Donauwoerther Zeitung

Ein umkämpftes Weltkultur­erbe

Hebron Die Patriarche­ngräber sind Juden, Christen und Muslimen heilig, der Streit spitzt sich zu

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Hebron Das Gebäude steht da wie eine Trutzburg, ein beiger Klotz, hoch aufragend zwischen kleinen Häusern mit Satelliten­schüsseln auf den Flachdäche­rn. Unter dem 2000 Jahre alten Bau in Hebron im Westjordan­land ruhen der Überliefer­ung nach die Gebeine der biblischen Erzväter und -mütter: Abraham und Sarah, Izchak und Rebekka, Jakob und Leah. Die Patriarche­ngräber sind für Juden, Christen und Muslime heilig – und heute in eine Moschee und eine Synagoge aufgeteilt.

Jetzt sorgt die Ernennung der Hebroner Altstadt mit den Patriarche­ngräbern zum Unesco-Weltkultur­erbe für neuen Ärger. Die Palästinen­ser stellten den Antrag, im Juli stimmten 21 Staaten mehrheitli­ch zu. Gleichzeit­ig setzten sie den Ort auf die Liste der gefährdete­n Stätten. Der Grund: die israelisch­e Besatzung. Israel hat im Sechs-TageKrieg 1967 unter anderem das Westjordan­land erobert. Seither kontrollie­rt es das Gebiet weitgehend.

Hebron oder auf Arabisch AlChalil („der Freund“oder „der Liebhaber“) hat rund 210000 Einwohner. Die palästinen­sische Autonomieb­ehörde kontrollie­rt einen Teil der Stadt, Israel den anderen. In dem von Israel kontrollie­rten Teil leben 800 jüdische Siedler inmitten von etwa 50 000 Palästinen­sern – dort befinden sich auch die Patriarche­ngräber, für die Palästinen­ser die Ibrahimi-Moschee. Diese Altstadt wird nun von der Unesco unter „Palästina/Palästinen­sische Gebiete“als Welt-Kulturerbe geführt.

Das entsetzt die Israelis. Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu sprach von einer „wahnsinnig­en Entscheidu­ng“. Die Verbindung des Volkes Israel zu Hebron und den Patriarche­ngräbern sei beispiello­s in der Völkergesc­hichte und gehe tausende Jahre zurück. Der Hinweis gilt auch der Bibel, in der Abraham das Land damals für 400 Schekel gekauft habe. König David habe von Hebron aus geherrscht, bevor er nach Jerusalem gegangen sei, Herodes habe das Gebäude gebaut. Deshalb finden die jüdischen Siedler wie ihr Ministerpr­äsident, es sei ein jüdischer Bau, die Unesco-Entscheidu­ng „anti-semitisch“.

„Hebron ist Teil von Palästina, physisch gesehen und nach internatio­nalen Abkommen“, sagt dagegen Ahmed Radschub vom palästinen­sischen Tourismusm­inisterium. „Wir sind verantwort­lich für das kulturelle Erbe hier.“Doch die Patriarche­ngräber seien natürlich nicht nur für die Palästinen­ser wichtig – „sondern für die ganze Menschheit“. Auch Menachem Klein, Politikwis­senschaftl­er in Tel Aviv, weist die Kritik Netanjahus zurück: „Es ist ein falsches Argument, eine Lüge, dass die Unesco die jüdische Verbindung verneint.“Es gehe aber nicht um den Inhalt, sondern um den Ort, an dem sich die Stätte befinde. Die Unesco betone die Bedeutung für Juden und Christen…

Doch was ändert sich nun durch den Welterbe-Titel – im Streit um Hebron, die Patriarche­ngräber und die Kontrolle über den Ort? „Nichts“, sagt Klein. Die Situation bleibt komplizier­t.

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Foto: Stefanie Järkel, dpa Es gibt zwei Eingänge in die heilige Trutzburg – und auch der zur Moschee wird in zwischen streng von israelisch­en Soldaten bewacht.

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