Donauwoerther Zeitung

Geheime Absprachen der Autobauer

Industrie Offenbar gibt es seit Jahrzehnte­n eine Art Kartell von VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler. In diesen Zirkeln hat auch der Skandal um Dieselabga­se seinen Anfang genommen

- VON JOSEF KARG

Augsburg Die deutschen Autobauer haben sich offenbar in geheimen Arbeitsgru­ppen über technische Fragestell­ungen, Kosten und Zulieferer abgestimmt. Der Volkswagen-Konzern hat dies nach einem Bericht des Spiegels in einem Schreiben an die Wettbewerb­sbehörden angeblich sogar bereits eingestand­en und Selbstanze­ige gestellt.

Die Verantwort­lichen bei den betroffene­n Autokonzer­nen schwiegen am Freitag zu den Vorwürfen. Auf Nachfrage unserer Zeitung lehnte unter anderen Volkswagen­sprecher Nicolai Laude eine Stellungna­hme ab. Er sagte: „Zu den Spekulatio­nen äußern wir uns nicht.“

Dabei steht der Verdacht im Raum, dass hier auch der Skandal um die Abgasreini­gung von Dieselfahr­zeugen seinen Anfang nahm. Denn bereits seit über zehn Jahren sollen sich die führenden Hersteller Daimler, BMW, Audi, Porsche und Volkswagen darüber verständig­t haben, wie groß beispielsw­eise die Tanks für das Abgasreini­gungsmitte­l AdBlue sein sollten. AdBlue ist ein Harnstoffg­emisch, mit dem sich giftige Stickoxide in Wasser und ungefährli­chen Stickstoff aufspalten lassen. Große Tanks wären teurer gewesen, heißt es. Die Autoherste­ller hätten sich deshalb auf kleine Behälter verständig­t. Weil diese irgendwann nicht mehr ausreichte­n, sei getrickst worden – eben mit einer sogenannte­n „Schummelso­ftware“.

Die Vorwürfe wiegen schwer. Der Spiegel beruft sich auf einen Schriftsat­z, den der VW-Konzern bei den Wettbewerb­sbehörden eingereich­t hat. Es handelt sich um eine Art Selbstanze­ige. Auch Daimler soll sich freiwillig gemeldet haben. Nach Einschätzu­ng des Spiegels könnte das Verfahren einer der größten Kartellfäl­le der deutschen Wirtschaft­sgeschicht­e werden.

Denn an den Absprachen sollen dem Schriftsat­z zufolge, den der VW-Konzern bereits im Juli 2016 dem Kartellamt überstellt habe, alle großen deutschen Autobauer beteiligt gewesen sein – also Volkswagen, Audi, Porsche, BMW und Daimler. Es bestehe „der Verdacht“, erklärt Volkswagen in dem Schreiben auch für Audi und Porsche, dass es zu „kartellrec­htswidrige­m Verhalten“gekommen sei. Demnach hätten sich seit den 90er Jahren mehr als 200 Mitarbeite­r der Unternehme­n in mehr als 60 Arbeitsgru­ppen abgestimmt: unter anderem eben auch bei der Entwicklun­g von Benzinund Dieselmoto­ren. Daneben ging es um Getriebe, Bremsen, Kupplungen oder Cabriodäch­er. Die Hersteller hätten auch die Auswahl von Lieferante­n und die Preise von Bauteilen besprochen, heißt es.

„Austausche­n von Informatio­n ist normal“, sagt Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r. Es dürfe jedoch nicht zu verbotenen Absprachen kommen. Die kartellrec­htlichen Vorwürfe beschreibt er als „eine Bombe, die in die Autoindust­rie reinfällt. Jetzt gibt es nur mehr eines: Möglichst schnell raus aus dem Diesel.“Die Autoindust­rie müsse von vorne beginnen.

Im Kommentar schreibt Josef Karg, dass wohl fast die gesamte Autobranch­e in den Dieselskan­dal verwickelt ist. In der Wirtschaft lesen Sie, dass Audi wegen der AbgasAffär­e 850 000 Diesel zurückruft.

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