Wo Familienbande den Erfolg ausmachen
Im Gasthof Zur gemütlichen Einkehr in Ronheim ist Familie Wagner täglich für ihre Gäste da. Ihre Geschichte ist geprägt vom Zusammenhalt aller Angehöriger. Welche besondere Rolle Vereine für den Betrieb spielen und warum der frühere Wirt schon durchs Fens
Wenn Hannelore Heiß von ihrem Anfang als Gastwirtin erzählt, muss sie lächeln. Erst 19 Jahre war sie alt, als sie ihren Mann Karl heiratete und damit auch den Betrieb mit übernahm – die Gastwirtschaft Zur gemütlichen Einkehr in Ronheim. „Die Leute aus dem Dorf haben mich schon vorher gern gehabt. Und ich hatte als Wirtin Freude, wenn Gäste kamen. Das hat mir immer gut gefallen, mich mit den Leuten zu unterhalten, das Persönliche“, erklärt die 76-Jährige.
Die Gastwirtschaft führt mit Hannelore Heiß’ Tochter Petra Wagner nun schon die vierte Generation der Familie. Alles begann mit Friedrich Eber. Nach ihm leiteten seine Tochter Sofie und ihr Mann Friedrich Heiß den Betrieb, bevor sie ihn an ihren Sohn Karl und seine Frau Hannelore übergaben. Für die junge Frau damals eine große Umstellung, und doch sagt sie: „Die Wirtschaft war mein Leben!“Allmählich sei sie einfach in den Betrieb hineingewachsen. Und so saß sie bei den Gästen, unterhielt sich und schenkte aus. „Einmal fragte mich ein Gast, wer der größte Depp im Dorf ist. Er sagte, das sei ich, weil ich erst ins Bett gehen kann, wenn er ausgetrunken hat. Damals habe ich das nicht ganz verstanden, aber nach über 47 Jahren schon“, sagt Hannelore Heiß schmunzelnd.
Da die „Einkehr“schon die Großeltern ihres Mannes betrieben hatten und das Gebäude dementsprechend alt war, kamen Hannelore und Karl Heiß irgendwann nicht mehr um einen Umbau herum – beziehungsweise einen Abriss. Das war auch bitter nötig. Ursprünglich war sogar die Toilette noch draußen auf dem Hof.
So musste der alte Saal 1982 einem neuen Gebäude weichen, mit Wohnhaus und Gasträumen. Der Betrieb ging aber dennoch weiter. Erst wurde der hintere Teil des Saals abgerissen, vorne wurde weiterhin die Wirtschaft betrieben. Als dann der vordere Teil dran war, wich man eben in den Keller aus. „Der Betrieb lief für die Stammgäste im Schützenraum im Keller“, erklärt Petra Wagner und ihre Mutter fügt hinzu: „Wir hatten nie zu, immer ging es weiter.“
Dafür hatte die Familie auch ein paar Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen, wie Heiß sich erinnert: „Unser Schlafzimmer war im Obergeschoss des Hauses. Wir mussten ein halbes Jahr lang mit einer Leiter von außen durch das Fenster klettern, um hineinzugelangen. Mein Mann hatte sich zu der Zeit den Fuß gebrochen und musste dann mitsamt seinem Gips die Leiter hinauf.“
Alle Widrigkeiten nahm die Familie Heiß für den Betrieb und die Gäste in Kauf. Urlaub gab es für sie nicht – bis zum Sommer 2000. Mit einigen Freunden vom Fischerverein aus Donauwörth, die der „Einkehr“seit Jahren die Treue hielten, unternahmen Hannelore und Karl Heiß eine dreitägige Fahrt in den Bayerischen Wald. Was die beiden nicht wussten: Ihre vier Kinder hatten die Fahrt gemeinsam mit den Fischern geplant, um in Abwesenheit der Eltern heimlich ein großes Fest zum 40. Hochzeitstag der beiden zu organisieren.
150 Leute waren gekommen, um zwei Tage lang mit dem Ehepaar Heiß zu feiern. „Die Leute hatten bei uns gegrillt. Als wir wieder in Ronheim ankamen, sah ich von der Ferne den Rauch aus unserem Hof aufsteigen und dachte schon, es brennt!“, erinnert sich Hannelore Heiß lachend. „Wir wollten unseren Eltern etwas Gutes tun, darum haben wir das Fest organisiert“, erklärt Petra Wagner.
