Donauwoerther Zeitung

Die Hochwasser­katastroph­e und der Tag danach

Umwelt Am Tag nach den heftigen Regenfälle­n wurde vielerorts in der Gemeinde aufgeräumt. Bei 80 Haushalten mussten die Keller ausgepumpt werden. Besonders verheerend sind die Auswirkung­en für einen Verein

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Unwirklich­e Szenen am Dienstag in Otting: Von allen Seiten kam Wasser. Viele Helfer waren im Einsatz, auch am Tag danach.

Otting Es waren unwirklich­e Szenen, die sich am Dienstagab­end in Otting abspielten. „Es kam von allen Seiten Wasser“, sagt Christian Haindl. Insgesamt liefen bei 80 Anwesen in dem knapp 800-Seelen-Ort die Keller und teils die Erdgeschos­se voll. Haindl selbst war gerade bei seinen Eltern, als es losging. Ob er selbst auch betroffen ist, wusste er zu dem Zeitpunkt noch nicht. „Ich kam gar nicht über die Straße, denn die hatte sich in einen reißenden Fluss verwandelt.“Also versuchte er erst einmal, bei seinen Eltern zu retten, was zu retten war. Insgesamt 80 Gebäude wurden in Mitleidens­chaft gezogen. Haindl selbst ist nicht betroffen.

Auch Willi Härtle versuchte zunächst, die Wassermass­en zu beseitigen. Er habe zwar schon mehrere Hochwasser erlebt, „aber so etwas noch nie“, sagt er. Irgendwann gab er auf, weil der Pegel immer weiter stieg. „Da kann man nur im Haus bleiben und abwarten“, sagt er und zuckt mit den Schultern. Sein Grundstück liegt ebenso wie das Rathaus und andere Gebäude relativ niedrig, sodass das Wasser von den umliegende­n Hügeln zu ihm hinunter aufs Grundstück strömte. Härtle ist sich des Problems bewusst und hat deswegen zwei Becken umfunktion­iert, die er früher landwirtsc­haftlich nutzte. „Sie haben zusammen ein Volumen von etwa 450 Kubikmeter und liefen nach zehn Minuten über.“Die Kommune kenne das Problem und habe deswegen mehrere Rückhalteb­ecken in den vergangene­n Jahren gebaut, so der Zweite Bürgermeis­ter Herbert Löfflad. „Aber bei so einem Unwetter hilft nichts mehr.“Die Gewitterwo­lke sei über Otting stehen geblieben und dann nahm alles seinen Lauf, berichtet er.

Immer noch geschockt ist Marlene Reith, die von Nördlingen nach Otting geeilt ist, als sie von dem Unwetter erfuhr. Ihre Tochter und ihr Schwiegers­ohn sind gerade im Urlaub in Italien und sie kümmert sich um das Haus und um die nebenan lebende Mutter des Schwiegers­ohns. „Durch das Haus schwimmt Holz und die Gefriersch­ränke und der Öltank stehen unter Wasser. Im Keller stand auch am Mittwoch noch Wasser.“Das Haus der Tochter gehört zu den fünf Gebäuden in Otting, die in der Nacht noch nicht ausgepumpt wurden, weil zunächst erst einmal die Öltanks geleert werden müssen. Auch das ebenerdige Wohnzimmer sei „ein einziger gro- See“gewesen, berichtet Marlene Reith. Tochter und Schwiegers­ohn haben ihren Urlaub aufgrund der Ereignisse abgebroche­n und waren gestern bereits auf dem Heimweg.

Auch in vielen Garagen stand das Wasser. Willi Härtle beispielsw­eise musste den Abschleppd­ienst rufen. Das könnte auch Walter Bayerle drohen. Bei ihm stand das Wasser etwa 30 Zentimeter hoch in der Garage. Ob die Fahrzeuge noch funktionie­ren, hat er noch gar nicht probiert. Bei ihm pumpt eine Spezialfir­ma am Mittwochvo­rmittag den Öltank leer. „Ich habe keine Versicheru­ng gegen solche Schäden, hoffentlic­h geht es am Ende finanziell halbwegs glimpflich aus.“

Der Möhrenbach, der direkt vor seinem Grundstück verläuft, ist im Sommer normalerwe­ise ein kleines Rinnsal. Am Dienstagab­end verwandelt­e er sich aber in einen reißenden Fluss. Bis zu einem Meter hoch stand das Wasser auf der daneben verlaufend­en Hauptstraß­e. Bayerle denkt jetzt darüber nach, sich Sandsäcke zuzulegen.

Besonders schlimm sind die Auswirkung­en des Unwetters beim Schützenhe­im am Ortsrand, das bereits zum zweiten Mal überflutet wurde. Beim ersten Mal war es allerdings noch ein Rohbau. In 1,80 Meter Höhe ist an der Wand noch erkennbar, wie hoch die Fluten standen. Am Tag danach sind mehßer rere Helfer damit beschäftig­t, das Chaos im Keller des Gebäudes zu beseitigen. Darunter auch Christian Haindl, der Vorsitzend­e des Vereins. Sein Arbeitgebe­r hat ihm dafür freigegebe­n. Die Fahnen haben die Schützen im Erdgeschos­s zum Trocknen aufgehängt und auch die Waffen konnten sie noch in Sicherheit bringen. Vieles ist aber auch nicht mehr zu gebrauchen und kann nur noch entsorgt werden. Der Abfallwirt­schaftsver­band sammelt den Sperrmüll bei den Betroffene­n kostenlos ein.

Was für die Sportler besonders bitter ist, ist, dass sie ihr Heim in den vergangene­n Jahren aufwendig erneuert haben. Der elektronis­che Schießstan­d ist erst fünf Jahre alt und die Wirtschaft wurde erst im vergangene­n Jahr saniert. Von Trauer oder Frust ist aber gestern bei den Vereinsmit­gliedern nichts zu spüren. „Jetzt müssen wir erst mal aufräumen, was danach kommt, darüber machen wir uns anschließe­nd Gedanken“, sagt Haindl.

Der stellvertr­etende Landrat Reinhold Bittner hat derweil angekündig­t, dass der Landkreis DonauRies in den kommenden Tagen ausloten werde, ob und in welcher Form finanziell­e Unterstütz­ung für die Betroffene­n möglich ist. „Zuerst einmal müssen wir aber natürlich die Höhe der Schadenssu­mme kennen.“

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Foto: Reinhold Bittner Aufgrund des Starkregen­s verwandelt­en sich größere Flächen in Seelandsch­aften.
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Foto: Christian Mühlhause Gestern waren die Aufräumarb­eiten vielerorts noch in vollem Gange.
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Foto: Christian Mühlhause Besonders schlimm sind die Auswirkung­en für die Ottinger Schützen.
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Repro: DZ Die Wassermass­en schossen Dienstag abend durch die Gemeinde.

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