsstreit, Diebstähle und häusliche Gewalt sind bei Verhandlungen am Amtsgericht an der Tagesordnung. Dass eine Mutter ihre beiden minderjährigen Kinder zu Falschaussagen und gefährlicher Körperverletzung anstiftet, ist jedoch nicht alltäglich. Unter anderem deshalb musste sich eine 42-Jährige aus Donauwörth nun vor dem Nördlinger Amtsgericht verantworten.
Die zweifache Mutter war angeklagt, im Mai des vergangenen Jahres ihren Lebensgefährten eines Diebstahls bezichtigt zu haben. Er habe ihrer damals neunjährigen Tochter das Handy gewaltsam gestohlen. Daraufhin zeigte ihn die Angeklagte an, obwohl er das Mobiltelefon gekauft hatte. Der 36-Jährige wurde festgenommen und stand bereits kurz vor einer Anhörung vor Gericht. Schließlich retteten ihn die Aussagen zweier zehnjähriger Nachbarsbuben. Diese sagten der Polizei, dass sie von der Angeklagten angestiftet worden seien, den Diebstahl des Handys zu bezeugen, obwohl sie nicht dabei waren.
Bereits einen Tag später wurde die 42-Jährige wieder straffällig. Vor einem Kindergarten in der Großen Kreisstadt begegnete sie der Schwester ihres Lebensgefährten. Wohl noch aufgebracht von den Ereignissen des Vortages schlug sie mit einem eigroßen Stein und Fäusten auf die Unbeteiligte ein. Diese erlitt durch den Angriff ein Schädel-Hirn-Trauma und in der Folge einen epileptischen Anfall. Obwohl die Aussagen der beiden Opfer und der Polizisten die Vorwürfe aus der Anklage stützten, ließ die Beschuldigte durch ihren Rechtsanwalt Bernd Scharinger verlauten, dass sie bei ihrem Standpunkt bleibe und sie diejenige gewesen sei, die angegriffen wurde. Dieses uneinsichtige Verhalten verleitete den Vorsitzenden Richter Helmut Beyschlag dazu, mehrmals und zum Teil lautstark an die Vernunft der Mutter zu appellieren: „Ich empfehle Ihnen einen Strategiewechsel, denn Kinder zu instrumentalisieren gefällt mir nicht besonders gut.“Doch trotz dreier Unterbrechungen und Beratungen mit ihrem Verteidiger blieb die Frau bei ihren Versionen. Nur beim dritten Vorwurf knickte sie letztlich ein: Im Dezember vergangenen Jahres gab es erneut Streit zwischen ihr und ihrem Lebensgefährten. Er soll sie gepackt haben. Daraufhin habe die Angeklagte ihrer neunjährigen Tochter auf Russisch zugerufen, das Pfefferspray zu holen. Tatsächlich handelte die Tochter und besprühte den 36-Jährigen. Erneut gab die Beschuldigte an, dass sich die Szenerie genau andersherum abgespielt hätte. Später behauptete sie, dass die Tochter eigenständig gehandelt hätte. Erst im Gerichtssaal gestand sie, ihr Kind angestiftet zu haben. Nach einigem Hin und Her verzichtete sie darauf, die involvierten Kinder als Zeugen aufrufen zu lassen.
Staatsanwältin Katja Baues hatte keine Zweifel daran, dass die Anklage zutrifft: „Warum sollten die beiden Nachbarsbuben lügen? Sie wurden ganz klar von der Angeklagten instrumentalisiert.“Die Taten seien schwerwiegende Eingriffe in die Persönlichkeit der Opfer gewesen. „Ihre komplizierte Beziehung hat sie auf dem Rücken der Polizei, Unschuldiger und ihrer eigenen Kinder ausgetragen.“Baues plädierte für eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten. Verteidiger Scharinger verwies auf die schwierigen persönlichen Verhältnisse: „Meine Mandantin ist an einen Mann geraten, von dem sie nicht loskommt. Das sind für mich besondere Umstände, die eine Bewährung rechtfertigen.“Die Angeklagte beteuerte, sich in Zukunft von der Familie ihres temporären Lebensgefährten fernhalten zu wollen. Sie werde seit Jahren geschlagen und habe sich nicht mehr anders zu helfen gewusst.
Das Gericht schloss sich gänzlich der Forderung der Staatsanwaltschaft an und verurteilte die 42-Jährige wegen gefährlicher Körperverletzung, falscher Verdächtigung und Anstiftung zu zwei Jahren und vier Monaten. „Die Täterin hatte einen perfiden Plan, ihren Freund ins Gefängnis zu bringen. Das stellt einen massiven Angriff auf die Rechtsordnung dar. Sie hat den Rechtsstaat ausgenutzt“, begründete Beyschlag.