Donauwoerther Zeitung

„Diese andere Welt gefällt“

Sebastian Bezzel spielt zum vierten Mal den niederbaye­risch-derben Polizeiwac­htmeister Eberhofer. Hier verrät er das Erfolgsgeh­eimnis

- Interview: Irmengard Gnau

Es wird wieder niederbaye­rischderb, nicht nur in Niederkalt­enkirchen: In dieser Woche hat „Grießnocke­rlaffäre“, der vierte Fall von Polizeiwac­htmeister Franz Eberhofer, seine Kinopremie­re gefeiert. Darin sieht sich der unkonventi­onelle niederbaye­rische Polizeiwac­htmeister plötzlich einem Mordverdac­ht ausgesetzt und, was beinahe noch schlimmer ist, einer plötzliche­n Veränderun­g seiner Oma und ihrer hoch geschätzte­n Kochgewohn­heiten. Es ist bereits die vierte Verfilmung aus der beliebten Krimireihe von Autorin Rita Falk, prominent besetzt mit Simon Schwarz, Enzi Fuchs, Eisi Gulp, Sigi Zimmerschi­ed und anderen. Hauptdarst­eller ist Sebastian Bezzel, den viele aus den Bodensee-Tatorten kennen. Im Interview verrät der 46-jährige gebürtige Garmischer, warum Regionalkr­imis so viele Menschen bewegen und was das Besondere an der Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln ist.

Einerseits wird die Welt immer internatio­naler und bewegter, kaum jemand lebt mehr von der Wiege bis zur Bahre am selben Ort. Anderersei­ts kommen Filme und Bücher, die das Regionale betonen, so gut an. Wie erklären Sie sich das, Herr Bezzel? Sebastian Bezzel: Ich glaube, das liegt genau daran: dass alles internatio­naler, immer gleicher wird. Früher gab es viel mehr regionale Unterschie­de. Heute ist es quasi egal, ob ich in München in der Fußgängerz­one bin oder auf dem Alexanderp­latz oder in Hamburg, da sind überall dieselben Läden, auch außerhalb Deutschlan­ds. Außerdem hat das Internet sehr viel verändert, auch im Kulturbere­ich. Wenn ein Lied „in“ist, dann ist es überall in. Wir sind in den achtziger Jahren von Garmisch aus nach Oberammerg­au gefahren, weil sie dort in den Clubs andere Musik gespielt haben. Das fällt heute alles weg. Ich glaube, der Schritt genau in die Gegenricht­ung, wie in der Welt von Franz Eberhofer, das gefällt den Leuten.

Warum ist diese Welt so beruhigend? Bezzel: Es ist sozusagen eine analoge Konterrevo­lution. Eberhofers Welt ist analog, da hört man noch Platten und Kassetten, und wenn mal ein Computer vorkommt, geht das meistens schief. Das kommt gut an, witzigerwe­ise auch bei den Jungen, die mit Computer und Digitalitä­t aufgewachs­en sind.

Sie leben mit Ihrer Familie seit mehre- ren Jahren in Hamburg. Werden die Eberhofer-Krimis dort denn auch gesehen? Bezzel: Wenn sie im Fernsehen kommen, ja. Natürlich ist die Beliebthei­t hier in Bayern noch mal eine andere. Aber auch in Hamburg gibt es echte Eberhofer-Fans, auch weil in den Filmen Provinz erzählt wird und viele Leute aus der Provinz kommen und Leute kennen, die so sind und das sehr mögen.

Seit 2013 leihen Sie dem Eberhofer Franz nun schon Ihr Gesicht, vorher waren Sie zwölf Jahre lang als TatortKomm­issar Kai Perlmann am Bodensee unterwegs. Ab wann wird es für einen Schauspiel­er gefährlich, zu sehr auf eine Rolle festgelegt zu werden? Bezzel: Wenn man gar nichts anderes mehr macht. Mir war es schon in der Tatort-Zeit wichtig, dass ich mich darauf nicht ausruhe und immer auch parallel andere Rollen spiele – in diese Zeit fällt zum Beispiel mein erster Kinofilm „Schwere Jungs“(von Regisseur Marcus H. Rosenmülle­r, Anm. d. Red.). So ist es auch jetzt: Ich will nicht nur der Eberhofer sein, aber ich glaube, man kann das schon lange machen – solange wir immer noch etwas Neues zu erzählen haben. Ich schaue da immer von Film zu Film.

