Donauwoerther Zeitung

Vom kurfürstli­chen 0RIVATBAD ZUM %RLEBNIS 2ESTAURANT

Alte Wirtshäuse­r Im Wemdinger Seebauer-Hotel Gut Wildbad erholte sich bereits der Adel. Mit Harald und Doris Seebauer führt mittlerwei­le die vierte Generation den Komplex. Weshalb Rudolf Diesel eine entscheide­nde Rolle in der Geschichte des Restaurant­s ei

- Von Fabian Kluge

Es muss kurz vor dem Ersten Weltkrieg gewesen sein, als Rudolf Diesel, Erfinder des gleichnami­gen Motors, zusammen mit Hans Seebauer vor dem Wildbad Karten spielte. Ein großes Bild, das diese Szene einfängt, hängt im Eingangsbe­reich des heutigen Hotels. Wer hier als Gast ankommt, dem wird schnell klar, dass dieses Wemdinger Anwesen eine lange Historie besitzt. Bereits im 16. und 17. Jahrhunder­t badeten die Wittelsbac­her in den Schwefelqu­ellen.

Auch in der Folgezeit waren immer wieder prominente Gäste zu Besuch im Wildbad. Dieses gefiel beispielsw­eise dem deutschen Lyriker Eduard Mörike so gut, dass er ein Bild davon malte. Noch heute finden viele Personen der Zeitgeschi­chte den Weg in die Kleinstadt. „Vor einigen Wochen haben Michael Holm und Nina Hagen bei uns übernachte­t. Das kommt also immer wieder vor“, sagt Harald Seebauer. Zusammen mit seiner Frau Doris führt er das Hotel-Restaurant in der nunmehr vierten Generation.

Seit gut 130 Jahren ist das Anwesen fest in den Händen der Seebauers. Hans Seebauer kaufte das Wildbad 1886 für 30 200 Goldmark. Dabei spielte er nicht nur mit Diesel Karten, sondern entwickelt­e zusam- mit dem Erfinder Pläne für ein neues Kurhaus, das zwischen 1895 und 1897 entstand. Doch das war nicht die einzige Verbindung mit der Familie Diesel. Während diese im Wildbad residierte, erreichte Hans Seebauer ein Telegramm vom wahrschein­lichen Tod Rudolf Diesels auf seiner Reise nach England.

Der damalige Hausherr bewirkte weitere Neuerungen. Mit seiner Gattin Margarete sorgte er unter anderem dafür, dass das Wildbad seine eigene Haltestell­e bekam. „Oft sind Gäste mit dem Sonderzug nach Augsburg ins Theater gefahren, haben dort diniert und sind spät nachts wieder zurückgefa­hren worden“, erklärt der heutige Chef. Allgemein war Hans Seebauer sehr auf das Wohl seiner Gäste bedacht. Jedes Jahr organisier­te er zwei Bälle für seine Stammkunds­chaft aus der jeweiligen Region: einen im Bayerische­n Hof in München und einen im Graf Zeppelin in Stuttgart. Schließlic­h gingen bei ihm die Familie Krupp, der Baron Tucher und die Grafen Pappenheim ein und aus.

Da im Ersten Weltkrieg der eigentlich­e Erbfolger gefallen war, übernahmen folglich Rudolf und Mathilde Seebauer Landwirtsc­haft, Gastronomi­e und Badebetrie­b. Doch zunächst wurde das große Haus – das heutige Hotel – umfunktion­iert. „Im Zweiten Weltkrieg diente es als Donauwörth­s Kreiskrank­enhaus. Deshalb wurden in den Kriegsjahr­en knifflige Geburten im Wildbad durchgefüh­rt“, sagt Harald Seebauer.

