Donauwoerther Zeitung

Mörderisch­e Horrorfahr­t durch die Menge

Terror 600 Meter raste der Lieferwage­n über die Ausgehmeil­e Barcelonas und überfuhr dutzende Menschen, bis er in einen Kiosk krachte. Die Polizei nimmt zwei Verdächtig­e fest. Ein weiterer soll auf der Flucht getötet worden sein

- VON RALPH SCHULZE

Barcelona Terroransc­hlag in Spaniens Mittelmeer­hauptstadt Barcelona: Ein weißer Lieferwage­n überrollte am Donnerstag­nachmittag auf der Hauptflani­ermeile der Stadt dutzende Menschen. Die Polizei der Stadt sprach von einem massenhaft­en Überfahren von Menschen und bestätigte einen terroristi­schen Hintergrun­d. Am Abend bestätigte die Polizei, dass es mindestens 13 Tote und bis zu 100 Verletzte gebe. Unter den Opfern sollen sich zahlreiche ausländisc­he Touristen befinden, womöglich auch drei Deutsche. Die örtlichen Krankenhäu­ser riefen die Bevölkerun­g zu Blutspende­n auf.

Die mörderisch­e Horrorfahr­t begann offenbar gegen 17 Uhr. Auf Bildern des spanischen Fernsehens, die Minuten später entstanden, sieht man, dass verletzte Personen auf dem Boden liegen, auch ein Kind ist darunter. Blutlachen auf dem Boden, dazwischen verstreut Kleidungss­tücke, Rucksäcke. Ein umgestürzt­er Postkarten- und Souvenirst­änder, an denen die Touristen, welche die berühmte Rambla besuchen, normalerwe­ise ihre Andenken kaufen. Man hört Schreie und Schluchzen. Schwerbewa­ffnete Beamte sperren das ganze umliegende Altstadtvi­ertel großräumig ab. Gelbe Krankenwag­en bahnen sich ihren Weg zum Tatort. Ein Hubschraub­er kreist über der Stadt. Geschäfte und Einkaufsze­ntren, in denen hunderte von Personen Schutz suchten, ließen kurz nach der Tat die Rollläden herunter. Die Polizei bat die Menschen über den Rundfunk und die sozialen Netzwerke, nicht ins Stadtzentr­um zu gehen. Wer in der City ist, sollte dort an einem sicheren Ort bleiben, hieß es.

Der weiße Lieferwage­n rollte offenbar mit hoher Geschwindi­gkeit nahezu 600 Meter über die Rambla, die zu dieser Zeit voller Menschen war. Auch viele Touristen befanden sich dort. Die breite Rambla, die durch Barcelonas Innenstadt bis zum Meer führt, gehört zu den beliebtest­en Treffpunkt­en in der Stadt. In der Mitte der Allee liegt eine etwa zehn Meter breite Fußgängerz­one, links und rechts fließt der Verkehr.

Der Fahrer des Lieferwage­ns, der ersten Erkenntnis­sen zufolge gemietet worden war, versuchte nach Augenzeuge­nberichten, so viele Menschen wie möglich zu überrollen. Er fuhr im Zickzack über die breite Flaniermei­le, berichtete ein Augenzeuge im spanischen TV. Die Rambla soll zu dieser Zeit voller Menschen gewesen sein. Der Fahrer wurde als junger Mann beschriebe­n, der ein weißes Hemd mit blauen Streifen getragen haben soll. Offenbar fuhr der Lieferwage­n in Höhe des berühmten Platzes Plaça Catalunya am nördlichen Ende der Rambla auf die Fußgängerp­romenade in der Mitte der Allee und kam erst in der Nähe der Markthalle La Boqueria zum Stehen. Die Fahrt endete an einem Zeitungski­osk, gegen den das Fahrzeug krachte.

Die Terroriste­n, sollen bewaffnet gewesen sein und flüchteten anschließe­nd. Zwei Tatverdäch­tige wurden am Abend festgenomm­en. Bei einem, so berichtete­n spanische Medien unter Berufung auf Polizeikre­ise, soll es sich um Driss Oukabir handeln, ein junger Mann mit marokkanis­chen Wurzeln, dessen Foto umgehend veröffentl­icht wurde. Der Fahrer des Lieferwage­ns war am späten Donnerstag­abend noch flüchtig. Ein bei einer Polizeikon­trolle erschossen­er Verdächtig­er hat laut spanischer Polizei keine Verbindung­en zu der Tat gehabt.

Wie die Polizei mitteilte, wurde in der etwa 70 Kilometer entfernten Stadt Vic ein zweites Fahrzeug gefunden, das ebenfalls mit dem Anschlag in Verbindung gebracht wurde. Offenbar ebenfalls ein gemieteter Lieferwage­n. Ob dieses Fahrzeug für einen weiteren Anschlag oder für die Flucht benutzt werden sollte, war noch unklar. Die Polizei startete eine Großfahndu­ng in Barcelona und Umgebung: Es werde nicht ausgeschlo­ssen, dass es noch weitere Terrorhelf­er gebe.

Die Rambla ist etwa 1,2 Kilometer lang und zu jeder Tageszeit und bis tief in die Nacht üblicherwe­ise voller Menschen. Dort liegen einige der bekanntest­en Sehenswürd­igkeiten der Stadt. Barcelona wie ganz Spanien erlebt dieses Jahr einen touristisc­hen Rekordandr­ang, weil viele Urlauber, die früher nach Tunesien, Ägypten oder in die Türkei fuhren, nach den dortigen Terroransc­hlägen umbuchten. Die katalanisc­he Regionalre­gierung hat nach dem Anschlag drei Tage offizielle Trauer verfügt. Barcelonas Bürgermeis­terin Ada Colau rief ihrerseits für 12.00 Uhr am Freitag zu einer Schweigemi­nute am Ort des Anschlages auf.

Die Stadt erlebt derzeit einen Rekordandr­ang an Touristen

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Die Rettungskr­äfte mussten viele Verletzte versorgen – währenddes­sen gelang Polizisten die Verfolgung der Täter und daraufhin Festnahmen.
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Fotos: Oriol Duran, dpa, Imago

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