„Die Afrikaner sind oft zufriedener als wir“
Entwicklungshilfe Josef Keller aus Genderkingen sammelt seit Jahren für Burkina Faso. Er sieht dort nicht nur Elend
Donauwörth/Genderkingen Als der Genderkinger Josef Keller in einem der ärmsten Länder dieser Welt erstmals auf Einheimische traf, da war er schockiert. Und zwar im positiven Sinne: Die Dankbarkeit und Herzlichkeit der Menschen im afrikanischen Burkina Faso hat ihn nicht mehr losgelassen. Er hat viel von ihnen gelernt – und möchte etwas geben, helfen. Zuletzt ist der Landkreis unter Federführung von Landrat Stefan Rößle mit in die Afrikahilfe eingestiegen. Keller ist überzeugt, dass nur auf dem Wege der seriösen Direkthilfe die viel zitierten Ursachen für die Armutsmigration bekämpft werden können.
Man vermutet erst einmal etwas anderes, wenn es um die Stichworte „Afrika“und „Armut“geht: Traurigkeit, Elend, Perspektivlosigkeit. Josef Keller hat auch andere Erfahrungen gemacht, als er Burkina Faso 2009 erstmals besuchte. „Die Menschen sind dort in der Regel glücklicher und zufriedener als wir.“Er erzählt von Kindern, die Süßigkeiten zurückbrachten, wenn sie meinten, zu viel bekommen zu haben, von der Gastfreundschaft in den Lehmhütten.
Doch Keller merkte schnell, dass die Menschen auch Hilfe brauchen, vor allem was Bildung und Infrastruktur angeht. Denn ob Schulen, medizinische Versorgung oder die Herausbildung einer gedeihlichen Landwirtschaft – in diesen Bereichen fehlt es an Wissen. Gerade deshalb sei der Schulbau so wichtig. Und auch der von Waisenhäusern.
Ein Solches ist auf Initiative von Keller und einem afrikanischen Freund entstanden. Seit 2010 hat der Genderkinger mit tatkräftiger Unterstützung von Reiner Pfaffendorf sowie seinem Schwager im Kreis Neuburg-Schrobenhausen 32000 Euro gesammelt. Der Kontakt nach Burkina Faso hatte sich durch eine Freundschaft entwickelt.
Keller studierte als Bundeswehrangehöriger gemeinsam mit einem Soldaten aus dem afrikanischen Land. Man lernte sich kennen und auch das Interesse für die jeweiligen Heimatländer wuchs. Über die Jahre blieben die beiden Studienfreunde stets in Kontakt. Bis es zum Wiedersehen vor Ort im Jahr 2009 kam. Es war der Startschuss für ein beachtliches regionales Hilfsprojekt.
Landrat Stefan Rößle wurde im Zusammenhang mit dem Besuch von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) in Wemding auf Keller aufmerksam. Er lud ihn ein, man beschloss, die Hilfe gemeinsam auszuweiten. Jetzt koordiniert der Landkreis ein recht breit angelegtes Hilfsprogramm, finanziert aus privaten Spenden von Bürgern. Es geht hierbei um den Bau von zehn Schulen in Afrika, aber eben auch um Kellers Burkina-Faso-Hilfe. In den vergangenen Wochen ist hierfür einiges an Geld zusammengekommen.
Rößle zeigt sich unterdessen hocherfreut über die Großzügigkeit und dankt den Spendern, dass bereits jetzt die Spendengelder für die geplante Außenküche am sogenannten Hotel Maternel (Waisenhaus) zusammengekommen sind. Beim Besuch des Botschafters aus Burkina Faso in Rain und Genderkingen am 20. Mai hatten sich Landrat Rößle und Simplice Honore Guiblia in einem persönlichen Gespräch über die Möglichkeit kommunaler Hilfsprojekte in Burkina Faso unterhalten.
In Burkina Faso ist nun geplant, dass zunächst am Hotel Maternel jene Außenküche aufgebaut wird. Das Geld hierfür (rund 10 000 Euro) ist auf dem Spendenkonto des Landkreises eingegangen. Bei jenem Hotel Maternel handelt es sich um das von Keller unterstützte Waisenhaus in der Hauptstadt Ouagadougou, das bereits mit Spenden aus der Region errichtet wurde. Es ist eine Aufnahmestation für Ausgesetzte und in Gefahr gekommene Kinder vom Säuglingsalter bis 15 Jahre.
Rößle erwähnt weitere Projekte: „Jetzt wollen wir zwei Schulen in Burkina Faso bauen, nämlich in Taliere und Boussera. In Taliere soll eine Strohhüttenschule ersetzt werden durch eine richtig gebaute.“Es handele sich dabei um eine Grundschule. Geplant sei ein Schulgebäude bestehend aus drei Schulklassen mit Lagerraum, der auch als Büro dienen soll. Außerdem sind Toilettenanlagen und eine Wohnung für Lehrer geplant. Die Gesamtmaßnahme kostet 55 000 Euro und ist für 188 Schüler vorgesehen.
In Boussera soll eine Gesamtschule gebaut werden. Auf die Grundschule folgen die Gesamtschulen (College) oder die Gymnasien (Lycee). In Boussera gibt es zwei Gesamtschulen. Eine davon verwendet einen Raum des Gemeindeamtes als Klassenraum, die andere ist nur eine Strohhüttenschule. Vorgesehen ist eine Gesamtschule mit vier Klassenzimmern und einem Lagerraum, der zum Teil auch als Büro dienen soll. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 50500 Euro. Die Schule ist für 194 Schüler bestimmt.
Josef Keller sieht die deutsche Hilfe von Region zu Region, oder auch gerne von Dorf zu Dorf als zukunftsträchtig, um der grassierenden Korruption möglichst zu entgehen. Es bedürfe der Freundschaft, der persönlichen Kontakte. Es sei wahrscheinlich zuletzt viel falsch gemacht worden, in dem der Westen jahrzehntelang Gelder an mitunter korrupte Politiker gegeben hat. Aber auch viele Ausländer in Afrika seien korrupt – die Armen würden so oftmals doppelt ausgebeutet. Dieser Teufelskreis der systematischen Ungerechtigkeiten müsste gebrochen werden. Und das funktioniere besser, wenn man immer wieder vor Ort ist, beziehungsweise Vertrauenspersonen dort hat. Durch die persönlichen Kontakte Kellers sei garantiert, so das Landratsamt in Donauwörth, dass die Spendengelder „eins zu eins“für die Projekte vor Ort verwendet werden. Der Landkreis hat ein eigenes Spendenkonto eingerichtet (siehe Info). (mit pm)