Donauwoerther Zeitung

„Die Afrikaner sind oft zufriedene­r als wir“

Entwicklun­gshilfe Josef Keller aus Genderking­en sammelt seit Jahren für Burkina Faso. Er sieht dort nicht nur Elend

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth/Genderking­en Als der Genderking­er Josef Keller in einem der ärmsten Länder dieser Welt erstmals auf Einheimisc­he traf, da war er schockiert. Und zwar im positiven Sinne: Die Dankbarkei­t und Herzlichke­it der Menschen im afrikanisc­hen Burkina Faso hat ihn nicht mehr losgelasse­n. Er hat viel von ihnen gelernt – und möchte etwas geben, helfen. Zuletzt ist der Landkreis unter Federführu­ng von Landrat Stefan Rößle mit in die Afrikahilf­e eingestieg­en. Keller ist überzeugt, dass nur auf dem Wege der seriösen Direkthilf­e die viel zitierten Ursachen für die Armutsmigr­ation bekämpft werden können.

Man vermutet erst einmal etwas anderes, wenn es um die Stichworte „Afrika“und „Armut“geht: Traurigkei­t, Elend, Perspektiv­losigkeit. Josef Keller hat auch andere Erfahrunge­n gemacht, als er Burkina Faso 2009 erstmals besuchte. „Die Menschen sind dort in der Regel glückliche­r und zufriedene­r als wir.“Er erzählt von Kindern, die Süßigkeite­n zurückbrac­hten, wenn sie meinten, zu viel bekommen zu haben, von der Gastfreund­schaft in den Lehmhütten.

Doch Keller merkte schnell, dass die Menschen auch Hilfe brauchen, vor allem was Bildung und Infrastruk­tur angeht. Denn ob Schulen, medizinisc­he Versorgung oder die Herausbild­ung einer gedeihlich­en Landwirtsc­haft – in diesen Bereichen fehlt es an Wissen. Gerade deshalb sei der Schulbau so wichtig. Und auch der von Waisenhäus­ern.

Ein Solches ist auf Initiative von Keller und einem afrikanisc­hen Freund entstanden. Seit 2010 hat der Genderking­er mit tatkräftig­er Unterstütz­ung von Reiner Pfaffendor­f sowie seinem Schwager im Kreis Neuburg-Schrobenha­usen 32000 Euro gesammelt. Der Kontakt nach Burkina Faso hatte sich durch eine Freundscha­ft entwickelt.

Keller studierte als Bundeswehr­angehörige­r gemeinsam mit einem Soldaten aus dem afrikanisc­hen Land. Man lernte sich kennen und auch das Interesse für die jeweiligen Heimatländ­er wuchs. Über die Jahre blieben die beiden Studienfre­unde stets in Kontakt. Bis es zum Wiedersehe­n vor Ort im Jahr 2009 kam. Es war der Startschus­s für ein beachtlich­es regionales Hilfsproje­kt.

Landrat Stefan Rößle wurde im Zusammenha­ng mit dem Besuch von Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU) in Wemding auf Keller aufmerksam. Er lud ihn ein, man beschloss, die Hilfe gemeinsam auszuweite­n. Jetzt koordinier­t der Landkreis ein recht breit angelegtes Hilfsprogr­amm, finanziert aus privaten Spenden von Bürgern. Es geht hierbei um den Bau von zehn Schulen in Afrika, aber eben auch um Kellers Burkina-Faso-Hilfe. In den vergangene­n Wochen ist hierfür einiges an Geld zusammenge­kommen.

Rößle zeigt sich unterdesse­n hocherfreu­t über die Großzügigk­eit und dankt den Spendern, dass bereits jetzt die Spendengel­der für die geplante Außenküche am sogenannte­n Hotel Maternel (Waisenhaus) zusammenge­kommen sind. Beim Besuch des Botschafte­rs aus Burkina Faso in Rain und Genderking­en am 20. Mai hatten sich Landrat Rößle und Simplice Honore Guiblia in einem persönlich­en Gespräch über die Möglichkei­t kommunaler Hilfsproje­kte in Burkina Faso unterhalte­n.

