Großer Abschied an der FOS/BOS
Bildung Karl Rieger war eine Institution an der Hans-Leipelt-Schule in Donauwörth. Wer ihm jetzt nachfolgt und warum bei Rieger noch nicht an Ruhestand zu denken ist
Donauwörth Die Gästeliste sagt manchmal viel aus über ein Fest. Wenn eine Schule den Rektor verabschiedet, dann geht es dabei nicht nur um die Achtung vor der Person, sondern auch um die Atmosphäre in den Lehrer- und Klassenzimmern. Bei Schulleiter Karl Rieger von der FOS/BOS Donauwörth war die ziemlich lange Liste wohl ein gutes Zeichen. Wenn die Mitglieder der Band der Hans-Leipelt-Schule zuletzt gar Tränen in den Augen hatten, dann war das erst recht ein Indikator für eine intakte Beziehung zwischen Kapitän und Matrosen.
Das Bild aus dem Bereich der Schifffahrt ist nicht schief. Karl Rieger wählte es letztlich selbst, am Mittwochvormittag in der Aula „seiner“Leipelt-Schule. Die FOS/ BOS sei so etwas wie ein „Trimaran“– also ein Schiff mit drei stabil miteinander verbundenen Rümpfen: Fachoberschule, Berufsoberschule und Telekolleg. In den vergangenen Jahren bewegten sich die Schülerzahlen zwischen 700 und 800. Es braucht also eine gute Führung und einen Stab von verantwortungsvollen Mitarbeitern. Die habe er immer gehabt, wobei es ihm, so Rieger, stets wichtig gewesen sei, dass die Lehrer ein hohes Maß an kreativer Freiheit behalten sollten. In den vergangenen 25 Jahren war der Pädagoge Rieger in einigen Schulleitungen tätig, davon acht Jahre als Schulleiter-Vertreter in den Berufsschulen Lauingen und Donauwörth, fünf Jahre als Schulleiter im Beruflichen Schulzentrum Nördlingen und letztlich zwölf Jahre als Schulleiter der FOS/BOS, an der er zwischen 1978 bis 1991 bereits als Lehrer tätig gewesen war.
Ministerialbeauftragter Konrad Maurer betonte in seinen Abschiedsworten, dass Rieger stets Aufbauarbeit geleistet habe. Er etablierte die EDV an der Schule, als diese unter dem Namen „Organisationslehre“noch ein Nischendasein fristen musste. Heute gehören Computer und alles, was damit zusammenhängt, zu schier jedem Beruf. Die Betonung von zeitlosen Werten – Gerechtigkeit, Glaube und Würde –, das sei Rieger im Sinne des Weiße-Rose-Mitgliedes und Namensgebers Hans Leipelt ebenso Verpflichtung gewesen wie die Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem, unterstrich Landrat Stefan Rößle vor den restlos besetzten Stühlen der Aula. Oberbürgermeister Armin Neudert bezeichnete Rieger als „hartnäckigen Teamworker im positiven Sinne“. Er sei der richtige Mann am Schultyp FOS/BOS gewesen, zumal Rieger die Verbindung von Schule und direkter beruflicher Zukunft der Schüler, also der spürbaren Verbindung von Theorie und Praxis, stets wichtig gewesen sei.
In der Schule habe es seit deren Gründung 1970 mehrere Veränderungen gegeben – und die waren nicht bloß inhaltlicher und technischer Art. Mehrere Anbauten am ursprünglichen Gebäudekomplex zeugten von der gestiegenen Attraktivität der Fach- und Berufsoberschulen – wenngleich die Schülerzahlen künftig zurückgehen könnten, wie Oberstudiendirektor Rieger vor seinen Gästen äußerte. Eine Fachoberschule des katholischen Schulwerks der Diözese Augsburg in Dillingen wird eingerichtet, es entsteht also ein Mitbewerber in der Nachbarschaft. Rieger indes zeigte sich zuversichtlich, dass seine Schule unter der Führung seines Nachfolgers Gottfried Wengel weiter auf stabilem Kurs bleiben werde.
Wengel leitete zuletzt die FOS/ BOS im oberbayerischen Erding, die mit 1000 Schülern sogar etwas größer ist als ihr Donauwörther Pendant. Wengel lobte die funktionierende Struktur der Leipelt-Schule, in die er bereits Einblicke haben durfte. Seine Türe sei stets offen für alle Mitglieder der Schulfamilie, er sei zuversichtlich, dass auch bei Problemen an der Schule gemeinsam Lösungen erarbeitet werden könnten, so Wengel: „Es geht uns hier immer um das Wohl und die Bildung der Schüler – dafür werden wir bezahlt“, betonte der 60-jährige Oberstudiendirektor. Gegenseitige Hilfe sei zudem die optimale „Burnout-Prävention“, wie er augenzwinkernd hinzufügte.
Die Lehrerschaft verabschiedete sich mit einer klugen und witzigen Abschiedsrede, präsentiert auf Tafeln. Ein wertschätzender Kernsatz, der Rieger charakterisieren sollte, lautete dabei: „Er ist nicht der Typ, der es nötig hatte, zu brüllen.“
Tränen wären angesichts der von der Schulband hervorragend dargebotenen Abschiedsballaden für „ihren Kapitän“beinahe auch geflossen. Um im Bild zu bleiben: Es war kein schnulziger Hafengesang, sondern ein aufrichtiges „Lebwohl“von Lehrern und Schülern. Für den Sänger Karl Rieger geht es bald erst einmal vier Wochen ganz weit weg. Australien steht auf dem Reiseplan. Doch nicht wirklich, um abzuschalten – es handelt sich um eine Konzertreise mit dem Nördlinger Kammerchor. Seine Schüler gaben ihm noch das Lied „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“mit auf den Weg. Nun ja – der Ruhestand scheint angesichts der vielen Interessen des 66-Jährigen zunächst verschoben.