2007 übernahm diese den Betrieb, der – wenngleich nicht mehr mit Vieh – immer noch aus Gastwirtschaft und Land bestand. Die Fleischereifachverkäuferin hatte nebenher bereits häufig bedient, etwa in Diskotheken. Dadurch hatte sie bereits die Affinität zur Arbeit im elterlichen Betrieb. Ihr Mann Bernd war als Isolierer selbstständig, womit schnell klar war, dass sie die Gastwirtschaft leiten würde.
Für die Familie Wagner ist es heute leichter, Urlaub zu machen oder etwas Freizeit einzuplanen als noch für Hannelore und Karl Heiß. Doch eines bleibt gleich, die Gastwirtschaft wird deswegen nicht geschlossen. Denn in der Familie helfen alle zusammen. „Wenn wir wegfahren, überbrückt diese Zeit die Familie. Jeder hilft mit, wenn Not am Mann ist. Meine Kinder, meine Geschwister und sogar schon deren Kinder. Mittlerweile auch die Frau beziehungsweise Freundin unserer Söhne Dominik und André“, sagt Petra Wagner sichtlich stolz. Es sei wirklich außergewöhnlich, dass die ganze Familie so gut zusammenarbeite.
Bei so viel Hilfe von den Angehörigen benötigt die Familie Wagner nur drei bis vier zusätzliche Kräfte auf 450-Euro-Basis. Denn wenn ein größeres Fest in Ronheim ansteht, packen ohnehin alle gemeinsam an. Dann wird die Küche der „Einkehr“etwa einigen Frauen aus dem Dorf zur Verfügung gestellt und gemeinsam wird das Essen für das Straßenfest vorbereitet. Oder die Stadtkapelle aus Harburg kommt vorbei, um die Kartoffeln für ihre Feier zu verarbeiten. „Das machen wir gerne, eine Hand wäscht eben die andere“, findet Petra Wagner.
Diese Verbundenheit mit den Vereinen der Umgebung geht weit zurück. Die Schützen aus Ronheim haben etwa schon – mit kurzer Unterbrechung wegen Vereinsauflösung – seit über 80 Jahren ihren Schießstand im Keller der „Einkehr“. Die Feuerwehr hält sogar bereits seit über 100 Jahren ihre Versammlungen und Feste in der Gastwirtschaft ab. Den durch die Aufgabe der Viehwirtschaft freigewordenen Stadl nutzt heute die Landjugend – wenn nicht gerade ein Fest darin stattfindet.
Großveranstaltungen sind es auch, die zur Leidenschaft von Petra Wagner wurden. Egal ob im heimischen Partystadl, in der Mehrzweckhalle oder im Schützenhaus in Harburg, wenn sie die Leute nicht in den eigenen Räumen unterbringt. Das Catering für solche Veranstaltungen macht ihr besonders Spaß, sagt sie. Zumal das auch lohnenswerter sei als das normale Tagesgeschäft in der Gastwirtschaft.
Das Kochen übernehmen dann Petra Wagner selbst, ihre Mutter Hannelore oder gelegentlich auch mal Sohn Dominik. „Gutbürgerlich“wird bei den Wagners gekocht, gemäß einer Dorfwirtschaft eben. Einen Ruhetag gibt es nicht, da bleibt auch nicht viel Raum für Freizeitaktivitäten, muss Petra Wagner zugeben. Ohnehin sei aber die Arbeit schon zu einer Art Hobby geworden. Dennoch versuchen sie und ihr Mann, sich jeden dritten und vierten Sonntagabend im Monat für die Familie freizuhalten. Etwa, um Zeit mit den Kindern und den beiden Enkeln zu verbringen.
Beide Söhne haben gute Jobs, helfen zwar im Betrieb mit, werden ihn aber wohl nicht übernehmen, glaubt Petra Wagner, und ihr Mann fügt hinzu: „Wir werden wohl irgendwann kürzertreten und vielleicht nur noch die vier Fremdenzimmer betreiben.“Diese sind derzeit vermietet, meist an Airbus-Mitarbeiter, die am Wochenende nach Hause pendeln oder an Lehrlinge der Firma Märker. Besonders ans Herz gewachsen ist der Familie aber Marie aus Frankreich, die ebenfalls für Airbus tätig ist. Zunächst noch ohne Deutschkenntnisse, hat sie sich mittlerweile perfekt in Ronheim integriert und ist wie eine Tochter für die Familie geworden, sagt Petra Wagner. Ohne diese Familienbande wäre der Betrieb in der Gastwirtschaft Zur gemütlichen Einkehr nur schwer vorstellbar.