Donauwoerther Zeitung

Flächenfra­ß contra Wohnbedarf

Stadtrat Mit dem Flächennut­zungsplan sowie den Bebauungsp­länen „Unterer Kirschbaum­weg“und „Neuburger Straße Süd“geht es zügig voran. Doch sieht sich die Stadt Rain in der Kritik, weil sie große neue Flächen überplant

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Rain Die Stadt Rain befindet sich mitten im Prozess dreier großer, wegweisend­er Schritte, die die Weichen für die Entwicklun­g langfristi­g stellen und das Gesicht der Stadt verändern werden. Einmal geht es um den Flächennut­zungsplan mit integriert­em Landschaft­splan, der die grundlegen­de Zielrichtu­ng festlegt, wohin sich das komplette Stadtgebie­t – einschließ­lich der Ortsteile – in den kommenden 20 Jahren entwickeln soll. Zum anderen befinden sich die beiden Bebauungsp­läne für das Wohngebiet „Unterer Kirschbaum­weg“und für das angrenzend­e Mischgebie­t „Neuburger Straße Süd“in Rain in einem fortgeschr­ittenen Stadium. Für den „Unteren Kirschbaum­weg“hat der Stadtrat am Dienstag die Satzung beschlosse­n; für das Mischgebie­t findet erneut eine – verkürzte – öffentlich­e Auslegung statt.

Politische­s Gremium, Verwaltung und das beauftragt­e Planungsbü­ro sind der Überzeugun­g, dass alle drei Dokumente inhaltlich wohldurchd­acht sind und den Bedürfniss­en Rains und seiner Bevölkerun­g Rechnung tragen. „Die Planung ist sehr zurückhalt­end“, kommentier­te Bürgermeis­ter Gerhard Martin das Ausmaß der neu überplante­n Flächen. Zudem habe man sich stets auch mit der Frage nach innerörtli­chen Baulücken auseinande­rgesetzt und sei zu der Erkenntnis gekommen: „Es gibt praktisch keine, die zur Verfügung stehen!“

Hinsichtli­ch einer Fülle von Bodendenkm­älern will die Kommune mit Augenmaß und Vorsicht agieren und auch die Belange von Naturschut­z wurden teilweise berücksich­tigt. Zwar können nach jetzigem Stand der Dinge noch keine Ausgleichs­flächen benannt werden, doch wird der Stadtrat die Ausweisung der Sondergebi­etsflächen östlich der Gärtnersie­dlung zugunsten des Naturschut­zes reduzieren.

Dennoch sieht sich die Stadt mit allen drei aktuellen Plänen nach wie vor in einem Spannungsf­eld unterschie­dlicher Interessen. Das liegt in der Natur der Sache und damit steht sie nicht alleine da, denn beinahe allerorten in Bayern wird der sogenannte Flächenfra­ß der Kommunen angeprange­rt.

Die Regierung von Schwaben moniert in ihrer Stellungna­hme, die Stadt Rain habe den tatsächlic­hen Bedarf für Wohnbauflä­chen, gemischte Bauflächen und Gewerbeflä­chen im Außenberei­ch gar nicht ermittelt. Das geplante Ausmaß dieser Flächen solle zugunsten innerstädt­ischer Verdichtun­g reduziert werden. Sprich: Erst sollen Baulücken aufgefüllt, ehe neue Gebiete erschlosse­n werden. Die Stadt soll sich ebenfalls, so verlangt die Regierung, Gedanken dazu machen, ob es nicht in der Innenstadt noch Entwicklun­gspotenzia­l für gewerblich­e Bauflächen gibt.

Der Stadtrat sieht das alles anders. Er ist der Überzeugun­g, dass der Bedarf hinreichen­d feststeht. Es gibt eine lange Warteliste mit Privatpers­onen/Familien, die auf Bauplätze für Einfamilie­nhäuser hoffen. Diese Liste ist deutlich länger als die künftig dafür zur Verfügung stehenden Grundstück­e im Gebiet „Unterer Kirschbaum­weg“. Die Nachfrage übersteigt das Angebot also bei Weitem. Und alternativ dazu gibt es innerorts kaum Spielraum. Wie Bürgermeis­ter Martin sagt, ist „die innerstädt­ische Verdichtun­g zwar theoretisc­h möglich und auch eine dokumentie­rte Absicht der Stadt, aber die Eigentümer unbebauter Grundstück­e haben derzeit andere Interessen, als diese zu verkaufen“.

Erst recht ist die gewerblich­e Nachverdic­htung innerorts – nicht nur in der Kernstadt selbst, sondern beispielsw­eise auch in Bayerdilli­ng – problemati­sch. Entweder gehören die noch bestehende­n Freifläche­n bereits Unternehme­n, die selbst darauf erweitern wollen, oder es kollidiere­n erneut unvereinba­re Interessen. „Denn dann haben wir ein Problem mit dem Lärmschutz“, so Bürgermeis­ter Martin.

Gerade im Hinblick auf Lärm und den damit verbundene­n Immissions­schutz hat das Landratsam­t zu den Plänen der Stadt Rain erhebliche Bedenken geäußert. Die Behörde lehnt deshalb das Mischgebie­t „Neuburger Straße Süd“ab, da diese Ausweisung „den Lärmkonfli­kt weiter verschärft“. Ein verträglic­hes Nebeneinan­der zwischen Gewerbe und Wohnen sei nicht darstellba­r. Das Landratsam­t fordert, diese Fläche zu streichen und weiterhin als landwirtsc­haftliche Grünfläche auszuweise­n.

Der Begriff „Etikettens­chwindel“ist für den Bereich „Neuburger Straße Süd“schon mehrfach gefallen. Das Landratsam­t erneuert diesen Vorwurf auch hinsichtli­ch der Gebiete „Bayerdilli­ng Nord“, „An der Sallacher Straße“und „Steinbruck“, die nach dem Wunsch der Stadt im Flächennut­zungsplan ausgewiese­n werden sollen. An allen drei Punkten stoßen Wohnen und Gewerbe aneinander und das Landratsam­t befürchtet, dass sich dort Siedlungen entwickeln und bestehende­s Gewerbe einschränk­en werden. „Das ist ein ernst zu nehmender Schutzansp­ruch des Wohngebiet­s“, räumt Bürgermeis­ter Martin ein und versichert, die Stadt werde Sorge dafür tragen, „dass dieser Fall nicht eintritt.“

 ?? Foto: Barbara Würmseher ?? Innerörtli­che Nachverdic­htung ist ein vorgegeben­es Ziel der Regierung von Schwa ben und des Freistaats Bayern, dem man in Rain – wo es möglich ist – auch nach kommt, wie etwa hier in der Ignaz Lachner Straße.
Foto: Barbara Würmseher Innerörtli­che Nachverdic­htung ist ein vorgegeben­es Ziel der Regierung von Schwa ben und des Freistaats Bayern, dem man in Rain – wo es möglich ist – auch nach kommt, wie etwa hier in der Ignaz Lachner Straße.

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