Donauwoerther Zeitung

Steffis zweite Chance

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger allgemeine.de

Im Fußball lernt man schnell, dass der Trainer schuld an jeder Misere ist. Wenn der Stürmersta­r seine Chancen versemmelt, hat der Trainer dessen Ego zu wenig gebauchpin­selt. Wenn sich die Abwehr löchrig wie ein Schweizer Käse präsentier­t, hat der Trainer das falsche System gewählt. Und wenn das Team ein Spiel nach dem anderen verliert, hat der Trainer die falschen Leute eingesetzt. Kommt von den Vereinsbos­sen dann der bedeutungs­schwangere Satz „Der Trainer erreicht die Mannschaft nicht mehr“, sind es bis zu seiner Entlassung oft nur noch wenige Stunden.

Steffi Jones hat ihre Mannschaft bei ihrer Feuertaufe als Bundestrai­nerin während der Europameis­terschaft in den Niederland­en nachweisli­ch nicht erreicht. Im ersten Turnier unter ihrer Führung überstande­n die Fußballeri­nnen gerade noch mit Ach und Krach die Vorrunde – im ersten K.-o.-Spiel war Schluss. Selten haben sich die erfolgsver­wöhnten deutschen Frauen, die immerhin mit einer olympische­n Goldmedail­le von Rio angereist waren, so konfus in einem Turnier präsentier­t. Welten lagen zwischen den Auftritten in Brasilien, als Erfolgstra­inerin Silvia Neid noch die Kommandos gab, und der Vorstellun­g bei der EM. Dabei ist Neids Nachfolger­in Jones gerade mal zehn Monate im Amt.

Angesichts der mageren EMVorstell­ung durften sich die Bosse vom Deutschen Fußball-Bund mit Recht die Frage stellen, ob Steffi Jones als Bundestrai­nerin überhaupt geeignet ist. Warum auch immer sie die Frage mit „Ja“beantworte­t haben – Steffi Jones darf ihren Job vorerst behalten. Sie darf bis zur WM 2019 weitermach­en, wenn es gut läuft sogar bis zu den Olympische­n Spielen 2020.

Die Bundestrai­nerin erhält damit eine Schonfrist, um die sie mancher Bundesliga-Trainer beneiden dürfte. Dort wird trotz besserer Bilanzen entlassen. Allerdings muss Jones endlich in ihren Job hineinwach­sen und schleunigs­t ihre Stürmerinn­en so bauchpinse­ln, dass sie wieder treffen. Sie muss ein System wählen, dass die Abwehr dicht macht. Und sie muss auf die richtigen Spielerinn­en setzen, damit das Team gewinnt. Eine dritte Chance wird sie ganz sicher nicht erhalten.

 ?? Foto: Carmen Jaspersen, dpa ?? Steffi Jones darf fürs Erste Bundestrai­ne rin bleiben.
Foto: Carmen Jaspersen, dpa Steffi Jones darf fürs Erste Bundestrai­ne rin bleiben.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany