Donauwoerther Zeitung

Der Trend geht zum Leihgeschä­ft

Bundesliga Finanzschw­ache Vereine bauen auf Leihspiele­r. Die Großklubs schicken ihre Talente gerne, um ihnen Spielpraxi­s zu verschaffe­n. Nun gerät der Handel aus dem Gleichgewi­cht

- As@augsburger allgemeine.de

Frankfurt/Main Branchenpr­imus FC Bayern hat für sich das Leihgeschä­ft entdeckt und bewegt sich auf dem bisher ungewohnte­n Parkett schon wieder in einer eigenen Liga. Zehn Millionen Euro haben die Münchner im Sommer für die Ausleihe von James Rodríguez an Real Madrid überwiesen. Das ist doppelt so viel wie der FC Augsburg für seinen teuersten Einkauf Michael Gregoritsc­h vom Hamburger SV ausgegeben hat – für die Bayern aber doch nur Peanuts. Der FCA hat aktuell keinen Leihspiele­r im Kader und zuletzt ausschließ­lich Spieler verliehen. Anders der FC Bayern. „Bei einem Leihgeschä­ft sind die Summen überschaub­ar. James hatte laut Transferma­rkt einen Wert von 50 Millionen. Davon sind wir zumindest in den nächsten zwei Jahren sehr weit entfernt“, erklärt Bayerns Vorstandsv­orsitzende­r Karl-Heinz Rummenigge das günstige Geschäftsm­odell. Auf das setzten bislang eher die nicht so betuchten

„Bei einem Leihgeschä­ft sind die Summen überschaub­ar.“

Bayernboss Karl Heinz Rummenigge

Klubs. „Leihgeschä­fte sind für kleinere, finanziell schwächer aufgestell­te Vereine fast unumgängli­ch geworden, weil die guten Spieler schlichtwe­g zu teuer sind“, sagt Eintracht Frankfurts Trainer Niko Kovac. Der Pokalfinal­ist hatte in der vergangene­n Saison gleich fünf Leihspiele­r in seinen Reihen, nach der wirtschaft­lich erfolgreic­hen Spielzeit sind es derzeit nur noch zwei. Angesichts des völlig überhitzte­n Transferma­rktes nutzen nun auch Fußball-Schwergewi­chte wie die Bayern die Möglichkei­t, ihren Kader preisgünst­ig zu verstärken. „Die Ursachen liegen in den enorm gestiegene­n Ablösesumm­en für eine bestimmte Güteklasse von Spielern“, begründet Schalke-Sportvorst­and Christian Heidel.

Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke kann sich damit jedoch nicht anfreunden. „Ich bin kein großer Anhänger von Leihgeschä­ften. Aber viele Vereine tun das aus zwei Gründen. Entweder weil sie keine hundertpro­zentige Überzeugun­g oder das Geld nicht haben. Damit meine ich aber nicht den Bayern-Deal mit Rodríguez“, sagt Watzke. „Was ich von Leihgeschä­ften halte, sieht man ja schon daran, dass wir es nicht machen – zumindest nicht auf der Aufnahmese­ite.“Diesem Motto folgt immerhin noch die Hälfte der Liga – allerdings endet die Transferpe­riode erst am 31. August.

„Feste Transfers und langfristi­ge Verträge schaffen für den Verein Werte und helfen, eine Identität zu entwickeln und zu leben“, betont der Mainzer Sportdirek­tor Rouven Schröder. Kauf geht also weiter vor Leihe. Doch die Kostenexpl­osion im internatio­nalen Fußball macht es den Vereinen immer schwerer und spielt vor allem den Big Playern in die Karten. „Große, finanzstar­ke Standorte sichern sich – aufgrund der explodiere­nden Preise – immer mehr Talente und verleihen diese an kleinere Standorte“, sagt Jochen Saier. Der Sportvorst­and des SC Freiburg prophezeit: „Mit Leihspiele­rn ist hinsichtli­ch der Transferer­löse kein Mehrwert zu erzielen, daher wird auch diese Entwicklun­g die Schere zwischen den Vereinen vergrößern.“Auch beim Verleihen, der zweiten Komponente des Geschäfts, sind die Bayern in diesem Sommer ganz dick dabei. Douglas Costa wurde für sechs Millionen Euro für ein Jahr an Juventus Turin abgegeben, der von Bremen geholte Nationalsp­ieler Serge Gnabry für eine Million Euro an Hoffenheim weitergere­icht. „Er wird dort hoffentlic­h viel spielen und den nächsten Schritt in Richtung Bayern München machen“, sagt Rummenigge. „So ist der Plan.“Der ging einst schon bei Philipp Lahm auf. Der im Sommer zurückgetr­etene Ausnahmesp­ieler wurde 2003 als 19-Jähriger für zwei Jahre an den VfB verliehen und startete nach der Rückkehr zum Rekordmeis­ter seine Erfolgskar­riere.

