Zwei Begeisterte und ihr Traum von der Musik
Porträt Heidi und Wolfgang Gabler sind die Macher der Musical-Company. Was sie bewegt und was 2018 kommt
Donauwörth/Kaisheim Der letzte Ton ist eben erst verklungen, Bühne und Technik sind abgebaut und die geliehenen Kostüme zurückgegeben, da summt es schon wieder im Hause Gabler in Kaisheim. Da werden Textbücher gewälzt, Geschichten und Kompositionen auf ihre Spielbarkeit unter die Lupe genommen, Besetzungslisten überprüft, Akkorde auf dem Flügel angeschlagen und Melodien intoniert. Das Rad dreht sich immer weiter, denn für Heidi und Wolfgang Gabler gilt das Motto: Nach dem Musical ist vor dem Musical. Die Gymnasial-Lehrer und Eheleute sind die Macher der Musical-Company am Donauwörther Gymnasium, jener fast schon legendären Truppe, die seit 1998 Jahr um Jahr Inszenierungen auf die Bühne bringt, die aufhorchen lassen. Sie sind infiziert vom Virus Musik – unheilbar – und laborieren nur zu gerne daran. Denn drei Dinge gehören zu den Leidenschaften ihres Lebens: Familie, Natur und – eben die Musik. „Diese drei sind am wichtigsten“, sagt Heidi Gabler, 61, und ihr Mann, 59, nickt zustimmend.
An diesem sonnigen Nachmittag im Garten der Gablers ist von allem etwas dabei. Tochter Feodora-Johanna Mandel – selbst auch Musikerin, Harfenistin von Beruf – ist zu Besuch mit den beiden kleinen Enkelinnen, die ihren Spaß mit Oma und Opa haben. Vom nahen Waldrand hört man Vogelgezwitscher und in den Gesprächen am Kaffeetisch dreht sich alles um Musik. Um Musik im Allgemeinen und um die Musical-Company im ganz Speziellen. Die Gablers plaudern voller Leidenschaft aus dem Nähkästchen.
Der Weg, der die beiden zur „Company“führte, scheint im Rückblick nur konsequent. Irgendwie hat er dorthin führen müssen, wo sie heute stehen. Wolfgang Gabler ist Nördlinger, Heidi Thum-Gabler stammt aus Möttingen und ihre Wege kreuzten sich, als sie Schüler am Theodor-Heuss-Gymnasium waren. „Wir sind seit Ewigkeiten zusammen“, sagen sie in großer Verbundenheit. In einer Band lernten sie sich kennen – und der Funke sprang nicht nur musikalisch über. Seitdem stecken sie zusammen. Das gemeinsame Studium, die erste Wohnung in Augsburg, Musiklehrer in Donauwörth, Familie – ihre Lebensstationen sind absolut deckungsgleich.
Umso schöner ist es für beide, auch dieses gemeinsame Kind „Company“jedes Jahr aufs Neue großzuziehen. Während Wolfgang Gabler dann stets aus der Schul-Big-Band, die er leitet, eine Combo rekrutiert, später auch Gesang und Musik zu einer Einheit fügt, sucht Heidi Gabler die Stücke aus, kümmert sich um die Besetzung der Rollen, Choreografie und Gesang und wickelt viel Organisatorisches ab, damit am Ende alle Rädchen ineinandergreifen. Sie ist diejenige, bei der alle Fäden zusammenlaufen, deren andere Enden die Schüler in Händen halten.
Heidi Gabler ist stolz auf ihre Truppe, die sich selbst mit verantwortlich fühlt. „Das Bühnenbild machen die Schüler nach Absprache in Eigenregie. Maske und Kartenservice erledigen sie fast alleine.“Überhaupt sei die Zusammenarbeit im Ensemble stets auch von viel Eigeninitiative geprägt. So bleibt es nicht aus, dass neben dem Erarbeiten des großen Gemeinschaftswerks auch Freundschaften entstehen. „Wir verstehen uns fast wie eine Familie. Wenn es einem schlecht geht, lassen wir ihn nicht fallen“, sagt Heidi Gabler, die Harmonie in der Musik wie auch im Zwischenmenschlichen braucht. Dieses Gemeinschaftsdenken ist es auch, was weit über das Abitur hinaus strahlt. „Da kommen Ehemalige zu uns, selbst wenn sie schon lange nicht mehr an der Schule sind. Sie wollen einfach diese Luft im Musiksaal atmen – die eigentlich immer schlecht ist –, wollen diese Atmosphäre wieder spüren.“
Die Musical-Company hatte ihren Anfang in einer Tanz-Arbeitsgruppe der zehnten Klasse, die Musiklehrerin Heidi Gabler leitete. „Wir haben Schlager aus den 20er-/30er-Jahren gesungen.“Das hat so viel Spaß gemacht, dass sie am Ende den – unvorsichtigen – Satz sagte: „Mit euch könnte ich auch Musical machen.“Mit Beginn des neuen Schuljahres forderten die Schüler dieses Versprechen ein und nach einer ersten Schrecksekunde ließen sich die Gablers von deren Euphorie mitreißen. „Gut, dann machen wir das“, war der Satz, der alles besiegelte.
Was folgte, waren nicht nur unzählige Überstunden, die die Gablers und ihr Ensemble gleichermaßen leisteten. Nicht nur finanzielle Überlegungen, was an Ausstattung möglich ist. Nicht nur zeitlich unglaublich enge Spielräume, etwa was Licht- und Tontechnik betrifft. In erster Linie war es jedes Mal eine ungeheure Befriedigung, Musik, Tanz, Schauspiel, Gesang, Instrumente in dieser Weise auszuleben. „Fame“war das erste Stück. Drei Vorstellungen waren angesetzt – zehn waren es am Ende, weil der Applaus es so verlangte. „Wir alle waren wie im Fieber“, erinnern sich die Gablers. Es folgten Höhepunkte wie etwa „Petticoat und Jeans“, „Joseph“, „Hair“, „Die Schöne und das Biest“, „Jesus Christ Superstar“und „Cats“. Vor allem die beiden Letzteren sind „schwierig zu singen, harmonisch und rhythmisch sehr komplex“, beschreibt Wolfgang Gabler. „Es gibt nichts, was darin nicht vorkommt.“Für die Produktion 2018 – die 20. seit Bestehen – hat seine Frau schon eine enge Auswahl getroffen. Anfang September wird feststehen, wofür sich so viele Schüler im kommenden Jahr wieder mit ganzer Leidenschaft ins Zeug legen werden.
Und wie geht es insgesamt weiter? Wenn der Ruhestand so allmählich in greifbare Nähe rückt? „Fünf Jahre, bis mein Mann pensioniert wird, können wir uns schon noch vorstellen. Aber ob es dann eine Nachfolge gibt...“Heidi Gabler kennt keine Antwort auf diese schwierige Frage. Pläne indes hat sie darüber hinaus schon. „Ich habe den großen Traum eines Projekts außerhalb der Schule“, deutet sie an. „Eine langfristige Idee im Raum Kaisheim mit ehemaligen Company-Mitgliedern.“Aber mehr will sie zum jetzigen Zeitpunkt dazu nicht verraten. Fest steht, dass es auch in einem Leben nach der Schule ohne Musik nicht gehen wird.
„Alles, was mit Musik zu tun hat, macht uns glücklich“, sagt Heidi Gabler. Und Ehemann Wolfgang ergänzt: „Und mit jungen Menschen zu arbeiten, hält uns selber jung.“
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