Eine „Mertinger Schule“für Namibia
Entwicklungshilfe 67 000 Euro sollen an Spenden zusammenkommen. Dafür ist auch Bürgermeister Albert Lohner unterwegs. Im Interview erklärt er, was hinter dem Projekt steckt
Mertingen „Lokal handeln, global wirken“– das ist die Devise, die Mertingens Bürgermeister Albert Lohner und seine Gemeinderäte derzeit antreibt, ein ehrgeiziges Projekt zu verwirklichen: „In der Überzeugung, dass Bildung mit das Wichtigste ist, um Fluchtursachen zu beseitigen, haben wir uns entschlossen, die Finanzierung eines Schulprojektes in Namibia mit Spendengeldern zu übernehmen.“Bis 31. Oktober will man 67 000 Euro zusammenbekommen.
Wie kommt man auf so eine Idee? Lohner: Nicht aus der Laune heraus, sondern weil die große Politik das allein nicht leisten kann. Wir Kommunen müssen Verantwortung für eine nachhaltige Entwicklung in unserer Welt mit übernehmen. Dieser Verantwortung stellen wir uns.
Wie kann die Unterstützung aussehen? Lohner: Wir möchten in Namibia mit Geldern aus Mertingen eine Schule bauen, um den Kindern dort eine Zukunft zu geben. Denn Schulbildung ist die Grundlage für eine Ausbildung und Ausbildung wiederum ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes Leben. Wer Schreiben und Lesen gelernt hat, kann sich seine eigene Meinung bilden, kann bestehende Ungerechtigkeiten hinterfragen und kann sich einbringen, um nutzbringende Veränderungen herbeizuführen. Bildung und Teilhabe an der Gesellschaft führen zu einem Bewusstseinswandel und zu Verhaltensänderungen. Insbesondere den Mädchen könnten durch Bildung andere Rollenmuster angeboten werden als die derzeit in Afrika vorherrschenden, wo zu einer Frau auch viele Kinder gehören.
Der Gemeinderat steht dahinter? Lohner: Einstimmig, ohne Wenn und Aber. Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen. Denn sollte sich nichts ändern, werden sich die Menschen in Afrika von derzeit 1,2 Milliarden bis zum Jahr 2050 mehr als verdoppeln. Europa kann die Probleme und Fluchtursachen nicht lösen, indem es in großem Umfang die Flüchtlinge aufnimmt. Europa muss vor Ort helfen, damit die Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive ha- ben. Wenn wir es mit vereinten Kräften nicht schaffen, den Menschen Afrikas eine Zukunft zu ermöglichen, dann werden diese weiterhin in Richtung der vermeintlichen „Wohlstandsinsel Deutschland“aufbrechen, und wir werden sie davon nicht abhalten können. Sie sind selbst unterwegs, um Spendengelder zu bekommen.
Lohner: Ja, weil ich voll dahinterstehe. Auch wenn wir wissen, dass unser Beitrag nur ein kleiner Beitrag ist, wollen wir mit gutem Beispiel vorangehen, sodass sich auch andere Kommunen angesprochen fühlen und ebenfalls Hilfe vor Ort leisten werden.
Wer ist Ihr Partner?
Lohner: Um den anvisierten Schulbau zu realisieren, arbeiten wir mit der Stiftung „Fly & Help“zusammen, die sich auf den Bau von Schulen in Entwicklungsländern spezialisiert hat und bis heute über 150 funktionierende Schulen errichtet hat. Alle Spenden kommen 1:1 den Projekten zugute, da alle anfallenden Kosten der Stiftung von Reiner Meutsch privat getragen werden oder durch Sponsoren abgedeckt sind. Die Schule wird von ortsansässigen Baufirmen unter Beteiligung der Dorfgemeinschaft gebaut.
Was konkret ist geplant?
Lohner: Wir wollen für 180 Kinder in Namibia eine Schule mit Speiseund Aufenthaltsräumen bauen. Dazu müssen wir 67000 Euro zusammenbekommen. Ich bin zuversichtlich, dass sich die Mertinger Bürger, die ortsansässigen Firmen und auch deren Mitarbeiter an der Spendenaktion beteiligen werden. Wir wollen auch andere überzeugen, sich ebenfalls zu engagieren.
Was hat Sie dazu bewogen, Initiative zu ergreifen?
Lohner: Nachdem mich diese Problematik schon länger beschäftigt und ich unlängst Gerd Müller, den Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung persönlich zu diesem Thema getroffen und auch dessen Buch gelesen habe, war mir klar: „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“
Interview: Helmut Bissinger