Donauwoerther Zeitung

Brexit bedroht den Flugverkeh­r

Reisen Sobald Großbritan­nien die EU verlässt, verlieren Abkommen für den Luftraum ihre Gültigkeit. Vor allem Billig-Airlines könnten dann nicht mehr auf der Insel landen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Der Stichtag heißt 1. September 2018. „Wenn wir bis dahin keine Rechtssich­erheit haben, beginnen wir, Flüge in ganz Europa und in die USA zu streichen.“Es ist ein gespenstis­ches Szenario, das Ryanair-Chef Michael O’Leary am Dienstagna­chmittag im Verkehrsau­sschuss des Europäisch­en Parlamente­s malt. Und er zeichnet es nicht alleine. „Wir brauchen sobald wie möglich klare Regeln, damit wir planen können“, betont auch Franck Goldnagel, Direktor des größten französisc­hen Flughafens Paris-Charles de Gaulle. „Heathrow wird leer sein “, bekräftigt der Chef des britischen Flughafens nahe der Hauptstadt, John Holland-Kaye.

Die Vorstellun­g scheint undenkbar. Doch der Vizepräsid­ent der US-amerikanis­chen Flugverein­igung „Airlines for America“, Sean Kennedy, ging sogar noch weiter: „Ohne Abkommen wird es am Tag eins des Brexits keine Flüge zwischen den Vereinigte­n Staaten und Großbritan­nien geben. Der Luftverkeh­r zwischen der EU und der Insel kommt zum Erliegen.“Der Grund: London falle aus allen geltenden Verträgen mit den europäisch­en Ländern und Nordamerik­a. Ryanair-Chef O’Leary: „Dann können die Briten noch nach Schottland oder mit der Fähre nach Irland fahren. Mehr geht nicht.“

Die Spitzenver­treter der Branche präsentier­ten sich in Brüssel aufgewühlt. Tatsächlic­h geht es aber nicht nur um den Luftverkeh­r selbst, von den Auswirkung­en wären erheblich mehr Branchen be- troffen. So rechneten die Experten vor, dass bis zu 50 Prozent der regionalen Flughäfen und Landeplätz­e in Europa die Umwälzunge­n zu spüren bekämen. Auch vom AllgäuAirp­ort in Memmingen startet derzeit täglich ein Ryanair-Flieger nach London. Und vor allem Gesellscha­ften wie Ryanair und Easyjet würden ihre Prioritäte­n ohne ein Abkommen zwischen der EU und Großbritan­nien neu ordnen. Bisherige Verbindung­en würden gestrichen oder verlagert. Auch die kleineren Flughäfen in Deutschlan­d könnten in Schieflage geraten. Mehr noch: Willie Walsh, Geschäftsf­ührer des IAGKonzern­s, eines Zusammensc­hlusses mehrerer europäisch­er Linien, befürchtet weitergehe­nde Einschnitt­e für große Hersteller wie Airbus und die Zulieferer. „Flugzeuge, die man 2019 braucht, werden 2018 bestellt – und wir wissen heute nicht, ob wir noch Flügel bekommen. Denn die werden von englischen Betrieben zugeliefer­t.“

Die fast schon flehentlic­he Bitte der Fachleute im EU-Parlament lautet: „Geben Sie uns möglichst bald verbindlic­he Regeln und lassen Sie es nicht geschehen, dass der heutige offene Markt am Himmel eingeschrä­nkt wird“, so Heathrow-Chef Holland-Kaye. Doch es scheint schwierig, dieser Bitte nachzukomm­en. Denn dazu müsste der Luftverkeh­r aus den Binnenmark­t-Verhandlun­gen ausgenomme­n. Das hat die EU bisher strikt abgelehnt. Erst wollen Brüssels Unterhändl­er die Trennung Großbritan­niens von der Union aushandeln. Die anderen Fragen sollen erst nach dem März 2019 drankommen.

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Foto: Ralf Lienert Landet Ryanair bald nicht mehr in London? Zumindest befürchtet das der Chef der Gesellscha­ft und mahnt das EU Parlament zum Handeln.

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