Zweifel an der Glaubwürdigkeit zweier Zeugen
Ein Mann steht vor Gericht, weil er mit einem Auto über den Fuß eines 18-Jährigen gefahren sein soll
Landkreis Es gibt zuweilen Fälle vor dem Nördlinger Amtsgericht, bei denen sich die Rollen der Akteure verschieben. So konzentrierte sich Richterin Andrea Eisenbarth bei einer Verhandlung wegen Fahrerflucht mehr auf die Glaubwürdigkeit einiger junger Zeugen, als auf die des Angeklagten, der eher Licht in die Sache brachte.
Der Fall: Im März dieses Jahres soll der Angeklagte einem 18-Jährigen in einer Ortschaft im nördlichen Landkreis mit dem Auto über den Fuß gefahren sein, nachdem der junge Mann aus dessen Wagen gestiegen war. Der Täter war daraufhin geflüchtet, doch das Opfer hatte das Kennzeichen erkannt und bei der Polizei angegeben, als er nach einer Behandlung im Krankenhaus Anzeige erstattete. Dafür, wie der Name des Angeklagten ins Spiel kam, lieferten die Zeugen mehrere Erklärungen: Der 18-Jährige betonte immer wieder, er habe bei der Polizei das Kennzeichen des Autos angegeben, worauf eine Polizistin den Namen des Angeklagten als Halter nannte, obwohl das fragliche Fahrzeug auf dessen Vater zugelassen war.
Der 18-Jährige habe danach revidieren wollen, dass er den Mann am Steuer habe identifiziert können, aber die Polizistin, die seine Aussage aufgenommen hatte, sei angeblich eineinhalb Monate lang nicht zu erreichen gewesen, obwohl er bei der Inspektion täglich angerufen habe. Als er sie schließlich sprechen konnte, sei es zu spät und das Verfahren bereits im Laufen gewesen.
Ein 20-jähriger Zeuge berief sich vor Gericht ebenfalls auf die Polizistin, obwohl er bei den Beamten ausdrücklich zu Protokoll gegeben hatte, dass er den Fahrer „direkt“erkannt hatte, da er aus demselben Dorf stammt wie er selbst. Vor Gericht sagte der 20-Jährige nun allerdings, er habe den Angeklagten nicht erkannt, sondern sich darauf verlassen, dass die Polizistin „schon den richtigen Namen herausgesucht“habe. Richterin Eisenbarth hielt dem
Zeugen vor, dass er noch bei einer Nachvernehmung im Juli bei den Gesetzeshütern mit keinem
Wort widerrufen hatte, den Täter direkt erkannt zu haben. „Es ist kein Spaß für den Mann, wegen ihrer Aussage hier auf der Anklagebank zu sitzen“, so Andrea Eisenbarth. Und weiter: „So etwas gilt als falsche Verdächtigung.“
Der 20-Jährige ist ihr nicht unbekannt – schon ungewöhnlich oft trat er vor Gericht als Zeuge bei Ordnungswidrigkeiten auf. Der nächste Termin steht schon wieder an. Die besagte Polizistin geriet erst vor Gericht in den Fokus, weshalb sie von der Richterin nicht selbst als Zeugin geladen worden war – bis zur Verhandlung hatten die Akten klar belegt, dass der Fahrer des Wagens von den Männern identifiziert worden war. Ins Wanken gekommen war der 20-jährige Zeuge, als ihn
Ob dem Zeugen ein Verfahren droht, ist derzeit noch offen
der Angeklagte aufgesucht hatte, um ihm zu versichern, dass er nicht am Steuer gesessen hatte. Da habe auch der junge Mann erkannt, dass der Fahrer wohl älter gewesen sei.
Vor diesem Hintergrund kam das Verfahren schnell zum Ende: Richterin Eisenbarth folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und sprach den Angeklagten frei. Inwieweit dessen Vater als Fahrzeughalter nun ein Verfahren drohe, sei im Moment noch offen. Dasselbe gelte für den 20-jährigen Zeugen.