Wenn unterrichten Löcher stopfen bedeutet
Bildung An der Staatlichen Realschule Rain gab es heuer mehr personelle Nöte denn je. Der Elternbeirat beklagt, die Situation gehe zulasten der Kinder. Lehrer unterrichten zum Teil aus Idealismus. Wie könnte die Lösung aussehen?
Rain/Landkreis Wenn alles normal läuft, dann kommt die Staatliche Realschule Rain mit ihren Lehrern zahlenmäßig so weit ganz gut zurecht. Dann ist der Personalschlüssel zwar nicht wirklich üppig, aber doch in Ordnung. Dann können die Kernfächer ebenso wie der Wahlunterricht ausreichend bedient werden.
Doch was ist schon normal? Zur gängigen Normalität gehören an Schulen – nicht anders als in anderen Betrieben – Personalausfälle. Das ist das übliche Szenario: Langzeitkranke, Schwangere, Frauen im Mutterschutz, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Elternzeit – alles verständliche und wichtige Gründe. Doch da läuft das Konzept in der Praxis mitunter Gefahr, in sich zusammenzubrechen. Gibt es dann zu wenige Reserven, ist ein immenser Kraftakt nötig, den Unterricht aufrechtzuerhalten. An der Realschule Rain jedenfalls mussten in diesem Schuljahr mehr Löcher gestopft werden denn je. Siebenmal sah sich die Schulleitung vor der Herausforderung, den Stundenplan zu ändern – damit verbunden den Vertretungsplan und die Sprechstunden – und dabei mit sämtlichen Lehrern zu jonglieren. Und jedes gestopfte Loch riss wieder ein neues auf. Betroffen waren stets sechs bis 14 Klassen. „Das bringt Unruhe rein“, stellt Thomas Straubinger, ein Sprecher des Elternbeirats und des Schulforums fest, „denn Schüler und Lehrer müssen sich jedes Mal wieder neu aneinander gewöhnen.“
Am Ende der krampfhaften Bemühungen, den regulären Unterricht und die Prüfungsfächer aufrechtzuerhalten, stand ein Defizit an Nebenfächern und Wahlunterricht, wie der Elternbeirat beklagt. Die mussten schlichtweg geopfert werden. Da mussten Chor, Instrumentalgruppe, die Kunst-AG, Fußball, Hauswirtschaft, Intensivierungsstunden ... schlichtweg ersatzlos gestrichen werden, so bestätigt auch Schulleiter Gerhard Härpfer auf Anfrage unserer Zeitung. Oder aber Lehrer leisten sich den Luxus, aus Idealismus über ihre geregelte und bezahlte Stundenzahl hinaus zu unterrichten, wie etwa in Rain das Fach Robotic und den IT-PowerKurs, damit nicht noch mehr ausfallen muss. „Heuer“, so Härpfer, „war es extrem. Aber wir leisten das, weil wir ja nicht mit Akten arbeiten, die dann eben liegenbleiben, sondern mit Kindern.“
„Das ist doch unzumutbar“, kritisiert der Elternbeirat, der sich an unsere Zeitung gewandt hat, „es wird immer schlimmer, und die Leidtragenden sind am Ende unsere Kinder. Längst gehöre es auch zu den üblichen Ausgaben, dass Lerndefizite durch permanenten privaten Nachhilfeunterricht ausgeglichen werden müssen, so beklagen Eltern.
Die Planstelle der Schulpsychologin an der Realschule Rain ist seit zwei Jahren verwaist. Sie ist mit einer Lehrerin besetzt, die sich derzeit in Elternzeit befindet. Das ist deren gutes Recht. Da ihr privater Lebensmittelpunkt allerdings im Großraum München liegt, hat sie ohnehin nicht vor, nach Rain zurückzukehren. Solange sie jedoch auf dem Papier zum Personalstamm der Realschule Rain gehört, bleibt die Stelle blockiert. Und wie lange das noch der Fall ist, kann niemand sagen. Die nächste Schulpsychologin für Realschulen aber hat ihren Sitz in Wertingen. Sie betreut darüber hinaus Rain, Wemding und Wallerstein. Eine Situation, die der Elternbeirat nicht hinnehmbar findet.
Wie sieht die Lösung aus für personelle Probleme, wie sie etwa an der Realschule Rain den Unterricht erschweren? Gerhard Härpfer hält die integrierte Lehrerreserve – also zusätzliche Pädagogen an der Schule, die ganz nach Bedarf eingesetzt werden können – für ein probates Mittel. „Die müsste man allerdings so weit ausbauen, dass wir zwei Lehrer in der Hinterhand haben.“Das würde etwa 48 bis 50 Lehrerstunden bedeuten – derzeit hat die Realschule Rain 21 vom Kulturministerium zugestanden bekommen. „Der Weg ist der richtige“, so Schulleiter Härpfer, „aber die Anzahl ist viel zu gering.“
Diese Forderung unterstützt auch der Landeselternverband der bayerischen Realschulen. Wie dessen Vorsitzende Andrea Nüßlein unserer Zeitung sagte, „fordern wir definitiv mehr Lehrer, im Durchschnitt mindestens einen weiteren an jeder der 238 staatlichen Realschulen.“
Das Kultusministerium, das dieses Instrumentarium der integrierten Reserve 2013/14 eingeführt hat, ist durchaus bestrebt, hier anzuknüpfen. Pressesprecher Ludwig Ungerer erklärte gegenüber der DZ, ein Ausbau sei im Rahmen des Bildungspakets für die Jahre 2018 und 2019 bereits vorgesehen. Insgesamt gehe es nochmals um 100 Stellen und damit um 2400 Lehrerstunden. Wie diese verteilt werden, ist derzeit nicht bekannt. »Kommentar