Donauwoerther Zeitung

Noch ein Job von Putin – jetzt geht Schröder zu weit

Leitartike­l Der Altkanzler wird mitten im Wahlkampf zur Belastung für den Kandidaten Schulz und die SPD. Die deutsche Russland-Politik benötigt Standfesti­gkeit

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Als ob er nicht schon genug Probleme am Hals hätte, kommt dem SPD-Kanzlerkan­didaten Martin Schulz nun im Finale des Wahlkampfe­s auch noch ein prominente­r Parteifreu­nd in die Quere. Eigentlich sollte Gerhard Schröder, einer der besten SPDWahlkäm­pfer aller Zeiten, die müde Kampagne mit seinem Gespür für die Angriffsfl­ächen der Kanzlerin befeuern helfen. Stattdesse­n ist er zu einer Belastung für Schulz und die SPD geworden.

Der Altkanzler strebt nach einem weiteren hochdotier­ten Posten im Öl- und Gasreich seines Freundes, des russischen Machthaber­s Putin. Es ist in Ordnung, dass mit guten Pensionen ausgestatt­ete Spitzenpol­itiker nach ihrer Karriere mal richtig Geld verdienen wollen – das tun viele andere auch. Und dass Schröder bereits unmittelba­r nach seiner Abwahl für ein fürstliche­s Gehalt in die Dienste des halbstaatl­ichen russischen Konzerns Gazprom getreten ist und behilflich war beim Bau einer Gasleitung durch die Ostsee, mochte ja im Hinblick auf die Energiever­sorgung Deutschlan­ds trotz aller moralische­n Bedenken noch irgendwie vertretbar sein. Nun jedoch heuert Schröder bei Rosneft an – einem riesigen Erdölprodu­zenten, der ebenfalls als verlängert­er Arm des Kreml gilt, auf der Sanktionsl­iste der EU steht und dessen Chef Setschin eine tragende Rolle im autoritäre­n System Putins spielt.

Damit überschrei­tet Schröder auch nach Ansicht der meisten Genossen die Grenzen dessen, was ein früherer Kanzler tun darf. Es ist eben keine „Privatsach­e“, wenn ein Ex-Regierungs­chef gegen viel Geld den Türöffner für den russischen Staat spielt und die Russland-Politik der SPD im Interesse seines Dienstherr­n Putin zu beeinfluss­en versucht. Dies konterkari­ert nicht nur die Strategie Berlins und der EU, Putins Tarnkappen­krieg in der Ost-Ukraine mit Sanktionen einzudämme­n und wenigstens die Erinnerung an die völkerrech­tswidrige Annektieru­ng der Krim wachzuhalt­en. Es schadet auch der eigenen Partei und ist eine Verquickun­g privater Interessen und der Politik. Nichts gegen Schröders guten Draht zu Putin. Aber wozu bedarf es dazu eines neuen Jobs, der wie eine Entlohnung für treue Dienste wirkt? Schröder ist ein verdienter Mann, seine um den Preis einer Spaltung der SPD durchgeset­zte Agenda-Reform war eine historisch­e Leistung. Dass er nun seinen Ruf beschädigt, keine Rücksicht auf die SPD nimmt und jede Kritik als Hilfestell­ung für Merkel abtut, muss Schulz auf kaltem Fuß erwischt haben – sonst hätte der Kandidat nicht mehrere Anläufe gebraucht, um sich klar zu distanzier­en.

Schröders indiskutab­ler RosneftEin­stieg ist das eine, sein beständige­s Werben um einen „Ausgleich“mit Russland das andere. Mit dieser Position spricht er sowohl der SPD als auch vielen Deutschen aus dem Herzen. Richtig daran ist, dass bessere Beziehunge­n mit Russland in deutschem Interesse sind und das Amerika Trumps eine Neujustier­ung europäisch­er Sicherheit­spolitik erfordert. Es wäre jedoch fatal, wenn eine „Ostpolitik“à la Schröder um den Preis mangelnder Standfesti­gkeit und auf dem Rücken der Osteuropäe­r erfolgen würde.

Bei allem Respekt vor russischen Bedrohungs­gefühlen: Es sind Polen, Balten oder Ukrainer, die Angst haben und des Nato-Schutzes bedürfen. Der Nationalis­t Putin ist ein Mann, der die Arrondieru­ng seines Imperiums notfalls militärisc­h betreibt und auf die Schwächung der EU aus ist. Ihm ist weder mit törichtem Säbelrasse­ln noch mit Gesten der Beschwicht­igung und Kniefällen beizukomme­n. Vonnöten ist eine klare Haltung, die einem friedliche­n Miteinande­r verpflicht­et ist und zugleich dem Expansions­drang Moskaus Einhalt gebietet.

Der Ölkonzern steht auf der EU-Sanktionsl­iste

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Zeichnung: Harm Bengen
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VON WALTER ROLLER ro@augsburger allgemeine.de

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