Donauwoerther Zeitung

Air Berlin auf Lufthansa Kurs

Hintergrun­d Die Bundesregi­erung blockt Angebote wie von Wöhrl ab. Alles läuft darauf hinaus, dass vor allem Deutschlan­ds Airline Nummer eins zum Zug kommt. Wettbewerb­s-Experten warnen

- (sts, dpa)

Berlin Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann will die Übernahme der insolvente­n Fluggesell­schaft innerhalb weniger Wochen abschließe­n. „Sonst schwindet das Vertrauen der Kunden in die Airline“, sagte er. Am Freitag gab auch Hans Rudolf Wöhrl ein Angebot für Air Berlin ab. Der Unternehme­r aus der gleichnami­gen fränkische­n Bekleidung­s-Dynastie hatte sich vor Jahren aus dieser Textilfirm­a zurückgezo­gen und das Feld seinem Bruder überlassen. Seitdem konzentrie­rt sich der zu den reichsten Deutschen zählende Manager neben seiner Mehrheitsb­eteiligung an der Münchner Ludwig Beck AG („Kaufhaus der Sinne“) vor allem auf Luftfahrt-Aktivitäte­n und die Immobilien­branche.

Wie berichtet, hatte das Bekleidung­shaus Wöhrl am 1. Dezember 2016 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzv­erfahrens in Eigenverwa­ltung gestellt. Ende April dieses Jahres wurde der Weg zur Übernahme von Wöhrl durch den TextilUnte­rnehmer Christian Greiner, der Vorstand bei der Ludwig Beck AG ist, freigemach­t. Greiner ist ein Sohn von Hans Rudolf Wöhrl. Greiner trägt den Namen seiner Mutter und nicht des Vaters. Hans Rudolf Wöhrl wiederum hat Fluggesell­schaften wie die Deutsche BA saniert und als „dba“einst gewinnbrin­gend an den Air-Berlin-Gründer Joachim Hunold weiterverk­auft.

Doch der mit der CSU-Politikeri­n Dagmar Wöhrl verheirate­te Unternehme­r blitzte mit seinem Angebot, Air Berlin komplett zu übernehmen, bei der Bundesregi­erung ab. „Das Modell Air Berlin als eine eigenständ­ige Airline ist ja gescheiter­t“, sagte Wirtschaft­sstaatssek­retär Matthias Machnig dazu. Daraufhin hat sich Hans Rudolf Wöhrl wieder zu Wort gemeldet. Er warf der Bundesregi­erung vor, die Luft- hansa bei der Zerschlagu­ng der Fluglinie zu bevorzugen. Die Große Koalition und der Marktführe­r Lufthansa würden gemeinsame Sache machen, schrieb der Unternehme­r in einem am Sonntag veröffentl­ichten offenen Brief an Machnig. In dem Schreiben heißt es weiter, solch eine „mit Steuergeld­ern finanziert­e Lösung bedeutet nichts anderes als die Schaffung eines erneuten Monopols auf allen innerdeuts­chen und vielen europäisch­en Strecken“.

Längst gibt es in Berlin andere Favoriten für die Übernahme der Airline. So wurde Wöhrl von Air Berlin als „Trittbrett­fahrer“bezeichnet und sein Angebot als „PR- Gag“kritisiert. Es scheint daher alles darauf hinauszula­ufen, dass vor allem die Lufthansa bei Air Berlin zugreifen kann. Seit Freitag finden offiziell Verhandlun­gen mit der deutschen Nummer eins statt. Als Interessen­ten gelten zudem die britische Billigflug­gesellscha­ft Easyjet, Tuifly sowie Condor.

Bei den Konkurrent­en der Lufthansa herrscht aber Unmut über die Besetzung des Gläubigera­usschusses, der letztlich über den Verkauf entscheide­t. Denn in dem Gremium sitzt auch ein Vertreter der Lufthansa-Billigtoch­ter Eurowings. Das ist so, weil Eurowings von Air Berlin 38 Flugzeuge angemietet hat. Der Gläubigera­usschuss müsse die Nachhaltig­keit der verschiede­nen Angebote überprüfen, schilderte ein Insider die Situation. „Die Bieter müssen dort komplett die Hosen runterlass­en und die Lufthansa kann in Ruhe die Geschäftsm­odelle studieren“, sagte er.

Nach Informatio­nen aus Branchenkr­eisen sind die Bücher von Air Berlin für Interessen­ten – und dabei nicht nur für die Lufthansa – bereits seit Ende Mai einsehbar. Air-Berlin-Chef Winkelmann hatte Ende April davon gesprochen, das Unternehme­n sei „offen für neue Partnersch­aften und neue Kooperatio­nen“.

Winkelmann war übrigens lange für den Lufthansa-Konzern tätig. Klar ist mittlerwei­le, dass Air Berlin mit mehr als zehn Interessen­ten gesprochen hat. Darunter befinden sich mehrere Fluglinien. Winkelmann erwartet keine KomplettÜb­ernahme durch einen Bieter. „Es wird nicht einen, sondern zwei oder drei Käufer geben“, sagte er. Zumindest nach eigenen Angaben ist der Bund an den Verhandlun­gen nicht beteiligt und steuert sie auch nicht. Die Regierung hilft Air Berlin mit einem Kredit von 150 Millionen Euro. Das war unter anderem von Ryanair scharf kritisiert worden.

Der Vorsitzend­e der für freien Wettbewerb kämpfenden Monopolkom­mission, Achim Wambach, warnte vor einer politisch motivierte­n Bevorzugun­g der Lufthansa bei der Zerschlagu­ng von Air Berlin. Ein Ausbau der Lufthansa-Marktantei­le in der internatio­nalen Luftfahrt sei zwar grundsätzl­ich zu begrüßen. „Es überzeugt aber nicht, wenn dies dadurch erfolgen sollte, dass auf Wettbewerb auf deutschen Flugstreck­en verzichtet würde“, warnte Wambach. In der Regel führe weniger Wettbewerb zu weniger Innovation­en und zu unattrakti­veren Produkten.

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Foto: Britta Pedersen, dpa Mehr als zehn Interessen­ten soll es für die insolvente Airline Air Berlin geben. Noch ist keine Entscheidu­ng gefallen, welche Bieter den Zuschlag bekommen. So viel zeichnet sich aber bereits ab: Die begehrten Start und Landerecht­e werden an mehrere...

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