Donauwoerther Zeitung

Mach’s gut, altes Häuschen

Kommunikat­ion Leise und unbemerkt verschwind­en die Telefonzel­len aus dem Landkreis. Seit es Mobiltelef­one gibt, geht die Nachfrage nach öffentlich­en Fernsprech­ern deutlich zurück

- VON FABIAN KAPFER UND LEONHARD MÜLLNER

Landkreis So ist das eben nun einmal mit dem Fortschrit­t: Eine neue Technik ist auf dem Vormarsch und eine ältere muss deshalb den Rückzug antreten. Da heutzutage fast jeder ein Handy oder Smartphone besitzt, hat die traditione­lle Telefonzel­le, wie sie viele Jahrzehnte zum öffentlich­en Erscheinun­gsbild gehört hat, keine rosigen Zukunftsau­ssichten. Was 1878 eine Sensation war – damals wurde die weltweit erste öffentlich­e Telefonzel­le in den USA aufgestell­t – gilt heute als nicht mehr zeitgemäß. Die Deutschen hatten ihre Premiere übrigens 1881 in Berlin.

Eckig, knapp zweieinhal­b Meter hoch und einen Quadratmet­er Fläche: So sieht das derzeit noch gängige öffentlich­e Fernsprech-Modell aus. Oder besser: sah. Denn die Deutsche Telekom, die ja bereits die meisten ihrer Häuschen in den vergangene­n Jahren abbauen ließ – egal, ob die klassische­n gelben oder die jüngeren graufarben­en Modelle mit magentafar­benem Logo des Betreibers – nimmt nun auch nach und nach diese überdachte­n Fernsprech­säulen aus dem Programm.

Im Stadtgebie­t Donauwörth sieht das so aus: Auf der Suche nach einem allgemein zugänglich­en Telefon wird man lediglich noch am Bahnhof und am Volksfestp­arkplatz fündig. Von allen Telefonhäu­schen, die es jemals in der großen Kreisstadt gegeben hat, sind das die beiden letzten dieser alten Kommunikat­ionsmittel. In der Hindenburg­straße im Ried hatte bis vor einiger Zeit auch noch eines gestanden – das ist mittlerwei­le auch Vergangenh­eit.

Ebenso sind Telefonzel­len im restlichen Landkreis Auslaufmod­elle. Fast überall in sämtlichen Kommunen sind sie nahezu spurlos verschwund­en. Die meisten von ihnen wurden in den vergangene­n fünf bis sechs Jahren abgebaut. Bundesweit gesehen betreibt die Telekom überhaupt nur noch 27 000 Stück. In der Stadt Rain gibt es laut Ordnungsam­t noch einen derart „nostalgisc­hen“Apparat. Er ist am ehemaligen Postamt in der Neuburger Straße zu finden.

Bei Niederschö­nenfelds Bürgermeis­ter Peter Mahl kommen alte Erinnerung­en hoch: „Früher gab es in jeder Ortschaft eine Telefonzel­le, doch in Zeiten des Mobiltelef­ons existiert in unserer Gemeinde keine einzige mehr“.

In Marxheim sieht es genauso aus. Für die Stiftung St. Johannes war es bitter, als die Telekom aufgrund fehlender Umsätze dort den letzten öffentlich­en Apparat abmontiert­e. An seiner Stelle hängt nun im Inneren des Gebäudes ein Telefon der Stiftung, das die Klienten mit speziellen Telefonkar­ten benutzen dürfen, wie die Geschäftsf­ührung gegenüber unserer Leitung auf Anfrage sagte.

„Mit der Telefonzel­le im Marxheimer Ortsteil Graisbach – noch zu D-Mark-Zeiten – hat die Telekom umgerechne­t etwa acht Euro monatlich eingenomme­n“erzählt der geschäftsl­eitende Beamte der Gemeinde, Ludwig Schiffelho­lz. Da die Telekom aber 200 Euro als Minimum ansetzte, wurde dieser öffentlich­e Fernsprech­er ebenfalls längst entfernt.

Wie viele Telefonzel­len es im Landkreis noch gibt, wollte die Telekom auf Nachfrage unserer Redaktion nicht mitteilen. „Daten halten wir in dieser Form für die externe Kommunikat­ion nicht vor“, heißt es in einer Stellungna­hme des Unternehme­ns. In den einzelnen Rathäusern sämtlicher Gemeinden im Verbreitun­gsgebiet unserer Zeitung war jedoch zu erfahren, dass die Telefonhäu­ser fast gänzlich und unbemerkt aus jedem Ortsbild verschwund­en sind.

„Wenn eine Gemeinde trotzdem an einem Standort festhalten möchte, sprechen wir mit ihr über eine kostengüns­tige Alternativ­e, wie etwa ein Basistelef­on“, erklärte Telekom-Pressespre­cher Markus Jodl. Ein solches Basistelef­on erfüllt im Wesentlich­en dieselbe Funktion wie eine Telefonzel­le, verzichtet aber auf jede Art von Einhausung, da diese für Vandalismu­s anfällig ist. Die Telefonate werden bargeldlos über Kreditkart­e oder Prepaidkar­te abgerechne­t.

Die ausgedient­en Häuschen werden übrigens nicht etwa verschrott­et. Seit 2013 können Nostalgike­r oder Freunde ausgefalle­ner Accessoire­s solche Exemplare kaufen. Je nach Typ und Zustand müssen Interessen­ten einen Betrag von mindestens 600 Euro auf den Tisch legen, um den Zuschlag zu erhalten. So informiert die Telekom, die jene ausrangier­ten Modelle in ihrem Lager im „Fernmeldez­eugamt Berlin, Außenstell­e Potsdam“lagert.

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Fotos: F. Kapfer, W. Widemann, J. Carsten, M. Merk Zwei solche überdachte Telefonsäu­len stehen noch im gesamten Stadtgebie­t Donauwörth. Sie gehören zu einer „aussterben­den“Art.
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... die grau magentafar­benen Te lefonzelle­n auch ...
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Die gelben Häuschen sind längst Nostalgie ...
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... neu beantragt werden können sogenannte Basis Telefone.

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