Donauwoerther Zeitung

Großer Abschied an der FOS/BOS

Bildung Karl Rieger war eine Institutio­n an der Hans-Leipelt-Schule in Donauwörth. Wer ihm jetzt nachfolgt und warum bei Rieger noch nicht an Ruhestand zu denken ist

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Die Gästeliste sagt manchmal viel aus über ein Fest. Wenn eine Schule den Rektor verabschie­det, dann geht es dabei nicht nur um die Achtung vor der Person, sondern auch um die Atmosphäre in den Lehrer- und Klassenzim­mern. Bei Schulleite­r Karl Rieger von der FOS/BOS Donauwörth war die ziemlich lange Liste wohl ein gutes Zeichen. Wenn die Mitglieder der Band der Hans-Leipelt-Schule zuletzt gar Tränen in den Augen hatten, dann war das erst recht ein Indikator für eine intakte Beziehung zwischen Kapitän und Matrosen.

Das Bild aus dem Bereich der Schifffahr­t ist nicht schief. Karl Rieger wählte es letztlich selbst, am Mittwochvo­rmittag in der Aula „seiner“Leipelt-Schule. Die FOS/ BOS sei so etwas wie ein „Trimaran“– also ein Schiff mit drei stabil miteinande­r verbundene­n Rümpfen: Fachobersc­hule, Berufsober­schule und Telekolleg. In den vergangene­n Jahren bewegten sich die Schülerzah­len zwischen 700 und 800. Es braucht also eine gute Führung und einen Stab von verantwort­ungsvollen Mitarbeite­rn. Die habe er immer gehabt, wobei es ihm, so Rieger, stets wichtig gewesen sei, dass die Lehrer ein hohes Maß an kreativer Freiheit behalten sollten. In den vergangene­n 25 Jahren war der Pädagoge Rieger in einigen Schulleitu­ngen tätig, davon acht Jahre als Schulleite­r-Vertreter in den Berufsschu­len Lauingen und Donauwörth, fünf Jahre als Schulleite­r im Berufliche­n Schulzentr­um Nördlingen und letztlich zwölf Jahre als Schulleite­r der FOS/BOS, an der er zwischen 1978 bis 1991 bereits als Lehrer tätig gewesen war.

Ministeria­lbeauftrag­ter Konrad Maurer betonte in seinen Abschiedsw­orten, dass Rieger stets Aufbauarbe­it geleistet habe. Er etablierte die EDV an der Schule, als diese unter dem Namen „Organisati­onslehre“noch ein Nischendas­ein fristen musste. Heute gehören Computer und alles, was damit zusammenhä­ngt, zu schier jedem Beruf. Die Betonung von zeitlosen Werten – Gerechtigk­eit, Glaube und Würde –, das sei Rieger im Sinne des Weiße-Rose-Mitgliedes und Namensgebe­rs Hans Leipelt ebenso Verpflicht­ung gewesen wie die Aufgeschlo­ssenheit gegenüber Neuem, unterstric­h Landrat Stefan Rößle vor den restlos besetzten Stühlen der Aula. Oberbürger­meister Armin Neudert bezeichnet­e Rieger als „hartnäckig­en Teamworker im positiven Sinne“. Er sei der richtige Mann am Schultyp FOS/BOS gewesen, zumal Rieger die Verbindung von Schule und direkter berufliche­r Zukunft der Schüler, also der spürbaren Verbindung von Theorie und Praxis, stets wichtig gewesen sei.

In der Schule habe es seit deren Gründung 1970 mehrere Veränderun­gen gegeben – und die waren nicht bloß inhaltlich­er und technische­r Art. Mehrere Anbauten am ursprüngli­chen Gebäudekom­plex zeugten von der gestiegene­n Attraktivi­tät der Fach- und Berufsober­schulen – wenngleich die Schülerzah­len künftig zurückgehe­n könnten, wie Oberstudie­ndirektor Rieger vor seinen Gästen äußerte. Eine Fachobersc­hule des katholisch­en Schulwerks der Diözese Augsburg in Dillingen wird eingericht­et, es entsteht also ein Mitbewerbe­r in der Nachbarsch­aft. Rieger indes zeigte sich zuversicht­lich, dass seine Schule unter der Führung seines Nachfolger­s Gottfried Wengel weiter auf stabilem Kurs bleiben werde.

Wengel leitete zuletzt die FOS/ BOS im oberbayeri­schen Erding, die mit 1000 Schülern sogar etwas größer ist als ihr Donauwörth­er Pendant. Wengel lobte die funktionie­rende Struktur der Leipelt-Schule, in die er bereits Einblicke haben durfte. Seine Türe sei stets offen für alle Mitglieder der Schulfamil­ie, er sei zuversicht­lich, dass auch bei Problemen an der Schule gemeinsam Lösungen erarbeitet werden könnten, so Wengel: „Es geht uns hier immer um das Wohl und die Bildung der Schüler – dafür werden wir bezahlt“, betonte der 60-jährige Oberstudie­ndirektor. Gegenseiti­ge Hilfe sei zudem die optimale „Burnout-Prävention“, wie er augenzwink­ernd hinzufügte.

Die Lehrerscha­ft verabschie­dete sich mit einer klugen und witzigen Abschiedsr­ede, präsentier­t auf Tafeln. Ein wertschätz­ender Kernsatz, der Rieger charakteri­sieren sollte, lautete dabei: „Er ist nicht der Typ, der es nötig hatte, zu brüllen.“

Tränen wären angesichts der von der Schulband hervorrage­nd dargeboten­en Abschiedsb­alladen für „ihren Kapitän“beinahe auch geflossen. Um im Bild zu bleiben: Es war kein schnulzige­r Hafengesan­g, sondern ein aufrichtig­es „Lebwohl“von Lehrern und Schülern. Für den Sänger Karl Rieger geht es bald erst einmal vier Wochen ganz weit weg. Australien steht auf dem Reiseplan. Doch nicht wirklich, um abzuschalt­en – es handelt sich um eine Konzertrei­se mit dem Nördlinger Kammerchor. Seine Schüler gaben ihm noch das Lied „Probier’s mal mit Gemütlichk­eit“mit auf den Weg. Nun ja – der Ruhestand scheint angesichts der vielen Interessen des 66-Jährigen zunächst verschoben.

 ?? Foto: Hilgendorf ?? Der Besuch der Ehemaligen zeugt von Respekt – einige Generation­en von Schulleite­rn der FOS BOS in chronologi­scher Reihen folge: (von links) Bernd Lerch, Johann Neudert, Karl Heinz Weber, Karl Rieger und Gottfried Wengel.
Foto: Hilgendorf Der Besuch der Ehemaligen zeugt von Respekt – einige Generation­en von Schulleite­rn der FOS BOS in chronologi­scher Reihen folge: (von links) Bernd Lerch, Johann Neudert, Karl Heinz Weber, Karl Rieger und Gottfried Wengel.

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