Eine Hausbesetzerin regiert Barcelona Porträt
Ada Colau zeigt nach dem Terroranschlag Stärke. Die 43-Jährige war Heldin der „Empörten“– jetzt überzeugt sie als Bürgermeisterin einer weltoffenen Metropole
Die Terroristen wollten Angst verbreiten, Hass säen und Barcelona spalten, sagt Ada Colau. „Das wird ihnen nicht gelingen.“Die Bürgermeisterin Barcelonas sendet nach dem Terroranschlag vom 17. August eine klare Botschaft an die fanatischen Extremisten: „Wir werden unser friedliches Zusammenleben mit mehr Kraft als jemals zuvor verteidigen.“
Die katalanische Hauptstadt Barcelona mit 1,6 Millionen Einwohnern, einem großen muslimischen Bevölkerungsanteil und Millionen ausländischen Besuchern sei eine multikulturelle und tolerante Hochburg. „Wir sind“, sagt die 43-jährige Colau, „ein Ort des Friedens.“Und das werde auch so bleiben.
Eine Massendemonstration am kommenden Samstag soll diesen freiheitlichen Geist aller Welt beweisen. Es ist unschwer vorauszusagen, dass dann Hunderttausende durch Barcelona marschieren werden. Sie werden den in diesen Terrortagen in der Metropole geborenen Protestruf „Wir haben keine Angst“ertönen lassen. Freiheit, Gerechtigkeit, Toleranz – das sind die Werte, die Ada Colau schon immer verteidigte. Sie ist eine der Heldinnen der spanischen Empörten – jener großen Protestbewegung, die auf dem Höhepunkt der spanischen Wirtschaftskrise gegen Korruption, Geldverschwendung und politische Selbstherrlichkeit der spanischen Traditionsparteien entstand.
Früher demonstrierte die inzwischen 43-Jährige auf der Straße gegen soziale Ungerechtigkeiten. Rettete mit ihrer Selbsthilfe-Organisati on „Plattform der Hypotheken-Geschädigten“verarmte Krisenopfer. Sie war zeitweise Spaniens populärste Straßenaktivistin und Hausbesetzerin.
Heute regiert die Linksalternative als Bürgermeisterin in Barcelona, in der zweitgrößten Stadt Spaniens. Seit zwei Jahren arbeitet sie in diesem Amt daran, aus Barcelona eine bürgernahe, humane und weltoffene Metropole zu formen. Kaum im Amt, machte sie ernst mir ihrem Programm der Bürgernähe und amtlichen Bescheidenheit: Sie kürzte die Bezüge der Stadtverordneten und hohen Verwaltungsangestellten. Stutzte die Dienstwagenflotte zusammen und bewegt sich vorzugsweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln in ihrer Stadt, „um mit gutem Beispiel voranzugehen“. Zugleich erhöhte sie die Ausgaben für soziale Projekte, um den vielen Armen zu helfen, welche Spaniens tiefe Wirtschaftskrise in dieser Millionenstadt zurückließ.
Colaus Barcelona ist nicht irgendeine spanische Großstadt, sondern Hauptstadt der politisch rebellischen Region Katalonien, in der eine starke Unabhängigkeitsbewegung für einen eigenen katalanischen Staat trommelt, der aber weiterhin zur EU und zur Eurozone gehören soll. Ada Colau ist nicht für die Unabhängigkeit. Sie glaubt, dass sich dieser immer größere Konflikt zwischen Spanien und Katalonien nur mit einem Referendum lösen lässt. Aber mit einer politisch ausgehandelten und somit legalen Volksabstimmung. Ralph Schulze