Als die amerikanis­chen Alliierten 1945 das Anwesen einnahmen, machten sie daraus ihr Hauptquart­ier und ließen das Restaurant als Partymeile wieder aufleben. Das hat sich bis heute gehalten. „Wir haben ein VIP-Zelt, in dem oft Hochzeiten stattfinde­n. Zum Restaurant gehört zudem die Heinobar“, erklärt der Chef.

Der „echte“Heino sei zwar noch nicht zu Gast gewesen, allerdings stehen im Barbereich des Gastraumes zwei originalge­treue Nachbildun­gen des Volksmusik­ers und seiner Frau Hannelore. Diese fungieren als eine Art Jukebox. Wenn sich der Gast ein Lied ausgesucht und einen Euro in den Automaten geworfen hat, erwacht das Duo zum Leben und spielt das Lied. „Wir erleben oft das Phänomen, dass junge Leute den ganzen Abend an der Bar sitzen und Heino spielen lassen“, erzählt der 51-Jährige.

Dabei lief nicht alles immer so harmonisch: 1952 kam es zur Erbmen teilung. Während sich Rudolf weiterhin um die Landwirtsc­haft kümmerte, übergab er seiner Schwester das Kurbad. Sogar der Übergang, der das heutige Hotel mit dem jetzigen Restaurant verbindet, wurde abgerissen. Erst 30 Jahre später gab es die Wiedervere­inigung: Angela und Hans-Georg Seebauer führten ab da das Wildbad in dritter Generation.

Bis Sohn Harald die Leitung übernahm, machte er Ausbildung­en zum Koch im Gregor in Augsburg und zum Hotelfachm­ann und studierte in Heidelberg Hotelbetri­ebswirtsch­aft. 1996 lernte er seine Frau Doris kennen. Mit ihr eröffnete er drei Jahre später in Oettingen ein Hotel. 2004 übernahmen sie dann das Wildbad – „an Heiligaben­d um genau 17.10 Uhr“, erinnert sich Harald Seebauer. Seitdem hat sich viel auf dem Anwesen verändert. „Wir haben alles grundlegen­d renoviert, den Wellnessbe­reich ausgebaut. Nun sind Zimmer, Restaurant und Küche auf dem neuesten Stand.“

Ein Höhepunkt, auf den die aktuelle Generation besonders stolz ist, ist der ehemalige Kuhstall. „Wie der Name schon sagt, waren damals die Kühe dort untergebra­cht. Heute bietet der Gastraum Platz für geschlosse­ne Gesellscha­ften oder Erlebnis-Essen“, erklärt Harald Seebauer stolz. Solche besonderen Feste finden dann zum Beispiel in mittelalte­rlichem Ritterambi­ente an großen Tafeln statt.

Auch sonst ist das Programm auf die Bedürfniss­e der Kundschaft ausgericht­ete, „denn unsere Gäste wollen oft etwas erleben“, betont der Wildbad-Chef. Deshalb legt die Familie großen Wert auf Show-Elemente. Neben der Heinobar gibt es zwei offene Küchen: „Gäste können also dabei zusehen, wie ihr Essen frisch zubereitet wird.“Mitten im Gastraum stehen zudem zwei Tische auf einer Schaukel.

Doch auch im Wellnessbe­reich bietet die vierte Generation einige Besonderhe­iten. „Beispielsw­eise bieten wir Kuschelwoc­henenden für Paare an. Zudem gibt es einen festangest­ellten Masseur, der unsere Gäste verwöhnt“, sagt Seebauer. In verschiede­nen Saunen, einem Hallenbad und Außenpools können Besucher die Sorgen des Alltags hinter sich lassen.

Wem der Weg zum Wellnessbe­reich zu weit ist, kann sich auch eine Suite in den oberen Etagen des ehemaligen Kuhstalls mieten. In diesen Räumen ist bereits ein kleiner Whirlpool integriert. Die Gäste, die Seebauers in ihrem Wildbad begrüßen können, sind dabei ganz unterschie­dlich. „Im Restaurant haben wir sehr viele Einheimisc­he und Hausgäste. Dazu natürlich besondere Anlässe, wie Geburtstag­e und Hochzeiten. Im Hotel übernachte­n Gruppen und Vereine, aber auch Unternehme­n, um Seminare abzuhalten“, erklärt Harald Seebauer. Mit den Wellnessgä­sten gebe es rund 15000 Übernachtu­ngen im Jahr bei 65 Zimmern.

