Massiver Widerstand gegen geplanten Nationalpark
Podiumsdiskussion Zu der Veranstaltung in Tapfheim kamen 1200 Gäste. Welche Probleme die Verbände und Interessengruppen mit den Plänen des Freistaates haben und wieso der Ministerpräsident besonders in der Kritik steht
Zu einer Veranstaltung von Gegnern des Projektes Nationalpark Donau-Auen in Tapfheim kamen 1200 Teilnehmer.
Tapfheim Rettingen Die Landwirte in der Region befürchten Probleme, falls der Naturpark Donau-Auen kommt. Auch unter den Waldbauern, Grundstücksbesitzern und Jägern ist die Skepsis groß. Ihre Sorge: Der Nationalpark könnte wesentlich größer werden als derzeit geplant. Jetzt hat sich auch im Landkreis Donau-Ries Widerstand formiert. Mehr als 1200 Demonstranten äußerten bei einer Podiumsdiskussion auf dem Hofgut der Bäldleschwaige im Tapfheimer Ortsteil Rettingen ihren Unmut.
Als mögliche Gebietskulisse für einen Auwald-Nationalpark hat das Umweltministerium etwa 3300 Hektar vornehmlich im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ausgemacht, die aber nicht als Festlegung zu verstehen ist. Das aber ist substanziell zu wenig Fläche, weil ein Nationalpark nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz mindestens 10000 Hektar umfassen soll. Das Umweltministerium schaut deshalb auch in den Landkreis Donau-Ries mit den Lech- und Donau-Auen bis Marxheim und Rain und den Staatsforsten bis Kaisheim.
Weil sie sich bei der Schaffung von Flora-Fauna-Habitaten getäuscht fühlen, haben die Betroffenen nun Sorge, dass sich der Nationalpark einmal entlang der Donau bis nach Leipheim ziehen soll. Dass der Widerstand geballt ist, zeigte sich im Festzelt auf der Bäldleschwaige. „Kein Nationalpark Donau-Auen!“, riefen die Demonstranten immer wieder. Der Tenor: Man fühle sich von der Bayerischen Staatsregierung übergangen und bevormundet. „Der Nationalpark wird nicht bei uns seine Grenze haben, sondern später fortgeführt“, mutmaßte Marxheims Bürgermeister Alois Schiegg. Seine Gemeinde soll nach den derzeitigen Planungen der Umweltbehörde am Rande des Nationalparks liegen.
Tapfheimer Bürgermeister klagt über Ideen der Staatsregierung
Markus Müller, der Leiter der Hauptgeschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Schwaben, moderierte die Kundgebung. „Von einem Dialog spüren wir nichts“, sagte Kreisobmann Karlheinz Götz. „Es wird mit allen geredet, nur nicht mit denen, die es angeht“. Die Staatsregierung spreche von einem Angebot an die Region. „Auf solche Angebote verzichten wir gerne“, so Götz. Es komme ihm so vor, als ob sich Beamte in der alle drei Jahre etwas ausdenken, um Bürgermeister wie ihn zu beschäftigen, erklärte Tapfheims Gemeindeoberhaupt Karl Malz. „Überschwemmungsgebiet, Flutpolder und jetzt der Nationalpark. Glauben die denn, dass wir nichts anderes zu tun haben, als uns mit solch unliebsamen Themen auseinanderzusetzen“, fragte er. Aus seiner Sicht gebe es genug Naturschutzgebiete, es brauche kein weiteres.
Karl-Philipp Sautter, der Betreiber der Bäldleschwaige, forderte dazu auf, „unser kleines Paradies zu verteidigen“. Für ihn als Landwirt gelte die Devise „Schützen durch Nützen“. Daran knüpfte Alois Michel an. Das genau sei auch die Devise der Forstwirte. Der Vorsitzende der Waldbauernvereinigung sprach sich gegen den Nationalpark aus. Man werde sich mit allen Kräften gegen diesen „Frevel an der Natur“wehren. Die 2000 Mitglieder seiner Vereinigung jedenfalls pfleg- ten und bewirtschafteten ihre Waldflächen so, dass „Ökologie und Naturschutz“gegeben seien.
Seinen Unmut gegen das Vorhaben formulierte auch Landtagsabgeordneter Johann Häußler (Freie Wähler). Es sei unverständlich, dass eine „so gut funktionierende Kulturin eine Nostalgie-Landschaft“umgewandelt werden solle. Ludwig Bayer aus dem Landkreis NeuburgSchrobenhausen fragte: „Wo sollen die restlichen Flächen herkommen, wenn private und kommunale Areale nicht mit einbezogen werden sollen?“Mindestens 10 000 Hektar Fläche müssten aufgebracht werden. Derzeit geplant seien 3300. Und sein Kollege Klaus Beyrer aus dem Landkreis Dillingen fügte an: „Was will man uns denn noch alles überstülpen?“
Allein im Landkreis seien sechs Naturschutz- und zwölf Landschaftsschutzgebiete, dazu noch etliche Natura- und Geotop-Flächen ausgewiesen, listete Robert OberRegierung frank auf. Der Jagdverbands-Kreisvorsitzende kritisierte die Nationalpark-Pläne hart. Er sprach von einem „Horst-Seehofer-Gedächtnisnationalpark“. In einem solchen Park, so Oberfrank, würden Bestände mittels eines umfassenden Wildtiermanagements in Verantwortung der Parkverwaltung reguliert. „Da machen wir Jäger nicht mit.“
„Verantwortungslos“nannte Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler in Bayern, die Pläne der Staatsregierung. „Herr Seehofer, beenden sie dieses Schauspiel“, forderte Aiwanger. „In Bayern gibt es zwei von 16 Nationalparks. Das wird wohl reichen“, meinte der Politiker. Während Aiwangers Ausführungen immer wieder von Applaus unterbrochen wurden, musste sich Vize-Landrat Reinhold Bittner Schmährufe anhören. Er hatte zuvor zu einer Strategie geraten und in den Raum gestellt, dass man mit der Regierung verhandeln müsse, möglicherweise mit dem Ziel, bei einer Akzeptanz des Nationalparks „die Polder wegzubekommen“. Er selbst habe sich noch nicht entschieden, wie er im Kreistag bei dieser Frage abstimmen werde.
Man habe es verdient, mitzureden, und man wolle nicht „zur Erholungsregion der Großstädter“werden, sagte Alerheims Bürgermeister und SPD-Kreisvorsitzender Christoph Schmid. Seine Begeisterung für den Nationalpark halte sich „ganz stark“in Grenzen, erklärte auch der Landtagsabgeordnete Wolfgang Fackler (CSU). Die Politik setze Impulse, es dürfe aber keine Beeinträchtigungen geben. Er forderte dazu auf, den Diskussionsprozess weiterzuführen.
Vom Moderator nicht ans Mikrofon gebeten wurde Neuburgs Landrat Roland Weigert. Er hatte ganz hinten im Zelt Platz genommen, an seinem Tisch mit Landwirten diskutiert, sich aber als mutmaßlicher Befürworter des Nationalparks nicht an der Diskussion beteiligt.