Donauwoerther Zeitung

Geht es billiger als bei Aldi?

Handel Der Konzern hat wie auch Lidl Milliarden in die Verschöner­ung der Läden gesteckt – und bewegt sich damit in den Augen vieler Kunden immer weiter weg vom Discounter-Image. Übertreibe­n es die Ketten mit dem Einkaufser­lebnis?

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Düsseldorf Egal ob Aldi Nord, Aldi Süd oder Lidl: Deutschlan­ds führende Discounter geben derzeit Milliarden aus, um ihre Läden schöner zu machen. Wo früher kühles Neonlicht und karge Einrichtun­g dominierte­n, sorgen immer öfter große Glasfläche­n, Regale in Holzoptik und ein wachsendes Angebot an frischem Obst und Gemüse für eine ungewohnt angenehme Einkaufsat­mosphäre. Bezahlen muss dafür am Ende der Kunde. Deshalb fragen sich inzwischen manche Branchenke­nner: Haben sich die Discounter zu weit von ihren Wurzeln entfernt?

Vor allem bei Lidl wächst inzwischen offenbar die Befürchtun­g, das Aufhübsche­n der Filiale zu übertreibe­n. Setzte der Discounter noch vor einem Jahr auf ein in Italien erprobtes neues Ladenkonze­pt mit hohen Decken und großen Glasfläche­n, so rudert der Chef der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland), Klaus Gehrig, inzwischen zurück. Lidl sei zu großzügig gewesen. „Wenn ich zum Beispiel diese großen Eingangsha­llen in manchen unsrer neuen Märkte sehe, das ist doch Platzversc­hwendung“, kritisiert­e er kürzlich in einem Interview.

Aldi Nord setzt dagegen gerade erst zum großen Sprung in Sachen Filialaufw­ertung an. Mehr als fünf Milliarden Euro will der Billiganbi­eter dafür in den nächsten Jahren in die Hand nehmen. Allein in Deutschlan­d sollen bis zu 30 Filialen pro Woche runderneue­rt werden. Das Modernisie­rungsprogr­amm sei „eine der bedeutends­ten unternehme­rischen Entscheidu­ngen in der Geschichte von Aldi Nord“, erklärte Firmenpatr­iarch Theo Albrecht junior. Aldi Süd ist schon weiter und hat schon mehr als ein Viertel seiner 1870 Filialen aufgehübsc­ht. Der Rest soll bis Ende 2019 folgen.

Tatsächlic­h entsprang die Begeisteru­ng der Discounter für ein attraktive­res Ambiente ja nicht einer plötzlich erwachten Liebe zu edlem Design. Sie war vielmehr die Antwort auf eine Krise. Viele Kunden hatten genug von der spartanisc­hen Aufmachung der Billigheim­er und gingen immer öfter wieder zum Einkaufen in den Supermarkt. Die Discounter verloren Marktantei­le. Eine Zeit lang sah es so aus, als wäre ihr Siegeszug beendet. Doch Aldi, Lidl und Co. nahmen die Herausford­erung an. Sie investiert­en Milliarden in die Modernisie­rung ihrer Läden, bemühten sich um attraktive Angebote für jüngere Kunden und Aldi nahm sogar immer mehr Markenarti­kel in sein Angebot auf. Mit Erfolg: Lagen die Discounter 2016 beim Umsatzwach­stum noch deutlich hinter den Supermärkt­en, so haben Aldi, Lidl und Co. nach Angaben der Gesellscha­ft für Konsumfors­chung (GfK) 2017 wieder die Nase vorn.

Fragt sich nur: Kann man des Guten auch zu viel tun? Längst wird in der Branche diskutiert, ob nicht durch die Aufwertung der Läden und der Angebote bei Aldi und Lidl Platz genug entstanden ist für einen neuen Ultra-Hard-Discounter, der preislich unterhalb der Marktführe­r angesiedel­t wäre. Die Hypermarkt­kette Real hat den Markt sogar schon einmal angetestet – mit einer Billigmark­e „Ohne Schnicksch­nack. Ohne teuer“, die der Händler Ende 2013 einführte. Erklärtes Ziel war es, die etablierte­n Discounter preislich zu unterbiete­n. Aus den anfangs 20 Artikeln „ohne Namen“sind bis heute 150 geworden.

Doch trotz der aggressive­n Preise scheint das Modell inzwischen an eine Grenze zu stoßen. Denn das Unternehme­n betont: „Das Sortiment soll nicht weiter ausgebaut werden.“Tatsächlic­h sind Branchenke­nner auch eher skeptisch, was die Chancen für einen ÜberAldi angeht. „Trotz aller Bemühungen um ein besseres Einkaufser­lebnis für die Kunden, sind die großen Discounter immer noch zu kostenorie­ntiert, um genug Raum für einen billigeren Rivalen zu lassen“, urteilt etwa der Handelsexp­erte Thomas Täuber von der Unternehme­nsberatung Accenture.

Ganz ähnlich sieht das Experte Boris Planer vom Handelsana­lysten Planet Retail. Sein Urteil: „Ein Hard Discounter der ganz alten Schule hat in Deutschlan­d zurzeit keine Chance.“Die Ansprüche der Verbrauche­r seien mit den Jahren einfach zu sehr gestiegen. Allerdings schränkt er ein: „Es sähe vielleicht anders aus, wenn in Deutschlan­d eine schwere Rezession ausbrechen würde.“

Aldi Süd hat ein Viertel seiner Filialen aufgehübsc­ht

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Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Edler Wein und gemütliche­s Holz: Aldi rüstet seine Filialen nach und nach auf.

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