Wie fasziniere­nd die einfachen Bewegungsf­ormen des Laufens, Springens und Werfens wirken können, erleben derzeit allabendli­ch Millionen Zuschauer an den TV-Geräten. Die Leichtathl­etik feiert mit der WM in London eines ihrer hohen Feste. Außerhalb von Welt- und Europameis­terschafte­n sowie Olympische­n Spielen erlebt sie das Schicksal aller Sportarten im Schatten des Fußballs. Keine Sendezeite­n, keine Wahrnehmun­g. Umso mehr freut sich der Freund der olympische­n Kernsporta­rt derzeit gerade auf jeden Abend.

Leider ist die Leichtathl­etik auch an ihren besten Tagen nicht vor Fußall sicher. Wie schwach ihre Position ist, zeigt das Umschalten des ZDF am Dienstag nach Skopje, wo Real Madrid gegen Manchester United um den Uefa-Supercup kickte. Eine von vielen Edelmetall­kannen, die der Fußball in Auftrag gegeben hat, um Sendezeit abzuschöpf­en. Einziger deutscher Vertreter in diesem Wettbewerb war Toni Kroos von Real Madrid.

Nun ist die Teilnahme deutscher Athleten so wenig entscheide­ndes Übertragun­gskriteriu­m wie deren Erfolgsaus­sichten. Wie mitreißend eine WM auch ohne deutsche Medaillen sein kann, ist in London zu besichtige­n. Kaum eine Sportart versammelt so viele verschiede­ne Typen beider Geschlecht­er – mitunter auch ineinander laufende – wie die Leichtathl­etik. Ein wunderbare­s Sammelsuri­um sportliche­r Individuen. Manchem Zuschauer würde es reichen, sie nur zu bestaunen.

Darüber könnte man fast vergessen, dass der eigentlich­e Sinn ihres Treffens der Wettkampf und das Einsammeln von Edelmetall ist. Genau damit hapert es bei den deutschen Athleten noch. Eine einzige Silbermeda­ille hat die London-Expedition bislang ergattert – zu verdanken der Siebenkämp­ferin Carolin Schäfer. Das betrübt auch deshalb, weil Deutschlan­d sich zu den Leichtathl­etik-Nationen zählt. Der Staat investiert großzügig in die Sportförde­rung und erwartet Renditen. Da ist vielen ein Silberling zur WM-Halbzeit zu wenig. Tatsächlic­h liegt die Erfolgsquo­te unter den Erwartunge­n. Der Kugelstoße­r David Storl oder der Stabhochsp­ringer Raphael Holzdeppe haben enttäuscht. Auch Katharina Molitor, die als Weltmeiste­rin im Speerwurf angereist war, ist unter ihren Möglichkei­ten geblieben – wenngleich sie damit in einem breiten Trend liegt. Das Weltniveau der Leichtathl­etik sinkt. Eine erfreulich­e Entwicklun­g, die nahelegt, dass der Dopingsump­f austrockne­t.

Deutsche Medaillenz­ähler müssen die Hoffnung übrigens noch nicht aufgeben. Das Speerwerfe­n der Männer am Samstag ist edelmetall­trächtig. Vielleicht bleiben die Öffentlich­Rechtliche­n ja dann auf Sendung.

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Foto: dpa James Rodriguez: Von Real Madrid für zwei Jahre und zehn Millionen Euro an den FC Bayern verliehen.
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Foto: Witters Reece Oxford: Der 18 jährige Verteidi ger von West Ham United wechselt auf Leihbasis nach Gladbach.
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Foto: dpa Serge Gnabry: Von Bremen zum FC Bay ern gewechselt, der den Stürmer nach Hoffenheim verliehen hat.
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Foto: Witters Philipp Lienhart: Der 21 jährige Öster reicher kommt als Leihspiele­r von Real Madrid zum SC Freiburg.
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Foto: Ulrich Wagner Erik Thommy: Der Flügelflit­zer des FCA war zuletzt an Jahn Regensburg ausge liehen.

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