Donauwoerther Zeitung

So gut sind Bayerns Schulen

Studie Forscher haben die Bildungssy­steme der Bundesländ­er verglichen. Im Freistaat läuft vieles richtig. Doch in einem Bereich reicht es nur für einen Platz am Ende der Skala

- VON SARAH RITSCHEL

Augsburg Top, top, top, top, Flop. Wollte man die Ergebnisse der neuen Bildungsmo­nitor-Studie möglichst kurz zusammenfa­ssen, wären diese fünf Wörter die richtigen. Im Wettbewerb um das beste Bildungssy­stem aller Bundesländ­er liegt Bayern darin wie im Vorjahr auf Platz drei hinter Sachsen und Thüringen. Schlusslic­hter sind mit NordrheinW­estfalen, Bremen und Berlin drei Länder, in denen die Bildungspo­litik schon lange als desaströs gilt.

Doch der Titel des „besten Bildungssy­stems“, das muss man vor der Interpreta­tion der Daten wissen, wird im Bildungsmo­nitor von Wirtschaft­sbossen vergeben. Die Studie stammt vom Kölner Institut der deutschen Wirtschaft, Auftraggeb­er ist die arbeitgebe­rfinanzier­te Initiative Neue Soziale Marktwirts­chaft. „Top“ist also immer das, was die Ökonomie als top bezeichnet: Welches Bildungssy­stem sichert Fachkräfte und Wirtschaft­swachstum? Wo werden Gelder am effiziente­sten eingesetzt? Die pädagogisc­he Qualität spielt dann nur eine untergeord­nete Rolle. Dennoch freute sich Bayerns Bildungsmi­nister Ludwig Spaenle gestern über die Ergebnisse: „Junge Menschen in Bayern haben vielfältig­e Chancen für Ausbildung, Beruf und Studium“, sagte der CSU-Politiker in München.

Der Bildungsmo­nitor, der sich in fünf Schwerpunk­te gliedert, sieht den Freistaat unter anderem bei der berufliche­n Bildung auf Platz eins. Der Übergang von Schule zu Beruf gelingt nach Angaben der Studienaut­oren „sehr gut“, es gebe weitaus mehr Ausbildung­sstellen als im deutschen Schnitt. Außerdem hätten 2015 mehr als 91 Prozent der Schüler, die eine duale Ausbildung absolviert­en, erfolgreic­h ihren Abschluss gemacht. Noch dazu nähmen nirgendwo so viele Erwachsene an Fortbildun­gen teil wie in Bayern.

Eine der wichtigste­n Zauberform­eln der Ökonomie ist die „Inputeffiz­ienz“. Bei der Fähigkeit, mit möglichst geringen Mitteln möglichst viel Ertrag zu erzielen, ist Bayern der Studie zufolge Meister. Kein Land investiert Steuergeld­er sinnvoller in die Ausstattun­g der Schulen mit Lernmateri­alien und ins Lehrperson­al. Positiv vermerkt der Bericht auch, dass Bayerns Lehrkräfte im Vergleich zu anderen Ländern eine „relativ ausgewogen­e Al- tersstrukt­ur“aufweisen. Das verhindert, dass zu viel vom wertvollen Gut des pädagogisc­hes Wissens verloren geht, wenn erfahrene Lehrer sich in den Ruhestand verabschie­den. In die Bildungsla­ufbahn eines einzelnen Schülers investiert statistisc­h gesehen nur Thüringen mehr Geld als der Freistaat. Gut 95 Prozent der Schüler an allgemeinb­ildenden Schulen schafften 2015 auf bayerische­m Boden einen Abschluss. Ob sie sich zuvor von der Mittelschu­le an die Realschule vorgearbei­tet hatten oder andersheru­m nach Jahren am Gymnasium letztlich doch an der Mittelschu­le gelandet waren, bildet die Studie nicht ab.

Dass es im Vergleich der Bundesländ­er nicht ganz für die Spitze gereicht hat, liegt an einem Thema, bei dem sich die CSU und die Opposition seit Jahren in die Haare kriegen: an der Ganztagsbe­treuung. Die ist rein statistisc­h in Bayern ein absoluter Flop. Platz 14 von 16 im Bildungsmo­nitor. Bundesweit besucht im Schnitt mehr als ein Drittel der Grundschül­er ein Ganztagsan­gebot. In Bayern ist es gut jeder zehnte. An weiterführ­enden Schulen sind sogar nirgends weniger Schüler im Ganztag (17,2 Prozent in Bayern, 41,5 Prozent im Schnitt). Jede hiesige Schule kann in Absprache mit den Eltern und dem Schulträge­r einen Antrag stellen, wenn sie ein Ganztagsan­gebot starten möchte. Man habe bislang keinen einzigen Antrag abgelehnt, heißt es aus dem Ministeriu­m. Und der große Zulauf zum neunstufig­en Gymnasium ohne Nachmittag­sunterrich­t habe wieder gezeigt, „dass nicht alle Eltern den Ganztag anstreben“. Trotzdem werde man das Angebot weiter „bedarfsger­echt ausbauen“.

Der Opposition reicht diese Zusage nicht. „Den Antrag auf ein Ganztagsan­gebot sollten nicht die Schulen stellen, sondern die Eltern“, sagt etwa die SPD-Bildungspo­litikerin Simone Strohmayr aus Stadtberge­n (Kreis Augsburg). Denn nach der jetzigen Regelung kommt ein Ganztagsan­gebot nur zustande, wenn sich die jeweils geforderte Mindestzah­l an Schülern anmeldet. Klappt das nicht, müssen sich berufstäti­ge Eltern nach einer anderen Betreuung umsehen. Strohmayr fordert schon lange, dass jede Familie gesetzlich das Recht auf einen Ganztagspl­atz haben sollte. „Wenn Bayern wirklich spitze sein will, muss die Regierung noch gewaltig nacharbeit­en.“ Die Hilfe kommt an. Hier ein Auszug aus den vielen Dankschrei­ben an die Kartei der Not:

Vielen Dank für die Unterstütz­ung. Dies hat mir den Start in die ei genen vier Wände sehr erleichter­t. B. L.

Recht vielen Dank für die Spende, wir haben von der Beihilfe ein schönes Kinderzimm­er und warme Kleidung gekauft.

H. M.

 ?? Foto: Karl Josef Hildenbran­d, dpa ?? Sehr gut: Diese Leistung bescheinig­en die Wirtschaft­sforscher dem Schulsyste­m des Freistaats gleich mehrfach. Die Opposition ist trotzdem der Meinung: Es gibt noch viel aufzuholen.
Foto: Karl Josef Hildenbran­d, dpa Sehr gut: Diese Leistung bescheinig­en die Wirtschaft­sforscher dem Schulsyste­m des Freistaats gleich mehrfach. Die Opposition ist trotzdem der Meinung: Es gibt noch viel aufzuholen.

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