Wirft die Sperrung Schatten voraus?
Einzelhandel Bäckerei Hierl verlässt Donauwörth. Ein gewichtiger Grund sei die Großbaustelle
Donauwörth Der ältere Herr, der mit seinem Rad vor dem Eingang zum Bäcker Hierl an der Dillinger Straße hält, zeigt ein ziemlich überraschtes Gesicht. So wie einige andere Kunden auch, die einen verwunderten Blick auf das leuchtend gelbe Plakat werfen: Ab sofort sei geschlossen, steht da in großen Lettern. Das Unternehmen aus Ellgau (Kreis Augsburg) bedankt sich für die Treue seiner Kunden – mit dem Hinweis, man ziehe nun nach Bäumenheim.
Die Schließung in Donauwörth hänge, so schildert es Geschäftsführerin Michaela Hierl, unmittelbar mit der sechswöchigen Sperrung der Dillinger Straße zusammen. Wenn eine solche Maßnahme einer Kommune beschlossen wird, dann trifft dies auch die Privatbetriebe. Wirft das Projekt Dillinger Straße nun also doch auch Schatten voraus?
Michaela Hierl macht keinen Hehl daraus, dass die Sperrung der Dillinger Straße, die morgen beginnt und nach Aussagen der Stadt sechs Wochen dauern wird, Grund und Anlass für die Entscheidung sei: „Diese sechs Wochen würden uns dort den Kopf kosten.“Man könne den Betrieb während dieser langen Zeit auch in eingeschränkter Form – etwa mit nur einer Kraft – nicht stemmen. Es sei davon auszugehen, dass ein großer Teil der Kundschaft bei einer Straßensperrung fernbliebe beziehungsweise die Konkurrenz aufsuche.
Die zieht übrigens auch in das große Gebäude, das gegenüber der Hierl-Filiale an der Dillinger Straße entsteht und voraussichtlich im Herbst eröffnet wird. Das Nahversorgungszentrum ist ein weiterer Grund für den Entschluss Hierls. Dort werde, wie Stadtbaumeister Kay Wannick informiert, der Augsburger Großbäcker Ihle einziehen, zudem entstehe in dem Zentrum ein weiterer Backshop beim neuen Edeka-Markt. Darüber hinaus sind die Bäckerei Hummel als etablierter Familienbetrieb sowie ein weiterer Ihle im Woha-Center seit jeher fußläufig erreichbar.
Bereits im Zuge der Planungen zum neuen Nahversorgungszen- trum gab es Bedenken zu möglichen Kannibalisierungseffekten. Davor haben vor allem Gewerbetreibende der Reichsstraße gewarnt. Zuletzt drang die Nachricht durch, dass die Drogerie Müller ihre Filiale in der Altstadt aufgibt und in den großen Neubau in Bahnhofsgegend zieht (wir berichteten). Kritiker hatten dafür plädiert, dass an der Dillinger Straße leistbare Mietwohnungen dringender benötigt würden als weitere neue Einzelhandelsflächen, die der Kernstadt zwar Konkurrenz machten, aber eben kein gänzlich neues Gewerbe anzögen.
Michaela Hierl erwähnt ein weiteres Problem, das wohl auch andere hiesige Gewerbetreibende betrifft. Die Miete sei zuletzt angestiegen – in der Zusammenschau habe man diese beiden größeren Lasten trotz großer Beliebtheit des weitläufigen Cafés mit Bistro nicht tragen wollen.
„Die Mitarbeiter stehen Gott sei Dank nicht auf der Straße“, sagt Hierl – man habe sich mit einigen geeinigt, in anderen Filialen unterzukommen; andere hätten von sich aus angekündigt, sich nach neuen Stellen umzusehen. Allemal sei ihr der Entschluss schwergefallen: „Bei uns sind Tränen geflossen.“Donauwörth habe ihr stets am Herzen gelegen, sagt die Geschäftsführerin: „Es war ja auch die größte unserer sieben Filialen.“Christiane Kickum, Geschäftsführerin der City-Initiative Donauwörth (CID), erklärt, dass sie überrascht sei ob der Entscheidung Hierls. Sie meint aber auch, dass die Möglichkeiten der Kommunen beschränkt seien, Lasten der Betriebe bei Straßensperrungen abzufedern. Allerdings habe sich auch vor dem Entschluss Hierls zum Umzug nach Bäumenheim niemand fragend an die CID gewandt.
Indes betont Stadtbaumeister Wannick, dass der Zugang zum Geschäftshaus Atrium, in welchem die Bäckerei untergebracht war, auch während der Straßensperrung gewährleistet sei – „wenn auch in eingeschränkter Form.“Sowohl die Wohnungen als auch die Gemeinschaftspraxis Atrium-Docs sowie die Tiefgarage seien erreichbar, wenngleich Wannick zugibt, dass es freilich Behinderungen gebe.