Donauwoerther Zeitung

Als die Franzosen eine französisc­he Stadt zerbombten

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Viel von ihrer Pracht ist in diesen Sommertage­n nicht mehr übrig: Die gotische Basilika von St.Quentin in der Picardie ist nach gut 300 Granattref­fern seit Beginn des Krieges weitgehend zerstört. Schon im April haben die britische und die französisc­he Armee die Stadt und das Gotteshaus heftig unter Beschuss genommen. Denn die Deutschen hatten sich schon kurz nach Kriegsbegi­nn hier festgesetz­t.

In der wechselvol­len Beziehung zwischen den beiden Ländern hat die Stadt schon einmal eine besondere Rolle gespielt. 1870, beim letzten großen Krieg zwischen den Nachbarn, haben ihre Bewohner die Preußen in einer heroischen, letzten Endes aber sinnlosen Aktion aus der Stadt gejagt. Aber nicht für lange: Bei der nächsten Offensive sind die Deutschen wieder siegreich einmarschi­ert. Diesmal ist alles etwas anders. Zum einen dauert die deutsche Okkupation nun Jahre. St. Quentin ist seit dem Frühjahr Teil der Siegfrieds­linie, so heißt die Defensivst­ellung der Deutschen, die von Arras im Norden bis Soissons südlich reicht. Um der erwarteten Offensive der Alliierten zuvorzukom­men und die Verluste aus der verheerend­en Somme-Schlacht teilweise auszugleic­hen, haben die Deutschen in der Operation „Alberich“die Front begradigt. Die arbeitsfäh­ige Bevölkerun­g wurde zwangsumge­siedelt, im aufgegeben­en Gebiet alles zerstört, was dem Gegner nutzen könnte. Die Siegfriedl­inie hält. Bis zum Oktober 1918. Als der Entente der Druchbruch gelingt, wird bald darauf der Krieg zu Ende sein.

Der zweite Unterschie­d zu 1870 ist, dass St. Quentin nach dieser Besetzung in Trümmern liegt. Die Basilika ist nicht einfach eine Kirche. Über 300 Jahre wurde an ihr gebaut, mit ihrer für die Stadt fast überdimens­ionierten Größe ist sie ein Anker für die Identität der Menschen hier. Die deutsche Propaganda nutzt die Bilder ohne Hemmungen. Erst 1956 wird die wiederaufg­ebaute Kirche erneut geweiht. (maz-)

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