Auch nach Harald und Doris soll das Wildbad in den Händen der Seebauers bleiben. Zwei der drei Töchter des Ehepaares lernen bereits in der Gastronomi­e. „Veronika, unsere älteste Tochter, war bereits Jahrgangsb­este im Bereich Restaurant­fachfrau. Aktuell lernt sie in Berchtesga­den Köchin“, erzählt der Chef sichtlich stolz. Tochter Katja befinde sich zudem im ersten Ausbildung­sjahr als Hotelfachf­rau. Eventuell möchte auch Nesthäkche­n Franziska in die Fußstapfen ihrer Eltern treten. „Ich habe große Hoffnung, dass meine Töchter das Wildbad eines Tages übernehmen. Wir hatten in 20 Ehe-Jahren vier Tage Urlaub. Da ist es einfach wichtig, dass es weitergeht. Sonst wären alle Mühen umsonst gewesen.“

 ?? Foto: Fabian Kluge ?? So sieht das Seebauer Hotel Gut Wildbad heute von außen aus. In dem großen Haus im Hintergrun­d befindet sich das Hotel. Wie damals ist es durch einen Übergang mit dem Kurhaus verbunden, in dem das Restaurant und der Wellnessbe­reich untergebra­cht sind.
Foto: Fabian Kluge So sieht das Seebauer Hotel Gut Wildbad heute von außen aus. In dem großen Haus im Hintergrun­d befindet sich das Hotel. Wie damals ist es durch einen Übergang mit dem Kurhaus verbunden, in dem das Restaurant und der Wellnessbe­reich untergebra­cht sind.
 ?? Foto: Seebauer ?? Diese undatierte Aufnahme zeigt das große Haus (links), das durch einen Übergang mit dem Kurhaus ver bunden ist.
Foto: Seebauer Diese undatierte Aufnahme zeigt das große Haus (links), das durch einen Übergang mit dem Kurhaus ver bunden ist.
 ?? Foto: Fabian Kluge ?? Drei Seebauer Generation­en auf einem Foto: (von links) Doris, Katja, Harald, Fran ziska, Hans Georg und Angela. Auf dem Bild fehlt Veronika.
Foto: Fabian Kluge Drei Seebauer Generation­en auf einem Foto: (von links) Doris, Katja, Harald, Fran ziska, Hans Georg und Angela. Auf dem Bild fehlt Veronika.
 ?? Foto: Fabian Kluge ?? Originalge­treue Nachbildun­gen des Volksmusik­duos Heino und Hannelore fungieren als Jukebox im Barbereich des Gastraumes.
Foto: Fabian Kluge Originalge­treue Nachbildun­gen des Volksmusik­duos Heino und Hannelore fungieren als Jukebox im Barbereich des Gastraumes.
 ?? Foto: Seebauer ?? Rudolf Diesel (links) und Hans Seebauer spielen um das Jahr 1910 im Garten vor dem Wildbad Karten.
Foto: Seebauer Rudolf Diesel (links) und Hans Seebauer spielen um das Jahr 1910 im Garten vor dem Wildbad Karten.
 ?? Foto: Seebauer ?? Hans Seebauer kaufte 1886 mit seiner Frau Margarete das Wildbad.
Foto: Seebauer Hans Seebauer kaufte 1886 mit seiner Frau Margarete das Wildbad.
 ?? Foto: Seebauer ?? Rudolf und Mathilde Seebauer mit ihren Kindern.
Foto: Seebauer Rudolf und Mathilde Seebauer mit ihren Kindern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany