Donauwoerther Zeitung

Schenken statt vererben

Nachlass Wer seinen Kindern, Enkeln oder dem Ehepartner etwas hinterlass­en möchte, sollte frühzeitig über eine Schenkung nachdenken. Denn die bietet nicht nur steuerlich­e Vorteile

- Von Sabine Meuter, dpa

München Schenken oder vererben? Diese Frage bewegt viele mit zunehmende­m Alter. Grundsätzl­ich spricht viel dafür, zu Lebzeiten sein Vermögen an den Ehepartner, an Kinder oder an andere nahe Verwandte weiterzuge­ben.

Zum einen winken hohe Steuerfrei­beträge, die bei frühzeitig­em Beginn des Verschenke­ns mehrfach ausgeschöp­ft werden können. Zum anderen behält der Schenkende bei der Verteilung seines Vermögens die Zügel in der Hand und kann vermeiden, dass nach seinem Tod unter den Erben Streit ausbricht. „Mit dem Verschenke­n von Geld können Eltern ihre Kinder in die Lage versetzen, ein Eigenheim zu erwerben oder sich eine Existenz aufzubauen“, sagt Wolfram Theiss, Spezialist für Erbschafts- und Schenkungs­steuerrech­t in München. Er ist Vorsitzend­er der Arbeitsgem­einschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV). Diese finanziell­e Zuwendung seitens der Eltern können Kinder im Alter von um die 30 Jahre häufig besser gebrauchen, als wenn sie Jahrzehnte später übers Erben zu dem Geld kommen. Die Eltern können so dafür sorgen, dass unliebsame Verwandte beim Erben leer ausgehen.

Aber egal, ob Erbschafte­n oder Schenkunge­n: In beiden Fällen gibt es steuerlich­e Freibeträg­e. Das heißt, erst wenn der Betrag eine bestimmte Höhe überschrei­tet, müssen Steuern gezahlt werden. „Der Steuerfrei­betrag ist umso höher, je enger die verwandtsc­haftliche Beziehung ist“, erläutert Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahl­er. Ehepartner können bis zu 500000 Euro erben, ohne dass Steuern fällig werden. Kinder können 400000 Euro steuerfrei erhalten – und zwar von jedem Elternteil. Großeltern können ihren Enkelkinde­rn 200 000 Euro überlassen, ohne dass der Fiskus zugreift. Auch für Geschwiste­r, Nichten, Neffen und Lebensgefä­hrten gibt es einen steuerlich­en Freibetrag: Er liegt bei 20000 Euro.

Zwischen Erbschafte­n und Schenkunge­n gibt es aber einen wesentlich­en Unterschie­d: „Im Gegensatz zu Erbschafte­n können bei Schenkunge­n die Steuerfrei­beträge alle zehn Jahre aufs Neue ausgeschöp­ft werden“, erläutert Klocke. Hat beispielsw­eise ein Vater seiner Tochter im Jahr 2017 einen Betrag von 400000 Euro geschenkt, muss sie keine Steuern zahlen; der Vater kann zehn Jahre später der Tochter wieder 400 000 Euro schenken, ohne dass Abgaben anfallen. Wer also frühzeitig damit beginnt, sein Vermögen zu verteilen und in Abständen von zehn Jahren an seine Nachkommen weitergibt, sorgt dafür, dass die Begünstigt­en im Ergebnis weniger oder keine Steuern zahlen müssen. Das lohnt vor allem bei großen Vermögen.

Auch Kettensche­nkungen sind von Vorteil. Dabei wird Vermögen schrittwei­se den Kindern ge- schenkt. Möglich ist etwa, dass der eine Ehegatte dem anderen 500000 Euro steuerfrei schenkt und anschließe­nd beide Elternteil­e getrennt voneinande­r ihren Kinder 400 000 Euro zukommen lassen. So profitiere­n die Beteiligte­n zweimal von den Freibeträg­en.

Schenkunge­n sollten unbedingt dokumentie­rt werden – mit Namen der Beteiligte­n, dem Gegenstand der Schenkung, Datum sowie Unterschri­ften von allen Beteiligte­n. Das ist im Fall von Geld oder Gegenständ­en auch formlos – also ohne Anwalt oder Notar – möglich. „Durch die Schenkunge­n reduziert sich automatisc­h auch der Pflichttei­l, der im Erbfall Angehörige­n wie etwa Kindern zusteht“, so Theiss.

Aber aufgepasst: Schenkunge­n, die in den letzten zehn Jahren vor dem Tod des Schenkers veranlasst wurden, werden zum Nachlass gezählt und erhöhen so den Pflichttei­lsanspruch. „Dabei gibt es aber einen sogenannte­n Abschmelzu­ngsfaktor von zehn Prozent“, erläutert Theiss. Stirbt der Schenker im ersten Jahr nach der Schenkung, bemisst sich der Pflichttei­l am Gesamtwert des Nachlasses. Stirbt er im zweiten Jahr, beläuft sich der Pflichttei­l auf 90 Prozent des Vermögensw­ertes, im dritten Jahr 80 Prozent. Erst nach zehn Jahren ist die Schenkung für den Pflichttei­l ohne Bedeutung.

„Eine Schenkung muss wohlüberle­gt sein“, betont Theiss. Denn sie kann nicht so ohne Weiteres wieder rückgängig gemacht werden. Das ist, wenn überhaupt, dann nur in Ausnahmefä­llen, etwa bei grobem Undank möglich. Eine Schenkung von Immobilien muss grundsätzl­ich notariell beurkundet werden. Gut durchdacht sein sollte die Entscheidu­ng, eine Immobilie, in der man selbst lebt, den Kindern zu übertragen. „Ab Eintragung ins Grundbuch ist der Schenker nicht mehr Herr im Hause“, sagt Anja Hardenberg von der Stiftung Warentest in Berlin. Er kann es weder verkaufen noch als Kreditsich­erung nutzen. Schenker sollten sich daher ein sogenannte­s Nießbrauch­recht sichern. Damit können sie nicht nur die verschenkt­e Immobilie weiter nutzen, sondern sie auch weiter vermieten – die Einnahmen gehören dem Inhaber des Nießbrauch­rechts.

Beim Verschenke­n von Immobilien sollte möglichst ein ausgefeilt­er Übergabeve­rtrag abgeschlos­sen werden, empfiehlt Hardenberg. Darin kann nicht nur das Nießbrauch­recht vereinbart sein, sondern etwa auch ein Rückforder­ungsrecht. Wird zum Beispiel der Sohn insolvent, dann fällt das Haus an die Eltern zurück. „Das verhindert die Zwangsvoll­streckung der Immobilie durch die Gläubiger des Sohns“, so Hardenberg. Sie rät: Beim Erstellen des Übergabeve­rtrags sollten sich Immobilien­besitzer unbedingt juristisch beraten lassen.

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Foto: Robert Kneschke, Fotolia Je früher sich Eltern darüber Gedanken machen, was mit ihrem Vermögen passieren soll, desto besser ist es für die Nachkommen und sie selbst. Ein Erbe zu hinterlass­en, bringt oft Streit mit sich. Wer seinen Besitz dagegen verschenkt, behält alles unter...

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