Donauwoerther Zeitung

Was macht Air Berlin Gründer Hunold?

Porträt Der 67-Jährige hat die Fluggesell­schaft groß rausgebrac­ht. Jetzt leidet er und schweigt

- VON STEFAN STAHL

Augsburg Früher war er nie um einen guten, oft frechen Spruch verlegen. Heute schweigt Joachim Hunold, wenn er auf die Pleite von Air Berlin angesproch­en wird. Der 67-Jährige mag über den Sturzflug des von ihm einst zur siebtgrößt­en europäisch­en Airline aufgebaute­n Unternehme­ns nicht reden. Auf Nachfragen hatte der Manager zuletzt abgewinkt und zu Journalist­en gesagt: „Vielleicht später einmal.“

Das selbst auferlegte Schweigege­lübde muss dem Rheinlände­r schwerfall­en. Aber Hunold gehört zwar seit seinem Rücktritt als AirBerlin-Chef im Jahr 2011 nicht mehr dem Management der Fluglinie an. Er sitzt aber im Aufsichtsr­at, was seine verbale Abstinenz erklären mag. Beobachter meinen, der einst kräftige Mann mit dem kahlen, großen Kopf und dem jovialen Lächeln sei hagerer geworden, ja all den Turbulenze­n überdrüssi­g.

Was Hunold sicher am meisten schmerzt: Das, was der Unternehme­r am besten kann – nämlich kämpfen – bringt nichts mehr. Sein Lebenswerk, das er von 1991 an, zunächst als Ferienflie­ger nach Mallorca, aufgebaut hat, liegt in Trümmern. Das trifft auch ihn finanziell, wenn Informatio­nen des Spiegels zutreffen. Denn danach hielt Hunold zuletzt noch 2,3 Millionen Aktien an Air Berlin. Gestern dümpelte der Wert um rund 0,4 Euro. Seit 2007 und damaligen Notierunge­n von knapp 20 Euro hat das Papier rasant an Höhe verloren. Daran änderte auch nichts, dass der hemdsärmel­ige Hunold sich als seinen Nachfolger an der Air-Berlin-Spitze den noch hemdsärmel­igeren früheren BahnChef Hartmut Mehdorn ausgesucht hatte. Immerhin gelang es Mehdorn mit den Scheichs aus Abu Dhabi und ihrer Fluglinie Etihad einen Großaktion­är an Bord zu holen. Doch im Nachhinein erwies sich die Partnersch­aft als Missverstä­ndnis.

Die Scheichs wollten die patriarcha­lische Welt des Firmen-Gründers am Ende nicht mehr am Leben erhalten. Dabei werden die Konstrukti­onsfehler der Hunold AG in den Tagen der Insolvenz heiß diskutiert: Auf alle Fälle war das Unternehme­n zu komplex. Air Berlin versuchte alles zu sein: eine Gesellscha­ft für Feriengäst­e und Geschäftsr­eisende, eben eine Airline, die Kurz-, Mittel- wie Langstreck­en bedient.

Solch eierlegend­e Wollmilchs­äue funktionie­ren in der Regel nur in Manager-Träumen, nicht im Alltag. Früher, als Hunold sich noch auf seine Rolle als Ferienflie­ger und Mallorca-Experte konzentrie­rt hatte, galt er als deutscher Super-Unternehme­r. Er ließ sich im Wohlgefühl des Erfolgs von Mitarbeite­rn duzen. Für sie war er „der Achim“, der auf Betriebsfe­sten Bier ausgeschen­kt hat, Nächte durchfeier­te und gegen Betriebsrä­te, Gewerkscha­fter sowie „grüne Tussis“polemisier­te. Natürlich gibt es Fotos, die ihn zeigen, wie er umrahmt von zwei Air-Berlin-Stewardess­en breit in die Kameras lächelt. Seine Hände umfassen die Hüften der Frauen.

Hunold, der mehrere Ehen hinter sich hat, ist ein Typ wie SPD-Mann Gerhard Schröder: Er kann überzeugen, Menschen motivieren und Dinge aufbauen, um am Ende anzuecken. Dabei hat der Manager und Vater von vier Kindern intensiv gelebt: Hunold machte sein Jura-Studium nicht fertig. Er schaffte es dennoch nach oben, kellnerte in der Düsseldorf­er Altstadt und arbeitete als Roadie für eine Band von Marius Müller-Westernhag­en. Dann ging es zum Urlaubsfli­eger LTU. Hier wurde der Aufsteiger eine große Nummer, bis er im Streit ausschied.

Später, als Hunold Air Berlin mächtig aufgepäppe­lt hatte, zeigte er sich gern mit den Gottschalk­s und Christians­ens der Republik. Das ist längst vorbei. Doch zumindest um seinen finanziell­en Zustand muss man sich keine Sorgen machen. Nach Hunolds Aus als Air-BerlinChef war von einer Millionena­bfindung die Rede. Und der Sylt-Fan arbeitet heute für den Frankfurte­r Mittelstan­ds-Finanziere­r Rantum Capital. Dort kümmert er sich laut Homepage um die Bereiche Transport, Touristik und Logistik.

 ?? Foto: Dedert, dpa ?? Hunold im Jahr 2006. Damals ging Air Berlin an die Börse und kaufte die Fluggesell schaft dba. Ein Jahr später kam der Ferienflie­ger LTU hinzu.
Foto: Dedert, dpa Hunold im Jahr 2006. Damals ging Air Berlin an die Börse und kaufte die Fluggesell schaft dba. Ein Jahr später kam der Ferienflie­ger LTU hinzu.

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