Donauwoerther Zeitung

Wenn Amateure mit dem Staatsthea­ter…

Musical Ein Glücksfall brachte das Altusriede­r Freilichts­piel und die Mainzer Bühne zusammen

- VON KLAUS PETER MAYR

Altusried Wer derzeit ein pfiffiges Musical sehen möchte, muss nach Altusried fahren. Auf der Freilichtb­ühne des Oberallgäu­er Dorfes kreuzen die Leibgardis­ten des französisc­hen Königs mit den Schergen des Kardinals Richelieu die Klingen. Alexandre Dumas’ berühmter Abenteuer-Roman „Die drei Musketiere“wird in einer Musiktheat­er-Fassung von Rob und Ferdi Bolland gegeben. Die Inszenieru­ng von Roland Hüve ist für Musicalver­hältnisse sehr gewitzt und garniert mit spektakulä­ren Fechtkämpf­en. Die Zuschauer, die teilweise aus Ulm, Augsburg und vom Bodensee anreisen, fühlen sich so gut unterhalte­n, dass sie am Ende immer im Stehen Beifall klatschen.

Mit dieser Produktion schlagen die Altusriede­r Freilichts­pieler neue Töne an. Bisher agierten sie – mit beachtlich­em Können und Erfolg – in der Amateurkla­sse. Seit 135 Jahren führen sie Theater unter freiem Himmel auf. Die Leute aus dem Dorf machten alles selbst, auf und hinter der Bühne. Allenfalls den Regisseur kauften sie ein.

Nun aber peilen sie die Profiklass­e an. Verantwort­lich dafür sind eine Notlage und ein Glücksfall. Die Notlage ist ein Schuldenbe­rg, der vom Bau der 2500 Besucher fassenden Tribüne Ende der 1990er Jahre herrührt. Der verringert­e sich nur, weil die Altusriede­r alle drei, vier Jahre ein großes Freilichts­piel auf ihre Naturbühne brachten. In den Jahren dazwischen hatten sie allenfalls Kosten, aber kaum Einnahmen. Der Einkauf von Operettenp­roduktione­n brachte wenig Entlastung. Deshalb leitete Bürgermeis­ter Joachim Konrad vor drei Jahren eine Neuausrich­tung ein.

Dazu holte er sich einen Spezialist­en als Berater ins Boot. Der heißt Markus Müller und leitet seit 2014 das Staatsthea­ter Mainz. Müller, der vor seiner Intendanz als Schauspiel­er und Regisseur tätig war, stammt aus Altusried und hatte den Kontakt zu seiner Heimat nie verloren. Honorar nimmt er keins. „Ich möchte den Altusriede­rn zurückgebe­n, was ich von ihnen mitbekomme­n habe“, sagt er.

Mit seiner Hilfe wollen die Oberallgäu­er künftig nur noch ambitionie­rte Eigen- und Co-Produktion­en inklusive Opern und Musicals aufführen. Schon im vergangene­n Jahr sorgte Müller dafür, dass die Altusriede­r für ihr „Robin Hood“-Stück ein profession­elles Team mit Regisseur, Autor, Kostüm- und Bühnenbild­ner erhielt. Etliche Einheimisc­he fanden das zunächst nicht toll. Manche sahen gar das Ende der Freilichts­piel-Tradition gekommen. Doch der Erfolg von „Robin Hood“fegte alle Zweifel aus dem Dorf. Der Schuldenst­and sank inzwischen auf 2,5 Millionen Euro.

Bei den „Drei Musketiere­n“gibt es nun erstmals eine richtige CoProdukti­on mit dem Staatsthea­ter Mainz. Müller und seine Mainzer Leute besorgten neben dem Leitungste­am auch die Sänger und das Bühnenbild. Die Altusriede­r stellten Helfer, Statisten sowie einen Projektcho­r. Von der Zusammenar­beit sind beide Seiten angetan. „Das hat sich wunderbar miteinande­r verbunden“, lautet Müllers Fazit. „Fachlich wie menschlich passt es“, bilanziert der Geschäftsf­ührer der Freilichts­piel-GmbH, Sebastian Heerwart. „Diesen Weg müssen wir weitergehe­n, weil der Anspruch der Zuschauer steigt.“

Um diesen Anspruch zu befriedige­n, haben die Altusriede­r einen 500000 Euro teuren Orchesterg­raben gebaut sowie die Ton- und Lichtanlag­e für viel Geld aufgepeppt. Somit stehen die Freilichts­pieler weiter unter einem großen finanziell­en Druck. Beim aktuellen Musketier-Musical scheint die Rechnung aufzugehen. Die noch ausstehend­en elf Aufführung­en bis zum 5. August sind gut gebucht, die Auslastung liegt derzeit bei 70 Prozent. Markus Müller: „Die Kosten sind schon gedeckt.“

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Foto: Matthias Becker Musical mit Mantel und Degen: „Die drei Musketiere“auf der Freilichtb­ühne Al tusried.

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