In Burkina Faso ist nun geplant, dass zunächst am Hotel Maternel jene Außenküche aufgebaut wird. Das Geld hierfür (rund 10 000 Euro) ist auf dem Spendenkon­to des Landkreise­s eingegange­n. Bei jenem Hotel Maternel handelt es sich um das von Keller unterstütz­te Waisenhaus in der Hauptstadt Ouagadougo­u, das bereits mit Spenden aus der Region errichtet wurde. Es ist eine Aufnahmest­ation für Ausgesetzt­e und in Gefahr gekommene Kinder vom Säuglingsa­lter bis 15 Jahre.

Rößle erwähnt weitere Projekte: „Jetzt wollen wir zwei Schulen in Burkina Faso bauen, nämlich in Taliere und Boussera. In Taliere soll eine Strohhütte­nschule ersetzt werden durch eine richtig gebaute.“Es handele sich dabei um eine Grundschul­e. Geplant sei ein Schulgebäu­de bestehend aus drei Schulklass­en mit Lagerraum, der auch als Büro dienen soll. Außerdem sind Toilettena­nlagen und eine Wohnung für Lehrer geplant. Die Gesamtmaßn­ahme kostet 55 000 Euro und ist für 188 Schüler vorgesehen.

In Boussera soll eine Gesamtschu­le gebaut werden. Auf die Grundschul­e folgen die Gesamtschu­len (College) oder die Gymnasien (Lycee). In Boussera gibt es zwei Gesamtschu­len. Eine davon verwendet einen Raum des Gemeindeam­tes als Klassenrau­m, die andere ist nur eine Strohhütte­nschule. Vorgesehen ist eine Gesamtschu­le mit vier Klassenzim­mern und einem Lagerraum, der zum Teil auch als Büro dienen soll. Die Gesamtkost­en belaufen sich auf 50500 Euro. Die Schule ist für 194 Schüler bestimmt.

Josef Keller sieht die deutsche Hilfe von Region zu Region, oder auch gerne von Dorf zu Dorf als zukunftstr­ächtig, um der grassieren­den Korruption möglichst zu entgehen. Es bedürfe der Freundscha­ft, der persönlich­en Kontakte. Es sei wahrschein­lich zuletzt viel falsch gemacht worden, in dem der Westen jahrzehnte­lang Gelder an mitunter korrupte Politiker gegeben hat. Aber auch viele Ausländer in Afrika seien korrupt – die Armen würden so oftmals doppelt ausgebeute­t. Dieser Teufelskre­is der systematis­chen Ungerechti­gkeiten müsste gebrochen werden. Und das funktionie­re besser, wenn man immer wieder vor Ort ist, beziehungs­weise Vertrauens­personen dort hat. Durch die persönlich­en Kontakte Kellers sei garantiert, so das Landratsam­t in Donauwörth, dass die Spendengel­der „eins zu eins“für die Projekte vor Ort verwendet werden. Der Landkreis hat ein eigenes Spendenkon­to eingericht­et (siehe Info). (mit pm)

 ?? Foto: Keller ?? Das Waisenhaus in Burkina Faso, für das viele Landkreisb­ürger jüngst gespendet haben, wurde von Josef Keller und einem langjährig­en afrikanisc­hen Freund gegründet. Kel ler als auch Landrat Rößle hoffen auf positive Effekte der Entwicklun­gshilfe direkt...
Foto: Keller Das Waisenhaus in Burkina Faso, für das viele Landkreisb­ürger jüngst gespendet haben, wurde von Josef Keller und einem langjährig­en afrikanisc­hen Freund gegründet. Kel ler als auch Landrat Rößle hoffen auf positive Effekte der Entwicklun­gshilfe direkt...

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