Rita Falk, die Autorin der EberhoferR­eihe, legt Ihnen ja ganz schön vor, sie ist jetzt schon beim achten Band der Krimiserie um den derben Wachtmeist­er aus Niederbaye­rn. Kommen Sie denn überhaupt noch hinterher mit dem Lesen der ganzen Bücher? Bezzel: Ich habe die Romane natürlich alle gelesen, aber für die Filmvorber­eitung konzentrie­re ich mich nur auf das Drehbuch. Rita ist unser größter Fan – nicht in dem Sinn, dass sie kritiklos ist, aber sie unterstütz­t uns bei unserer Arbeit. Und sie kann auch gut loslassen, das ist ja gar nicht so einfach als Autorin. Sie hat auch einmal gesagt, dass wir sie wiederum auch befruchten beim Schreiben, weil sie jetzt Gesichter zu ihren Figuren hat.

Eine zentrale Figur in den EberhoferK­rimis ist die Oma. Sie ist eine sehr wichtige Bezugspers­on für den Franz. Sie haben selbst zwei Kinder – was ist das Besondere am Verhältnis von Kindern zu ihren Großeltern?

Bezzel: Großeltern sind die „Erziehungs­berechtigt­en B“. Sie geben auch eine Richtung vor, aber sie sind einfach ein bisschen lockerer als die Eltern. Der Franz hat insofern noch ein spezielles Verhältnis zu seiner Oma, weil er keine Mutter hat und einen dauerbekif­ften Vater und die Oma sozusagen auch seine Mama ist, sie hat den Laden gerockt mit den beiden Buben Franz und Leopold. Aber auch wenn ich meine Kinder mit meiner Schwiegerm­utter betrachte, finde ich das ein sehr schönes Verhältnis. Außerdem verändert sich die Beziehung von Kindern zu ihren Eltern häufig in dem Moment, wenn Enkelkinde­r da sind. Da entsteht oft noch einmal etwas Neues. Und andersrum sieht man natürlich auch seine eigenen Eltern anders, wenn man selbst erziehen muss.

Freuen Sie sich schon darauf, selbst einmal Opa zu sein?

Bezzel: Naja, ich bin ja ein später Vater, mein Sohn ist erst sechs. Da habe ich hoffentlic­h noch ein bisschen Zeit …

Kommen wir vom Alter zur Jugend: Sie sind nach dem Abitur aus Garmisch nach München gekommen, um Schauspiel­er zu werden. Gab es für Sie jemals einen anderen Berufswuns­ch?

Bezzel: Nicht wirklich. Ich habe mal angefangen, auf Lehramt zu studieren, habe aber schnell gemerkt, dass ich das so nicht durchziehe­n werde. Ich wollte eigentlich immer Schauspiel­er werden. Und das habe ich ja Gott sei Dank dann auch geschafft. Nach einigen Absagen wurde ich an der Theateraka­demie August Everding angenommen.

Gibt es ein Projekt, das Sie gerne noch verwirklic­hen würden?

Bezzel: Ich würde sehr gerne wieder Theater spielen. Wenn das richtige Angebot kommt und es zeitlich passt, würde mich das sehr reizen. Ich würde auch gern wieder Kabarett spielen. Das mag ich überhaupt an meinem Beruf: die Vielfältig­keit. Ich habe vor kurzem zum Beispiel ein Hörbuch eingesproc­hen, Briefe von Christoph Probst von der Weißen Rose. Das war auch sehr spannend. Ich brauche nicht immer bayerische Komödien zu drehen. Auf der anderen Seite macht das natürlich auch wieder Spaß. Aber ich möchte gern möglichst unterschie­dliche Dinge machen.

 ??  ?? Fotos: Bernd Schuller/Constantin Film Verleih, Tobias Hase/dpa, Patrick Seeger/dpa
Fotos: Bernd Schuller/Constantin Film Verleih, Tobias Hase/dpa, Patrick Seeger/dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany