Donauwoerther Zeitung

„Linke sind die besten Unternehme­r“

Bundestags­wahl Der Linken-Kandidat Manfred Seel aus Bäumenheim hofft auf einen Regierungs­wechsel – und drückt dafür sogar seiner Ex-Partei die Daumen

- VON RENÉ LAUER

Bäumenheim Auf die alten Zeitungen ist Manfred Seel besonders stolz. Er öffnet die oberste Schublade eines Aktenschra­nkes und zieht eine abgestoßen­e, blaue Mappe heraus. Frankfurte­r Allgemeine, Münchner Merkur, Die Welt. Der 63-Jährige hat jeden Artikel über sich aufgehoben. „Der kleine Lafontaine aus Asbach-Bäumenheim“, liest Seel die Hauptzeile eines Textes vor. Da muss er selbst schmunzeln.

Vor einigen Jahren hat Manfred Seel in ganz Deutschlan­d Aufsehen erregt, als der ehemalige Kreisvorsi­tzende der SPD 2003 seine Partei verließ und sich später der WASG anschloss. So, wie es der ehemalige Parteivors­itzende der Sozialdemo­kraten, Oskar Lafontaine, gemacht hat. Aus WASG und PDS entstand schließlic­h die Linksparte­i, deren Kreisverba­nd Manfred Seel im Donau-Ries-Kreis gründete.

Gerhard Schröders Agenda 2010 war der Tropfen, der das Fass für ihn zum Überlaufen brachte, erzählt der Bäumenheim­er heute. Trotzdem hängt das Foto, das er damals mit dem Bundeskanz­ler aufgenomme­n hat, noch an einer Wand. Dort, wo Seel früher selbst sein Büro hatte. Mittlerwei­le ist das Unternehme­n des 63-Jährigen gewachsen. Den Raum brauchen die Angestellt­en, Seel ist ein Stockwerk weiter nach oben gezogen. Die Wände sind weiß, hier hängen keine Bilder. Dutzende Aktenordne­r stehen fein säuberlich aufgereiht in den schweren Holzregale­n.

Als Seel das Kohle- und Heizölunte­rnehmen seiner Eltern übernommen hat, war es ein kleiner Familienbe­trieb. Ein Lastzug, ein Ölwagen und die alte Tankanlage auf dem Hof des Firmengelä­ndes in Bäumenheim, das war’s. Seitdem hat der 63-Jährige die Firma deutlich vergrößert, überall in der Region sind Seels Mitarbeite­r im Einsatz. Sieben Tankstelle­n, fünf Waschanlag­en und ein Mineralölg­roßhandel, der andere Firmen beliefert. „Linke sind die besten Unternehme­r“, davon ist Seel überzeugt. Ein großes Sozialvers­tändnis helfe in der Personalfü­hrung. Gerade in Nordschwab­en, wo man von Vollbeschä­ftigung spreche, könnten kleinere Unternehme­n doch vor allem durch ein gutes Arbeitskli­ma punkten. Mehr zahlen als die Industriek­onzerne – das sei schließlic­h nicht drin. Dabei habe man es als linker Unternehme­r seiner Meinung nach nicht leicht. Bis heute würden fast alle seiner Kollegen im Gemeindera­t, die ihm den Parteiwech­sel nicht verziehen haben, seine Tankstelle­n meiden. Glaubt man einigen der Artikel, die Seel gesammelt hat, stecken noch andere Gründe dahinter.

Trotz der wenigen Arbeitslos­en in der Region laufe bei der Wirtschaft­spolitik vieles falsch, meint Manfred Seel. Denn Menschen in Leiharbeit oder mit befristete­n Verträgen seien mit ihrer Situation bestimmt nicht glücklich. „Es geht zwar vielen gut, es könnte aber allen besser gehen“, sagt Seel. Der Linke spricht ein weiteres Anliegen an, „das in der Region Nordschwab­en vielleicht nicht so gut ankommt“: die Rüstungsex­porte in Länder wie Saudi-Arabien. Früher hätte man in Krisengebi­ete nicht geliefert.

Seel hat viel Erfahrung in der Politik: 33 Jahre als Rat in seiner Gemeinde, 27 Jahre im Kreistag. Schon oft hat er sich als Kandidat für eine Wahl aufstellen lassen, nicht immer mit Erfolg. „Man muss realistisc­h sein, die Situation ist nicht besonders gut“, sagt Seel im Hinblick auf seine Chancen auf einen Sitz im Parlament. Im Bund rechne er mit einem zweistelli­gen Ergebnis für die Linke. „Wenn wir in unserem Wahlkreis sechs Prozent der Stimmen bekommen, wäre das gut.“Für Seel würde das allerdings nicht reichen, auf der Landeslist­e seiner Partei stehen einige Kollegen vor ihm. Die Hauptsache sei jedoch, dass es einen Regierungs­wechsel gebe, findet er. Dafür drücke er sogar seiner Ex-Partei die Daumen. Denn nur mit einer starken SPD reiche es für ein Bündnis Rot-RotGrün.

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Foto: René Lauer Manfred Seel, Kreisrat und Gemeindera­tsmitglied in Bäumenheim, tritt für die Linke bei der Bundestags­wahl an.
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