Donauwoerther Zeitung

Den Wolken ganz nah

Tour 17 Schüler aus dem Landkreis haben mit Fahrrädern die Alpen überquert. Wie die Vorbereitu­ngen liefen und was sie in den fünf Tagen erlebten

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Wer an Schule denkt, dem kommen Tafel und Schulbank in den Sinn. Womöglich auch negative Erinnerung­en wie schlechte Noten. Dass Lernen aber auch bedeuten kann, 245 Kilometer mit dem Fahrrad über die Alpen zu fahren, erlebten 17 Schüler des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Nördlingen in ihrem Praxissemi­nar. Wobei: Den ganzen Teil der Strecke sind die Jugendlich­en nicht mit dem Rad gefahren. „Am Geiseljoch in Österreich mussten wir unser Fahrrad schieben“, sagt Mona Hagner. Das sei ziemlich aufregend gewesen, auf der einen Seite ging es steil bergab. Die 17-Jährige war zusammen mit Lucia Fischer im Doku-Team.

„Wir waren in verschiede­ne Gruppen eingeteilt“, sagt Fischer. Neben dem Doku-Team gab es noch ein Routenplan­er-, ein Werkstatt-, ein Sponsoren- und ein PackTeam. „Ziel war es, dass wir alles selber planen“, sagt Hagner. Rund 40 Schüler hatten sich auf das Seminar beworben – 17 wurden genommen, darunter drei Mädchen.

Jede Schulwoche steckten die Schüler anderthalb Stunden in die Vorbereitu­ng der großen Tour. Außerhalb der Schulzeite­n mussten sich die Jugendlich­en in einem Fitnessstu­dio anmelden. „Wir machten Zirkeltrai­ning“, sagt Fischer. In verschiede­nen Kursen lernten die Schüler, einen platten Reifen zu flicken oder zu wechseln. „Der Alpenverei­n Nördlingen zeigte uns den richtigen Umgang mit unseren Mountainbi­kes“, erinnert sich die 18-Jährige. Zusammen mit zwei Lehrern, die die Schüler bei ihrer Alpenüberq­uerung begleitete­n, unternahme­n die Jugendlich­en mehrere Ausfahrten. Dabei wurden auch Handzeiche­n geübt, wenn beispielsw­eise Autos an unübersich­tlichen Stellen entgegenko­mmen sollten. „Man hob einen Arm und streckte den Zeigefinge­r aus, das war die Aufforderu­ng in einer Linie hintereina­nderzufahr­en“, beschreibt Hagner.

Ende Juli startete die Alpenüberq­uerung in Bad Wiessee am Tegernsee. Und bereits am ersten Tag regnete es. Auch am zweiten und dritten Tag ließ der Regen nicht nach, sogar Schnee war dabei. Zwischendu­rch sei man wortwörtli­ch in den Wolken gefahren, die sehr tief hingen. Hagner sieht die Gruppe noch genau vor sich: „Jeder von uns ist an seine Grenzen gegangen.“Vor allem eines trieb die Schüler weiter an: der Zusammenha­lt innerhalb der Gruppe. „Wir pushten uns gegenseiti­g, halfen, wo es nur ging“, sagt Fischer. Abends in den Berghütten spielten sie gemeinsam „Uno“oder „Mensch ärgere dich nicht“. Immerhin habe kaum jemand Empfang für sein Handy gehabt. Die Gruppe sei mit dem Minimum ausgekomme­n. „Es tat mal gut, nicht jeden Tag rund um die Uhr erreichbar zu sein“, erklärt die 17-jährige Hagner. Selbststän­digkeit sei das Stichwort gewesen.

Am vierten Tag schien endlich die Sonne. Auf Teer- und Schotterst­raßen schossen die Schüler bergab. „Die Jungs erreichten bei einer Abfahrt sogar 70 Stundenkil­ometer“, sagt Hagner. Die letzte Etappe am fünften Tag endete in Bozen in Süditrol. Gleich danach ging es mit dem Bus zurück. Die Anstrengun­gen der vergangene­n Tage zeigten sich, kurz nachdem sie losgefahre­n waren. „Nach zehn Minuten haben fast alle geschlafen“, sagt Fischer. Keiner hatte sich aber in den fünf Tagen verletzt oder einen Platten gehabt. Die 18-Jährige ist froh, die Alpenüberq­uerung gemacht zu haben: „Eine Erfahrung, die man so schnell nicht mehr macht.“

Anfang des kommenden Schuljahrs möchte sich die Gruppe bei den Eltern, den Lehrern und der Schulleitu­ng für die Möglichkei­t, teilzunehm­en, bedanken. Dazu organisier­en die Schüler einen Abend an der Schule, wo das Doku-Team einen Film über die Alpenüberq­uerung zeigen möchte.

Und was bleibt sonst von der Tour? „Einige Schüler haben das Radfahren für sich entdeckt“, sagt Fischer. Hagner möchte weiter ins Fitnessstu­dio gehen. Für das PraxisSemi­nar gab es keine Note, sondern Punkte, die auf dem Abschlussz­eugnis stehen werden. Fischer erklärt aber: „Bei diesem Erlebnis kann eine gute Note nicht mithalten.“Und Mona Hagner ergänzt: „Wir würden es wieder machen.“Lernen unter freiem Himmel kann wohl kaum schöner sein.

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Foto: THG Nördlingen Am Geiseljoch mussten die Schüler ihr Rad schieben. Mit 2292 Metern war dieser Teil der Überquerun­g der höchste Punkt.
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Foto: THG Nördlingen Die 17 Schüler und ihre zwei Lehrer bei einer Rast am Schlegeiss­peicher in Öster reich.
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Foto: Dworatsche­k Lucia Fischer (links) und Mona Hagner vom THG Nördlingen.

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