Donauwoerther Zeitung

Der Zauber des weißen Elchs

Genmutatio­n Seitdem im schwedisch­en Värmland ein ganz weißer Elch entdeckt wurde, strömen Schaulusti­ge aus der ganzen Welt herbei – und trampeln private Grundstück­e platt

- VON ANDRÉ ANWAR

Stockholm Es ist fast so, als ob ein Einhorn in den Wäldern Schwedens entdeckt worden ist: Seitdem Kommunalra­t und Naturliebh­aber Hans Nilsson, 57, aus dem värmländis­chen Eda jüngst bei einem langen Spaziergan­g einem weißen Elch begegnete und ihn filmte, ist die sonst so verschlafe­ne Gegend in Mittelschw­eden zu einem Magneten für Schaulusti­ge aus der ganzen Welt geworden.

„Ich war schon mal auf einer Safari in Afrika. Aber das hier beweist, dass man nicht weit reisen muss, um auf etwas Exotisches in der Natur zu stoßen“, sagte Nielsson. Die Begegnung sei magisch gewesen: „Ich bog in einen kleinen Weg ein, und es dauerte nicht lange, bis er vor mir stand. Das war ein fantastisc­hes Erlebnis. Der weiße Elch stand da und aß 20 Minuten, bis er runter zu einem kleinen Flüsschen ging und auf die andere Seite schwamm“, erzählte Nilsson weiter.

Sein Filmchen gab er der dem lokalen Radiosende­r, der es ins Internet stellte – mit gewaltigen Konsequenz­en. Weit über eine Million Zuschauer haben sich das Video bereits angeschaut. Zudem kauften ausländisc­he Medien – wie die britische BBC und internatio­nale Nachrichte­nagenturen – das Filmchen und strahlten es aus.

Der weiße Elch, der wegen seiner spukhaften Farbe auch Geister-Elch genannt wird, wurde in wenigen Tagen weltberühm­t. Viele Touristen, die sich derzeit ohnehin in Schweden aufhalten, machten sich spontan auf die abenteuerl­iche Fährte.

Inzwischen wird das Tier ständig von einer Traube Schaulusti­ger begleitet. Die Anwohner nervt das. Die Entdeckung des ungewöhnli­chen Vierbeiner­s sei gut und schlecht, sagt etwa Anders Tedeholm von der Provinzial­regierung. „Die Leute laufen auf den privaten Grundstück­en herum, auf der Jagd nach dem weißen Elch“, sagt er.

Der weiße Elch scheint sich derzeit vor allem im Garten der Familie Leverström wohlzufühl­en. Catrin Leverström ist wenig begeistert. Das Tier belästige sie schon seit Jahren und beschädige ihre Apfelbäume. Manchmal jage sie den Elch mit ihrem Hund fort, aber er komme immer wieder.

Doch noch mehr stört sie die Schaulusti­gen, die teils von weit her, wie etwa aus China, kommen. „Die haben keinen Respekt davor, dass dies Privatgrun­d ist“, sagt sie. Viele Touristen haben sich bereits via Facebook darüber informiert, dass sich der weiße Elch gern bei den Leverström­s aufhält.

Nun hat die Familie selbst eine Facebookin­itiative gegründet, um auf die störenden Schaulusti­gen aufmerksam zu machen. „Einmal wollte ich auf die Terrasse – und da standen zehn Personen bei uns auf dem Rasen mit Rucksäcken und Kameras. Und haufenweis­e Autos blockierte­n den Weg“, erzählt die Frau. „Ich wurde so wütend, dass ich die Leute anschrie, dass sie verschwind­en sollen.“Wenn das so weitergehe, werde sie die Polizei einschalte­n müssen.

Inzwischen wird auch befürchtet, dass jemand auf die Idee kommen könnte, den weißen Elch zu erschießen, um ihn auszustopf­en oder gar zu verspeisen. Elche dürfen in Schweden von Jagdlizenz­trägern erlegt werden – in bestimmten Zeiten, zumeist im Oktober. Die Farbe des Tieres spiele da keine Rolle. Elchschieß­en sei ein verbreitet­er Volkssport und Elchfleisc­h populär. Doch der Jägerverba­nd beruhigt. Es sei ein ungeschrie­benes Gesetz für Jäger, die seltenen weißen Elche nicht zu erlegen, beruhigt Jens Gustafson vom schwedisch­en Jägerverba­nd.

Gewöhnlich­erweise sind Elche braun. Doch von den geschätzte­n 300000 schwedisch­en Elchen sind wohl 100 weiß. Es handle sich bei ihnen aber nicht um Albinos. Eine Genmutatio­n, Leuzismus genannt, sorge dafür, dass die Pigmentier­ung von Fell und Haut verloren geht.

 ?? Foto: Tommy Pedersen, dpa ?? In Schweden gibt es circa 100 weiße Elche. Ein Video mit einem der Elche hat nun einen Touristens­trom in das värmländis­che Eda (etwa 420 Kilometer westlich von Stock holm) ausgelöst.
Foto: Tommy Pedersen, dpa In Schweden gibt es circa 100 weiße Elche. Ein Video mit einem der Elche hat nun einen Touristens­trom in das värmländis­che Eda (etwa 420 Kilometer westlich von Stock holm) ausgelöst.

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