Donauwoerther Zeitung

„Die Unvernunft ist noch schlimmer“

Im Bereich Möttingen wird derzeit auf der Bundesstra­ße 25 der Asphalt erneuert. Die Maßnahme dauert noch bis Oktober. Wie Anwohner und Geschäftsl­eute die Baustelle erleben

- VON RONALD HUMMEL

Möttingen Pech gehabt: Da hat man zur Anfahrt für einen Baustellen­Artikel den Weg über Balgheim gewählt, aber es steht ein Laster im Weg. Hinter dem wendet gerade ein Firmenfahr­zeug, während andere Fahrzeuge von hinten nachdränge­n. Nein, das ist kein Pech, meint eine Anwohnerin der Straße „Im Mitteldorf“, wendende Lkw und Autos gehören derzeit zum Alltag: „Es ist eine Katastroph­e.“Auch an der Hauptstraß­e selbst lautet der Tenor: Die Baustelle muss eben sein, aber die Unvernunft der verbotswid­rig durchrasen­den Auto- und LkwFahrer ist die wahre Plage. „Etwa 1000 Autos pro Tag fahren durch, wenn es geht“, sagt der Wirt des Gasthauses Zur Hall. Mit „wenn es geht“will er sagen, dass Autofahrer, die etliche Kilometer zuvor schon an drei Verbotssch­ildern vorbei fuhren, mitten in die Baustelle hinein- fahren und sich durchschlä­ngeln, wo sie eine Lücke zwischen den Baufahrzeu­gen finden. Einer ruinierte seinen Lack, als er über die Leimschich­t bretterte, die später zwei Teerlagen verbinden sollte. An anderen Tagen lagen tagelang Staubwolke­n in der Luft. Immer wieder steigen Fahrer aus und räumen Absperrung­en einfach zur Seite.

Das Gasthaus Zur Hall kommt wirtschaft­lich noch glimpflich davon, hier verkehren viele Einheimisc­he, die ihren Weg schon finden; beim Gespräch mit unserer Zeitung lassen sich gerade Mitarbeite­r eines benachbart­en Großbetrie­bes ihr Abo-Essen schmecken. Schwerer hat es da schon die Pächterin des Imbisses Max und Moritz, Angela Kroter: „Der allergrößt­e Teil meiner Kunden sind Lkw-Fahrer, die komplett wegfallen.“60 Prozent des Umsatzes gehen dadurch flöten. Zwar seien die Bauarbeite­n in über- schaubarer Zeit bis etwa Anfang Oktober beendet – „aber es dauert danach noch ein paar Monate, bis die Kundschaft, die verlaufen ist, wieder zurückkomm­t und alles wieder den normalen Gang geht“, weiß sie aus der Erfahrung mit früheren Sperren.

Die HEM-Tankstelle in der Ortsmitte ist gerade im Belagerung­szustand durch riesige Teermaschi­nen, Walzen und Lkw. Doch Pächter Peter Paraliov zeigt Durchhalte­vermögen: „Ich überlebe es, weil ich noch andere Tankstelle­n habe, sonst sähe es schlecht aus.“Gut die Hälfte des Umsatzes gehe derzeit verloren, doch die beträchtli­chen Grundkoste­n wie Pacht und Löhne für Angestellt­e laufen weiter; zum Teil stehe sogar noch mehr Arbeit an, weil alle paar Tage der Baustellen­schmutz weggeputzt werden muss. Das an die Tankstelle angeschlos­sene Lebensmitt­elgeschäft hält sich halbwegs über Wasser, ein Mann kauft gerade einen Kasten Bier und Zigaretten. Im Nahkauf-Supermarkt spürt man laut Ute Wurm, einer der Marktleite­rinnen, zwar das Fehlen von Laufkundsc­haft, aber in der Ferienzeit sei ohnehin weniger los. Ein Großteil der Kunden komme direkt aus dem Ort – um die bemühe man sich, indem man die aktuellen, immer wieder wechselnde­n Wege zum Markt ausschilde­re. Auch im NettoDisco­unter auf der anderen Straßensei­te sieht Marktleite­r Erich Künzler die Lage einigermaß­en gelassen: Es fehlen zwar 15000 Euro Umsatz pro Woche, aber er hätte mit noch mehr Ausfällen gerechnet. Viele, die einfach durchfahre­n oder vom „Navi“nicht umgeleitet werden, landen in seinem Markt. Des einen Freud, des andern Leid.

Die Hälfte des Umsatzes verloren

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Foto: Hummel Gasthaus, Tankstelle sowie andere Geschäfte und Gewerbe in Möttingen sind zuweilen im Belagerung­szustand, aber ein bisschen was geht immer.

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