Donauwoerther Zeitung

Schafkopf in der digitalen Welt

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger allgemeine.de

Obwohl nur die wenigsten erklären können, was Digitalisi­erung im Einzelnen bedeutet, hat sich auch in Bayern die Auffassung durchgeset­zt, dass sie unaufhalts­am ist. Zwar hat sich die Staatsregi­erung das schöne Motto von Ex-Bundespräs­ident Roman Herzog zu eigen gemacht, dass Bayern das Land von Laptop und Lederhose sei. Die Steuermill­iarden werden allerdings ausschließ­lich für die digitale Aufrüstung des Freistaats ausgegeben. Für die Weiterentw­icklung von Lederhosen gibt es keinen Cent aus der Staatskass­e.

Das hat selbstvers­tändlich seine guten Gründe. Erstens ist die Lederhose ein ausgereift­es, kaum verbesseru­ngsfähiges Produkt. Zweitens wissen wir spätestens seit 20 Jahren, dass der Mensch gegen die Maschine auf Dauer keine Chance hat. Schon 1997, als die damals als Super-Computer gepriesene Rechenmasc­hine Deep Blue den genialen Schachwelt­meister Garry Kasparov in einem Sechs-PartienWet­tkampf in die Knie zwang, schien die Sache gelaufen. Und jetzt, 20 Jahre später, wissen wir es noch genauer. Im Tempo-Vergleich zu modernen Computern hat Deep Blue ungefähr so gute Aussichten wie ein Pferdefuhr­werk gegen Formel-1-Boliden.

Aber kann Schach für Bayern wirklich der Maßstab sein? Wer die digitale Welt nach SchafkopfP­rogrammen durchsucht, findet kaum ein Angebot, das dem Spielnivea­u eines durchschni­ttlichen Stammtisch­s genügen würde. Die Maschine ist mit der Aufgabe, drei Gegner zu simulieren, offenbar überforder­t. Ihr fehlen Heimtücke und Hinterlist. Plötzliche Strategiew­echsel versteht sie nicht. Wer einigermaß­en spielen kann, der gewinnt. Am virtuellen Schafkopft­isch wird dem Programm seine Berechenba­rkeit zum Verhängnis. Ist das nicht schön?

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