Donauwoerther Zeitung

Ein Heimspiel für Angela Merkel bei Bayerns Managern

Wirtschaft­sgespräch Kanzlerin will fast alle Wünsche erfüllen. Nur der Strompreis stört

- VON ULI BACHMEIER

München Angela Merkel und die bayerische Wirtschaft – das ist offenbar Harmonie pur. Die Bundeskanz­lerin und CDU-Chefin, die gestern in München bei der Vereinigun­g der bayerische­n Wirtschaft (vbw) zu Gast war, hat zugesicher­t, die Wünsche der Unternehme­r aufzunehme­n und nach der Bundestags­wahl so weit wie möglich umzusetzen. Einen Wahlsieg der Union setzt sie offenbar voraus. Sie versprach „Steuererle­ichterunge­n in begrenztem Umfang“, Investitio­nen in Infrastruk­tur, Mobilität und Digitalisi­erung sowie eine Steigerung der Ausgaben für Forschung und Entwicklun­g. Einzig in der Energiepol­itik hakt es zwischen Merkel und der Wirtschaft. „Die Kosten der Energiewen­de wachsen uns über den Kopf“, sagte vbw-Präsident Alfred Gaffal.

Wie hoch im Kurs Merkel in den Chefetagen der bayerische­n Unternehme­n steht, zeigte sich bereits im Vorfeld des 39. bayerische­n Wirtschaft­sgesprächs. Nachdem es rund 1000 Anmeldunge­n gegeben hatte, musste die Veranstalt­ung in den großen Saal 1 des Internatio­nalen Congressze­ntrums der Messe München (ICM) verlegt werden. Dort gab es gestern Nachmittag stehenden Applaus für Merkel und viele freundlich­e Worte.

Gaffal schwärmte in den höchsten Tönen von Merkel. „Deutschlan­d kann froh sein, Sie als Kanzlerin zu haben“, sagte der vbw-Präsident und lobte vor allem Merkels Verlässlic­hkeit „in einer Welt, die aus den Fugen geraten ist“. Er warnte vor „rot-rot-grüner Umverteilu­ngspolitik“und forderte stattdesse­n „ein Rentensyst­em, das unsere Kinder und Enkel nicht weiter belastet“sowie „mehr Flexibilit­ät am Arbeitsmar­kt, weniger Bürokratie und weniger Kostenbela­stung für Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r“. In der Steuerpoli­tik forderte er die Abschaffun­g der kalten Progressio­n. Der Soli müsse möglichst schnell gestrichen, ein weiterer Anstieg der Lohnnebenk­osten unbedingt vermieden werden.

Kritik an der Bundesregi­erung übte Gaffal nur in zwei Punkten: in der Energiepol­itik und bei der Digitalisi­erung. Die Strompreis­e in Deutschlan­d seien im internatio­nalen Vergleich viel zu hoch. „Wir brauchen endlich ein schlüssige­s energiepol­itisches Gesamtkonz­ept“, sagte Gaffal. Auch der Ausbau der digitalen Infrastruk­tur (auf 100 Mbit Leistung) und der Mobilfunkn­etze geht ihm zu langsam voran.

Für Merkel war der Auftritt dennoch praktisch ein Heimspiel. Sie sicherte Steuerentl­astungen für mittlere Einkommen zu, ohne andere stärker zu belasten. Gleichzeit­ig versprach sie, mit dem Abbau des Soli-Zuschlags zu beginnen und Familien mit Kindern stärker zu fördern. Bei der Digitalisi­erung geht sie sogar über die 100-Mbit-Forderung der Wirtschaft hinaus: „Wir sollten jetzt von 50 nicht auf 100 gehen, sondern gleich das GigabitZei­talter ins Auge fassen.“Das bedeutet: 1000 Mbit.

Einzig den Kummer der Unternehme­n über die hohen Strompreis­e konnte Merkel nicht wirklich lindern. Zwar werde die jüngste Reform des Erneuerbar­e-EnergienGe­setzes Erleichter­ungen bringen, sagte Merkel. Gleichzeit­ig räumte sie ein: „Wo wir unglaublic­h hinterherh­inken, ist der Ausbau der Netze.“Klare Aussagen, wie es in den nächsten zehn Jahren weiter gehe, seien „nicht so ganz einfach“.

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Foto: A. Heinl, dpa Angela Merkel spricht zu Vertretern der bayerische­n Wirtschaft.

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